
Der Dienstag begann für Luise und Laria mit einer weißen Überraschung. Wie Puderzucker hatte sich der Schnee auf die Straßen von Wolfartsweier gelegt. Doch nach einem prüfenden Blick in den Himmel schwangen sich die beiden Sechstklässlerinnen auf ihre Fahrräder und radelten durch den Oberwald in die Schule nach Rüppurr.
Viel Schnee sei auf den Waldwegen nicht gelegen, wussten sie später zu berichten, aber an manchen Stellen seien sie auf dem matschigen Untergrund doch ins Schlingern geraten.
Radwege im Oberwald werden bei Schneefall nicht geräumt
Sollte in diesem Winter einmal mehr Schnee fallen, müssen die Schülerinnen allerdings nach Alternativen Ausschau halten. Die Radwege im Oberwald werden im Winter nämlich nicht geräumt. Und auch sonst sind die Bergdörfer bei starkem Schneefall für Radler ebenso wie einige Wohngebiete in Rüppurr, Durlach oder der Nordweststadt von der Innenstadt praktisch abgeschnitten.
Der Räumdienst der Radwege ist in Karlsruhe alles andere als koordiniert.Ulrich Eilmann, Vorstand des ADFC-Kreisverbands Karlsruhe
Im Ortschaftsrat Wolfartsweier ist das Problem bekannt und deshalb wurde dort auch in Namen der anderen Bergdörfer bereits im September ein Antrag für eine Erweiterung des Räumdienstes gestellt.
„Normalerweise erhalten wir auf solche Anträge immer recht schnell eine Antwort von den zuständigen Ämtern“, so Ortsvorsteher Anton Huber. „Aber dieses Mal haben wir noch nichts gehört.“
Räumdienst auf Radwegen wird frühestens im Winter 21/22 erweitert
In diese Winter wird sich sicher nichts ändern, teilt die Stadt auf eine Anfrage der BNN mit. Der Radverkehr und die möglichen Auswirkungen auf den Winterdienst würden vom Stadtplanungsamt und den Radfahrverbänden zwar regelmäßig evaluiert. Aber wegen der Corona-Pandemie sei es zu Verzögerungen gekommen und deshalb lägen frühestens im Frühjahr neue Erkenntnisse vor. Ab dem nächsten Winter sollen zumindest die städtischen Strecken des Radnetzes Baden-Württemberg geräumt werden. Das wird seit Jahren auch von den Verkehrsplanern der Landesregierung gefordert.
Das Karlsruher Winter-Radwegenetz wurde in den vergangenen Jahren regelmäßig erweitert und hat derzeit eine Länge von 230 Kilometern. Für den Winterdienst auf Verkehrswegen ist in Karlsruhe das Amt für Abfallwirtschaft (AfA) zuständig. Das Räumen und Bestreuen der Radwege übernimmt aber eine vom AfA beauftragte Fachfirma.

Diese beginnt bei stärkerem Schneefall um 3 Uhr mit dem Freimachen der Radwege für den muskelbetriebenen Zweiradverkehr. In den vergangenen Jahren gab es aber immer wieder Kritik an diesem Räumdienst. Manche Wege des Winter-Netzes wurden erst einige Tage nach dem Schneefall von der weißen Pracht und Eis befreit. Beim Fahrradklima-Index der Radfahrerinteressenvertretung ADFC erhielt das Winter-Radwegenetz nur eine unterdurchschnittliche Bewertung.
ADFC beklagt fehlendes Konzept und falsche Prioritäten
„Der Räumdienst der Radwege ist in Karlsruhe alles andere als koordiniert“, kritisiert Ulrich Eilmann vom Vorstand des ADFC-Kreisverbands Karlsruhe das städtische Winterdienstkonzept. Die Kriterien, nach denen Radwege im Stadtgebiet geräumt werden, könnten selbst Experten nicht nachvollziehen.
„Bislang sind die Räumfahrzeuge fast nur auf innerstädtischen Radwegen unterwegs“, begründet Eilmann seine Kritik. Ein weiterer Ausbau des Winter-Radwegenetzes werde zwar immer wieder angekündigt. In den vergangenen Jahren seien aber noch keine Taten gefolgt.
Ohne einen funktionierenden Winterdienst werde das Streben nach Verbesserungen bei der Fahrrad-Infrastruktur aber ad absurdum geführt, argumentiert Eilmann. In Karlsruhe nutzten schließlich immer mehr Jugendliche und Pendler das Rad auch im Winter für die tägliche Fahrt zur Schule und Arbeit und diese nachhaltigen Verkehrsteilnehmer würden bei Schneefall regelmäßig ausgebremst.
Nach Eilmanns Einschätzung müssten die Prioritäten beim Winterdienst ohnehin komplett anders gesetzt werden. „Bislang hat die Räumung der Autostraßen absoluten Vorrang“, sagt der ADFC-Funktionär. „Aber eigentlich müsste es genau andersrum sein.“ Mit vier Rädern komme man schließlich ganz gut über eine Schneedecke. Für Fußgänger und Radfahrer stellten vereiste und matschige Abschnitte Fuß- und Radwegen aber ein hohes Unfallrisiko dar.