Durch die Corona-Pandemie sind viele Karlsruher Kultureinrichtungen in ihrer Existenz bedroht. Das Centre Culturel Franco-Allemand (CCFA) reiht sich nun in diese Liste ein: Ohne eine Erhöhung des städtischen Zuschusses im Haushalt 2021 sieht CCFA-Leiterin Marlène Rigler das Fortbestehen der deutsch-französischen Kultureinrichtung gefährdet.
Etwa 90.000 Euro zusätzlich bräuchte das Centre, um weiterzubestehen – so legt Rigler es in einem Schreiben an den Gemeinderat dar, das der Redaktion vorliegt. Die coronabedingten Umsatzeinbrüche sind dabei offenbar das kleinste Problem.
Schon seit 16 Jahren sei die von Stadt Karlsruhe, Land und dem französischen Staat getragene Stiftung strukturell unterfinanziert. „Die Subventionen reichen nicht aus, um die Fixkosten zu decken“, so Rigler. Für Miete, Betriebskosten und Personal seien Ausgaben von jährlich 390.000 Euro notwendig, um das Centre in seiner jetzigen Konzeption aufrechtzuerhalten.
Die Subventionen reichen nicht aus, um die Fixkosten zu decken.Marlène Rigler, Geschäftsführerin des CCFA Karlsruhe
Die Subventionen aus Frankreich, vom Land Baden-Württemberg und der Stadt Karlsruhe in Höhe von 242.000 Euro und die Einnahmen aus Sprachkursen (53.000 Euro) und Spenden (5.000 Euro) reichen dafür nicht aus – es klafft die erwähnte Lücke von 90.000 Euro. Zudem ist Rigler der Ansicht, dass die Gewinne aus den Sprachkursen statt für Fixkosten „betriebswirtschaftlich sinnvoll in Investitionen“ fließen sollten, etwa in moderne Computer-Ausstattung für die Büros, in Fortbildungen und in Kulturprojekte.
Subventionen für das Centre Culturel wurden seit 18 Jahren nicht erhöht
Doch abgesehen von einer Anpassung für die Miete nach dem Umzug des Centre Culturel in die Postgalerie im Jahr 2012 sei die Höhe der Subventionen seit Gründung der Stiftung im Jahr 2002 gleich geblieben. Auf der Ausgabenseite stagnieren zudem seit 2004 die Gehälter, so die CCFA-Geschäftsführerin. Ihre Mitarbeiter verdienten somit bis zu 20 Prozent weniger als nach Tarif bezahlte städtische Angestellte in vergleichbaren Positionen, argumentiert Rigler – bei gleicher, universitärer Qualifikation, zum Beispiel im Projektmanagement.
Deshalb ist es in ihren Augen – trotz der durch die Corona-Pandemie finanziell angespannten Allgemeinlage in der Stadtkasse – dringend notwendig, die Gehälter der CCFA-Mitarbeiter um fünf Prozent zu erhöhen und mittelfristig an den für städtische Mitarbeiter geltenden Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) anzupassen.
Umsatzeinbrüche bei den Sprachkursen – aber die sind nicht das Problem
In einem Brief an verschiedene Gemeinderatsfraktionen, der der Redaktion vorliegt, legt Rigler die Gründe für die geforderte Gehaltsanpassung dar: Die Personalfluktuation sei seit 2017, dem Jahr, in dem sie als Geschäftsführerin ihren Vorgänger Robert Walter ablöste, deutlich gesunken. Das von ihr aufgebaute Team sei die Grundlage für die Erfolge der vergangenen Jahre: sechs Prozent mehr Besucher bei Kulturveranstaltungen seit 2016 sowie eine Steigerung der Einnahmen und Anmeldungen von 30 Prozent bei den Sprachkursen innerhalb von drei Jahren.
Darüber hinaus habe sie mit dem Centre Culturel noch viel vor, zum Beispiel transnationale interkulturelle Pilotprojekte für berufsbildenden Gymnasien in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut, ein trilinguales Sprachencafé im Lessing-Gymnasium oder neue Themen wie Architektur und Nachhaltigkeit in der Rheinschiene.
Paradoxerweise seien die Einbrüche bei den Sprachkursen in der ersten, von der ersten Corona-Welle geprägten, Jahreshälfte nicht so groß ausgefallen wie erwartet. „Die Kursteilnehmenden haben großteils den Schritt zu online mitgemacht, blieben dabei“, erklärt Rigler gegenüber der Redaktion.
Im Wintersemester, das Anfang Oktober angelaufen ist, stelle sich die Lage anders dar: „Nun wissen alle, was Corona bedeutet – viele ältere Teilnehmende bleiben zu Hause, pausieren. Es fehlt ein Viertel der üblichen Anmeldungen. Gleichzeitig gewinnen wir neue Personen mittels innovativer Online-Angebote.“ Auch die CCFA-Mitarbeiter waren zeitweise in Kurzarbeit, wofür das Centre 9.000 Euro Corona-Soforthilfe bezogen habe. Da das deutsch-französchische Kulturzentrum aber eben strukturell unterfinanziert sei, reiche dieser Ausgleich nicht aus.
Es ist richtig, dass das CCFA mehr Geld bräuchte. Es stimmt aber auch, dass die Stadt gerade wenig Geld hat.Albert Käuflein, Kulturbürgermeister und Stiftungsrats-Vorsitzender
Albert Käuflein, Karlsruher Kulturbürgermeister und Vorsitzender im Stiftungsrat des CCFA, gibt Rigler grundsätzlich recht. „Es ist richtig, dass das Centre Culturel franco-allemand Karlsruhe eigentlich mehr Geld bräuchte.“ Rigler und ihre Mitarbeiterinnen leisteten sehr gute Arbeit bei knapper Besetzung. „Es stimmt aber auch, dass die Stadt gerade wenig Geld hat.“
Kaum Aussicht auf mehr Förderung
Karlsruhe befinde sich aufgrund der Corona-Pandemie in einer wirtschaftlich schwierigen Lage, ebenso wie alle Kultureinrichtungen, von denen manche akut von der Insolvenz bedroht seien. „Für eine solche Anpassung der Fördergelder ist jetzt möglicherweise nicht der beste Zeitpunkt“, drückt Käuflein sich diplomatisch aus. „Die Entscheidung über den Haushalt muss letztendlich der Gemeinderat treffen.“ Die Beratungen zum Haushalt 2021 finden am 15., 16. und 17. Dezember statt.
Es erscheint uns wichtig, die Arbeitsfähigkeit des Centre Culturel zu erhalten.Michael Haug, Karlsruher Liste (KAL)
Nach Riglers Hilferuf an die Gemeinderatsfraktionen will die Karlsruher Liste (KAL) gemeinsam mit der Partei Die Linke einen Antrag stellen, das Anliegen des CCFA in die Haushaltsberatungen aufzunehmen. „Das von Frau Rigler angegebene Defizit scheint uns plausibel“, so KAL-Stadtrat Michael Haug gegenüber den BNN.
Natürlich sehe man die angespannte Haushaltslage, die dazu führe, dass die Fraktionen wohl weniger Anträge stellen werden. „Doch es erscheint uns wichtig, die Arbeitsfähigkeit des Centre Culturel zu erhalten. Seit 2004 wurden die Gehälter nicht mehr angepasst, jetzt fallen Spenden von Mäzenen weg, die Mietkosten sind hoch.“ Das Centre brauche mehr Geld, um arbeitsfähig zu bleiben.