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Trendhobby Handarbeit

Selbstgenäht statt neu gekauft: Diese Kurse und Geschäfte gibt es in Karlsruhe

Was früher eher eine Aktivität für Großmütter war, liegt heute im Trend. Am Wochenende feiert die Handarbeitsmesse „Nadelwelt“ in Karlsruhe das Nähen als kreatives, nachhaltiges Hobby. Doch lohnt sich das Selbermachen?

Kokos-Knöpfchen: Auch bei Kurzwaren ist vielen Käufern Nachhaltigkeit wichtig.
Kokos-Knöpfchen: Auch bei Kurzwaren ist vielen Käufern Nachhaltigkeit wichtig. Foto: Lotta Stähr

Der Alptraum beginnt in der Hosenabteilung. Rein in die enge Kabine, rein in die enge Jeans. Man schält sich heraus, greift zum nächstgrößeren Modell. Nun sind die Beine zu lang. Der Hosenkauf zerrt am Nervenkostüm, also ab zur Kasse.

Die Chancen sind hoch, dass die schlecht sitzende Hose bald im Container landet. Dort hat sie viel Gesellschaft: Jeden Monat trennen sich laut städtischem Amt für Abfallwirtschaft (AfA) die Karlsruher von rund 100 Tonnen Alttextilien. Nicht alles, was dort landet, kann in zweite Hände gegeben oder wiederverwertet werden.

Wegwerfmode ist allgemein schlechter recycelbar, so das AfA. Das Bewusstsein, dass durch den eigenen Kleiderschrank die Müllberge wachsen, lässt viele selbst zu Nadel und Faden greifen.

Reparatur oft nachhaltigste und günstigste Methode

Nicht jeder ist erfahren an der Nähmaschine. Trotzdem möchte er seine Lieblingsstücke vor der Tonne retten. Dann hilft Julia Kiefer. Zu ihr in die Nähwerkstatt des Reparaturcafés kommen die Karlsruher nicht nur aus sentimentalen Gründen. Nachhaltigkeit und Rentabilität sind ebenso wichtig, berichtet die erfahrene Näherin. Bei der Reparatur ist Mitmachen gefragt.

Ihre Besucher stecken selbst ab und lassen unter ihrer Anleitung die Nähmaschine rattern. In letzter Zeit bemerkt Kiefer, dass heute kreativer repariert wird als früher. Stellen, die nicht unsichtbar zu vernähen sind, zieren nun bunte Flicken, Perlen und Pailletten. Die Kleidung in Schuss zu halten und gleichzeitig seiner Kreativität Ausdruck zu verleihen, das passe gut zum nachhaltigen Aspekt von Handarbeit, findet sie.

Nachhaltiger Stoff muss nicht teurer sein

Nachhaltig, das heißt häufig auch teuer. Gilt das auch für Stoffe? Ebenso wie bei Lebensmitteln stehen auch bei Textilien verschiedene Zertifikate für Nachhaltigkeit. Das weiße Shirt im grünen Kreis, der „Global Organic Textile Standard“ (GOTS), verspricht mindestens 70 Prozent Naturfasern, umwelt- und sozialverträglich erzeugt. Für hohen Standard muss man nicht unbedingt tiefer in die Tasche greifen: So sind im Nähzentrum Senci die GOTS-Baumwollstoffe preiswerter als die ohne Siegel.

Messe Karlsruhe Nadelwelt
Besucherinnen und Besucher der Handarbeitsschau Nadelwelt kamen am Wochenende in der Messe Karlsruhe voll und ganz auf ihre Kosten. Foto: Rake Hora

In Rüppurr bei Maja Stoffe + Ideen ist der Großteil des Sortiments zertifiziert und hält sich preislich die Waage mit anderen Stoffen. Selbst bei Kurzwaren schauen viele inzwischen genau hin: Knöpfe aus Kokosschalen, Metall und Holz sind gefragt.

Aus alten Handtüchern werden Kosmetikpads

Für viele Nähprojekte braucht es keinen Einkauf im Stoffladen: Die Materialien hängen bereits zuhause im Schrank. Kristin Pape von der Kreativwerkstatt Karlsruhe hat viele Ideen, um nicht nur nachhaltig, sondern auch für mehr Nachhaltigkeit im Alltag zu nähen: „Es gibt unzählige Upcycling-Projekte.“

Upcycling kommt aus dem Englischen und bezeichnet das Aufwerten von scheinbaren Abfällen. Aus ausrangierten Jeans werden Taschen und Beutel. In mit Bienenwachs beschichtete Stoffquadrate kann man plastikfrei das Pausenbrot wickeln. Doch beim Nähen entstehen viele Reste. Pape weiß selbst damit etwas anzufangen.

Alte Handtücher und Stoffreste sind schnell zu waschbaren Abschminkpads zusammengenäht. Auch Lavendelsäckchen für den Kleiderschrank lassen sich damit herstellen.

Einstieg an der Nähmaschine wagen

Nähen als Hobby, das klingt zunächst nach viel Lernarbeit. Aber auch Einsteigern gelingt leicht ein Kissen oder Einkaufsbeutel, sagt Jasmin Blum. Die Karlsruherin vertreibt unter ihrem Label „Jasmin’s Welt“ selbstgenähte Tücher, Taschen und Rucksäcke. Anfängern macht sie Mut: „Mit ein bisschen Übung schafft man bald auch ein Oberteil.“

Ambitionierte sollten jedoch einen Kurs besuchen. Neben Volkshochschule und Kulturzentren bietet auch die Kreativwerkstatt Ende Mai und Juni zwei Termine an. Das Handwerk will gelernt sein: Für die erste eigene Jeans muss man Maß nehmen, zuschneiden und säumen. Damit steigt aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass die fertige Hose nicht so schnell in der Tonne landet.

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