300 Kilometer auf dem Fahrrad in sechs Tagen, das ist locker für den ehemaligen Pfarrer Wolfram Engler aus der Heidenstückersiedlung. Der evangelische Geistliche im Ruhestand legt öfter mal 2.000 Kilometer im Jahr per Fahrrad zurück. Diese Tour aber war eher eine Herzensangelegenheit: ein Pilgerprojekt.
„Ökumene am und im Fluss“ nennt sich, was Radpilger aus allen vier Himmelsrichtungen zur Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) brachte. Sie folgten Wupper, Ruhr, Sieg und Rhein und erreichten so das christliche Großereignis in Karlsruhe.
Damit legt die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) Spuren. Denn einige Pilgergruppen haben ein größeres oder kleineres Stück Strecke sorgfältig dokumentiert. Auch Engler ist stolz auf seine Datensammlung: „Planung und Aufzeichnung inklusive Abweichungen, alles da.“
Daten ebnen innere und äußere Reisewege
Das ist ziemlich wertvoll. Denn der 75-jährige Geistliche aus Grünwinkel gibt seine Daten weiter. Das ebnet Nachahmern innere und äußere Reisewege durch Deutschland. Englers Radrouten sehen auf einer Deutschlandkarte „wie ein Autobahnnetz“ aus. Bald will er sie veröffentlichen, Anfragen hat er schon.
Neue Perspektiven öffnen sich Radreisenden, die von Karlsruhe aus den Pilgerradrouten in umgekehrter Richtung folgen. Damit kommen sie weit. In nördlicher Richtung nach Kassel, in nordöstlicher Richtung bis Merseburg nahe Karlsruhes Partnerstadt Halle an der Saale. Richtung Nordwesten geht es bis Wesel und Emmerich am Niederrhein.
Bestens ist auch der Westen jenseits des Rheins auf Pilgers Pfaden zu erradeln. Die Gruppe, die Engler auf dem letzten Stück durch seine Heimatstadt ans Ziel leitet, ist in Trier gestartet. Vorderweidenthal und Dahn in der Pfalz sind die letzten Zwischenziele vor Wörth. Der Lotse genießt das Radpilgern: „Ich bin gern bereit, das nächstes Jahr nochmal zu machen.“
Auf die andere Rheinseite führt der ortskundige Pfarrer Radler bewusst südlich der großen Karlsruher Industrieanlagen. „Wegen der Schönheit der Strecke bringe ich die Menschen zur Rheinfähre Neuburgweier und dann durch Rappenwört ans Ziel.“
Pilger transportieren Stab in Kupferkapsel
Auf diesem Wegstück transportiert die Gruppe einen Pilgerstab in einer Kupferkapsel, in der auch Liedtexte, kurze Andachten und gute Wünsche lokaler Ökumene-Gruppen von Etappe zu Etappe weitergegeben werden. Dirk Johnen fotografiert, wie die Radpilger die Kostbarkeit am Fähranleger ans östliche Rheinufer bringen.
Ein Pilgerweg ist ein spannender Prozess, in dem etwas entsteht.Dirk Johnen, Radpilger aus Westfalen
Johnen ist Radpilger aus Westfalen. Für das letzte Wegstück, das Einzige im Regen, leiht ihm der frühere Karlsruher ADFC-Vorsitzende Ulrich Eilmann ein Fahrrad. „Viele lokale und regionale Pilgergruppen haben Tourenabschnitte zusammen mit ADFC-Aktiven entwickelt“, berichtet der Journalist, der für das Amt für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung (Möwe) der evangelischen Kirche in Westfalen arbeitet.
Teampartner aus Karlsruhe und Westfalen
Von Witten an der Ruhr zum Rhein zu radeln und immer weiter stromaufwärts, das erlebt Johnen als einzigartig. „Ein Pilgerweg“, sagt er, „ist ein Prozess, in dem Spannendes entsteht.“
Für seine Gruppe geschieht das auf dem Ruhrtalradweg zwischen Essen und Duisburg, am Rheinufer bis Düsseldorf, von dort bis Köln und von Koblenz bis Boppard auch auf dem Schiff.
Fast ein Jahr Arbeit haben die Beteiligten in die Radpilgerrouten am Rhein und seinen Nebenflüssen gesteckt. Das soll nicht versanden, haben Johnen und Engler beim Weltkirchentreffen in Karlsruhe beschlossen.
Informationen für Interessierte
Über die Radrouten des Pilgerprojekts „Ökumene am und im Fluss“ informiert Dirk Johnen per Mail unter dirk.johnen@moewe-westfalen.de.
Seine Streckendaten zu Radtouren für Pilger ab Karlsruhe übermittelt Pfarrer Wolfram Engler per Mail unter Wolfram.Engler@t-online.de.