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Gruppe für Kinder

Nangi und Lima stehen Karlsruher Kindern bei häuslicher Gewalt bei

Der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) blickt auf 20 Jahre Kindergruppe Nangilima zurück. Als erstes in Deutschland erfolgreich durchgeführtes Gruppenangebot für Kinder, die von häuslicher Gewalt betroffen waren, war Nangilima ein bundesweites Vorreiterprojekt.

Zwei Frauen, Puppen
Puppenspiel: Luitgard Gauly und Stephanie Schenk zeigen, wie Kinder mit den beiden Figuren das Erlebte schildern und verarbeiten können. Es ist ein Ansatz zur Therapie, den es in der Kindergruppe gibt Foto: Jörg Donecker

Wenn Eltern streiten und dieser Streit in Gewalt ausartet, leidet nicht nur der Elternteil, der Oper der Gewalt wird, sondern auch die Kinder, die diese Gewalt miterleben müssen. „Diese Kinder hatten wir lange Zeit nicht im Blick“, sagt Sozialpädagogin Luitgard Gauly, die den Bereich Beratung beim Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) leitet.

Im Jahr 2000 machte eine Fachtagung des Kinderbüros deutlich, dass auch diese Kinder Hilfe brauchen. Bei einem Arbeitskreis, bestehend aus städtischen und freien Trägern, wurde das Konzept für ein solches Hilfsangebot entwickelt, und der SkF übernahm die Trägerschaft für die vor 20 Jahren ins Leben gerufene Kindergruppe „Nangilima“.

Der Name steht für „eine heitere Zeit voller Freude und Spiel“, wie es in Astrid Lindgrens Buch „Die Brüder Löwenherz“ heißt.

Nangilima war das erste Angebot dieser Art in ganz Deutschland.
Luitgard Gauly, Sozialpädagogin

„Nangilima war das erste Angebot dieser Art in ganz Deutschland“, erklärt Gauly, die die Kindergruppe leitet, zusammen mit der Erziehungswissenschaftlerin Stephanie Schenk. Seit rund zehn Jahren bietet der „Verein zum Schutz misshandelter Frauen und deren Kinder“ eine Einzelberatung für betroffene Kinder an. „Eine gute Ergänzung zu unserem Gruppenangebot“, findet Gauly.

„Wenn Kinder miterleben müssen, dass einem geliebten Menschen von einem anderen geliebten Menschen Gewalt angetan wird, dann macht das was mit den Kindern“, weiß Gauly. „Manche Kinder sind sogar selbst von Gewalt betroffen“, ergänzt Schenk.

Kinder, die dies erleben, reagieren unterschiedlich: Manche fangen wieder an, ins Bett zu machen, mache schlafen schlecht, manche können sich in der Schule nicht mehr konzentrieren und manche werden selbst aggressiv. Wenn Eltern, Lehrer oder auch Mitarbeiter vom Jugendamt solche Veränderungen feststellen, und es einen Zusammenhang mit erlebter Gewalt gibt, wird ein Kontakt zu Nangilima hergestellt.

Angebot für Kinder im Grundschulalter

„Unser Angebot richtet sich an Kinder im Grundschulalter und an Kinder, die nicht mehr in einer Atmosphäre von Gewalt leben“, so Gauly. Die Eltern sind also bereits geschieden oder die Mutter ist ins Frauenhaus umgezogen. In diesem Zusammenhang erwähnt Gauly, dass es in den 20 Jahren nur zwei Fälle gab, bei denen die Gewalt von Frauen ausgegangen ist.

Jede Gruppe ist für eineinhalb Jahre zusammen, die Treffen finden alle zwei Wochen statt. Vor Corona gab es acht Teilnehmer, nun wurde die Teilnehmerzahl auf sechs reduziert. „Aktuell läuft die 16. Gruppe“, sagt Gauly und fügt hinzu, dass damit insgesamt 109 Jungen und Mädchen das kostenlose Nangilima-Angebot durchlaufen haben.

„Wir tasten uns immer ganz behutsam an das schwierige Thema heran“, erklärt Schenk. Es gibt verschiedene Themenblöcke, um Gewalt geht es erst nach mehreren Wochen.

Das Thema „Gefühle“ spielt eine große Rolle. Dabei helfen die beiden Handpuppen „Nangi“ und „Lima“ den Kindern dabei, Gefühle wie Wut, Trauer oder aber auch Freude auszudrücken. „Wir ermutigen schließlich die Kinder, sich mitzuteilen, indem wir sie Bilder aus der schwierigen Zeit malen lassen“, sagt Gauly.

In der Gruppe erklären sie dann, was sie gemalt haben und wie sie sich in der jeweiligen Situation fühlten. Dabei wird deutlich, dass Kinder nicht nur verbale, sondern auch körperliche Gewalt miterleben mussten.

Kinder drücken durch Bilder Erlebtes aus

„Sie hörten Beschimpfungen, Beleidigungen und Bedrohungen, in Einzelfällen erlebten sie, wie die Mutter vergewaltigt wurde, wie sie geschlagen oder mit Waffen bedroht wurde“, zählt Gauly auf. Schenk erinnert sich an ein Bild, auf dem das Kind zu sehen war, wie es unter dem Bett liegt, während die Mutter vergewaltigt wird. „Im Gespräch mit der Mutter haben wir erfahren, dass dies tatsächlich so passiert ist“, sagt sie.

Nicht jedes Kind ist sofort in der Lage, das Geschehene in Wort zu fassen, und jedem Kind wird zugestanden, auch mal zu schweigen. „Auch wenn sie nicht reden, profitieren sie doch von der Gruppe, denn sie erfahren, dass sie nicht allein sind“, meint Schenk.

„Mit der Zeit werden die Kinder offener“, erklärt Gauly und erzählt die Geschichte eines Mädchens, das jedes Mal erstarrt ist, wenn das Wort „Vater“ fiel. „Nach einigen Monaten gab es solche körperlichen Reaktionen glücklicherweise nicht mehr“, so Gauly und Schenk stellt fest, dass man bei allen Kindern eine positive Entwicklung erkennen könne. „Es ist eine Arbeit, die sich wirklich lohnt.“

Ein Kontakt zur Kindergruppe „Nangilima“ kann über die Internetseite des SkF hergestellt werden: www.skf-karlsruhe.de

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