Polarlichter sind in Deutschland ein seltenes Himmelsschauspiel – im Süden umso mehr. Daher ist das Foto, das Alexander Seiffer dieser Redaktion geschickt hat, etwas Besonderes. Es zeigt die Polarlichter gegen 1 Uhr in der Nacht auf Montag im Karlsruher City-Park.
Vergangene Woche hatte eine Expertin noch gesagt, dass es eher unwahrscheinlich sei, dass die Nordlichter in Baden-Württemberg sichtbar werden.
Der Himmel in der Nacht auf Montag erstrahlte auch in anderen Teilen Deutschlands in Farben wie Grün, Lila, Gelb und Rot – etwa in Teilen Sachsen-Anhalts, Brandenburgs, Schleswig-Holsteins und Niedersachsens. Insbesondere im ländlichen Bereich ließen sich die Lichter gut sehen.
Bereits vor wenigen Tagen waren Polarlichter über Sachsen-Anhalt gesichtet worden. Das Lichtspiel am Himmel wird durch sogenannte energiereiche Sonnenwindpartikel ausgelöst, die durch Eruptionen auf der Sonnenoberfläche mit hohen Geschwindigkeiten ins Weltall geschleudert werden und auf das Erdmagnetfeld treffen.
Polarlichter bereits im April über Deutschland zu sehen
Bereits im April hatte es in Deutschland Sichtungen von Nordlichtern gegeben. Wie ein Sprecher des Instituts für Solar-Terrestrische Physik am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) damals mitteilte, sind die aktuell vermehrten Sichtungen nicht ganz ungewöhnlich.
Etwa alle elf Jahre, in einem sogenannten Sonnenzyklus, gebe es Phasen mit schwacher und mit starker Sonnenaktivität. Aktuell nähere man sich einem Maximum.
Das nächste Maximum werde im Jahr 2025 erwartet. Frühling und Herbst sind statistisch gesehen die besten Jahreszeiten, um in Deutschland Polarlichter zu entdecken.
Polarlichter entstehen durch magnetische Kurzschlüsse im Schweif des Erdmagnetfeldes
Der Grund für die jüngsten Sichtungen der sogenannten Aurora borealis sind Sonneneruptionen, bei denen es zu einem sogenannten koronalen Massenauswurf Richtung Erde kommt, der aus Elektronen, Protonen und Atomkernen besteht.
Weil Bestandteile des Plasmas elektrisch geladen sind, wechselwirken sie mit dem Erdmagnetfeld und stauchen es quasi zusammen. Durch magnetische Kurzschlüsse im Schweif des Erdmagnetfeldes werden Teilchenströme in die Polarregionen erzeugt, die die Luftteilchen zum Leuchten anregen, was als Polarlicht sichtbar wird.
So schön die Auswirkungen der Sonnenstürme auf unserem Planeten anzusehen sind, so katastrophal können sie für die technische Infrastruktur der Menschheit sein, die sich in vielerlei Hinsicht auf die reibungslose Arbeit von Satelliten verlassen muss. Wie extrem solche Ereignisse auf dem erdnächsten Stern werden können, hat die Welt zuletzt am 1. September 1859 erlebt, als die Telegrafenleitungen Funken schlugen und die Kompassnadeln zuckten.
Ein magnetischer Sturm, der Geschichte schrieb
Der magnetische Megasturm soll damals so heftig gewesen sein, dass man selbst in Zentralamerika während der hellen nächtlichen Polarlichter die Zeitung lesen konnte. Nach aktueller Einschätzung könnte ein Sturm wie 1859 die nationalen Stromnetze von Ländern beschädigen und wohl auch die meisten der etwa 5.000 Satelliten im Erdorbit unbrauchbar machen.
Zum Glück sind solche „koronalen Massenauswürfe“ (CME) sehr selten, zumindest werden sie in diesem Jahrzehnt nicht erwartet. „Wahrscheinlich wird es wieder passieren, wir können aber nicht vorhersagen, wann genau“, sagte unserer Zeitung die Karlsruher Wissenschaftlerin Miriam Sinnhuber, die sich am KIT mit der Wirkung von Magnetfeld-Störungen auf die Atmosphäre beschäftigt.
Darum können Himmelsbeobachter ganz entspannt die Polarlichter bewundern, wenn diese auftreten. Dass sich der Nachthimmel über Karlsruhe in den nächsten Tagen noch einmal bunt färbt, ist allerdings sehr unwahrscheinlich. Das Internet-Portal Aurora Forecast schätzt aktuell die Polarlichter-Wahrscheinlichkeit auf 40 Prozent – in nördlichen Breiten, wohlgemerkt.