Kleingartenvereine hatten jahrelang ein schlechtes Image, galten als piefig und provinziell. Doch nicht erst seit Beginn der Corona-Krise hat sich die Nachfrage nach Kleingarten-Parzellen in Karlsruhe vervielfacht. Vor allem junge Familien mit Kindern zieht es ins Grüne. Wartezeiten von mehreren Jahren sind aber aufgrund der hohen Nachfrage keine Seltenheit.
„Wir hatten einfach Glück“, erzählt Anika Reisenhofer. Sie und ihr Partner Bernd Pollex haben seit vier Jahren eine Parzelle in der Kleingartenanlage Elfmorgenbruch. Bei einem Spaziergang seien sie zufällig auf die Gärten aufmerksam geworden, hätten angefragt und seien schließlich erfolgreich gewesen. „Was man zwischenzeitlich bekommt, ist echt heftig“, findet Anika Reisenhofer. Sie habe schon von Ablösesummen in Höhe von 8.000 Euro für einen Bretterverschlag gehört.
„Das ist unsere kleine Oase“, schätzt die Kleingärtnerin sich glücklich. Während der Corona-Krise habe man einen Ausgleich zum Homeoffice, davor hätten sie und ihr Partner gerne mit Freunden Grill- und Poolparties im Garten gefeiert.
Im Gewächshaus wachsen Melonen und Physalis
Die Parzelle nutzen Anika Reisenhofer und Bernd Pollex aber nicht nur zur Erholung, sondern pflanzen auch ihr eigenes Gemüse an: Salat, Kohlrabi, Lauch und Tomaten. Ein bisschen exotisch darf es auch im Gewächshaus mit Melonen und Physalis sein. „Wir sind immer total happy, wenn es klappt“, erzählt sie. Doch jetzt muss erst die Rumänische Feige in Form gebracht werden. „Dafür ist es eigentlich schon zu spät“, erklärt Pollex. Das Wolfsmilchgewächs müsse mit dem letzten Frost geschnitten werden.
Kleingärten leben von einem einheitlichen Gesamtbild. So sollten die Fläche von Haus und Terrasse auf einer Parzelle gleich groß sein. Vielfältig sind die Gärten trotzdem allemal. Die einen bevorzugen es etwas verwildert, die anderen setzen bei der Gestaltung die Wasserwaage an, einige mögen es pflegeleicht. Kommt man zur Parzelle 52 reist man sogar in die USA. Der „East Oregonian“ wird hier gelesen, steht auf der Zeitungsrolle.
Neben Rentier Rudolph, das corona-konform Maske trägt, steht eine kleine US-Flagge aus Holz. Bill Moore bessert gerade den Boden in seinem Garten mit Humus und Sand auf. Das Hochbeet, in dem Radieschen, Salat und Kohlrabi wachsen, ist auch schon aufgefüllt, erzählt er. „Wenn die Sonne scheint, bin ich jeden Tag hier“, sagt er. Ursprünglich kommt er aus dem US-Bundesstaat Oregon, kam durch das Militär nach Deutschland — und blieb, weil er hier seine Frau kennenlernte.
So unterschiedlich wie die Gärten sind auch die Geschichten der Menschen, die sie pflegen. Ein paar Parzellen weiter hört man fröhliches Lachen. Irina und Sergej Stoll sind mit ihrer Tochter Katja und den zwei Enkeln unterwegs. „Mein Mann pflanzt alles“, erzählt Irina Stoll. Sie kümmere sich lieber um die Blumen und genieße die Sonne.
Seit zwölf Jahren besitzen sie ihren Kleingarten. Zu Beginn der Pandemie haben sie den Garten zu einem Spielplatz für die Enkel umfunktioniert, eine Schaukel und einen Sandkasten gebaut. Wichtig ist es ihr auch, dass die Kinder lernen, wie Gemüse wächst. „Wir pflanzen mit den Kindern, damit sie alles kennenlernen“, sagt sie.
Im März sollten keine Hecken mehr geschnitten werden
Mit der Heckenschere ist Karl Roggenhofer zugange. „Im März sollte man das aus Rücksicht auf die Vögel nicht mehr machen“, erklärt er. Seit wann er seine Parzelle hat, weiß er selbst nicht mehr genau, 35 bis 40 Jahre schätzt er. Erst spielten die eigenen Kinder darin, jetzt die Enkel und der Hund. „Wenn man nichts zu tun hat, schafft man sich einen Garten an“, sagt er und lacht. Es mache ihm aber Spaß. Gemüse pflanze er nicht an, für ihn sei es hauptsächlich ein Ort zum Erholen.