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Umstrittenes Urteil

SUV-Fahrer wird wegen seines Autos härter bestraft als andere

Weil er mit einem SUV und nicht mit einem anderen Auto über die rote Ampel gefahren ist, muss ein Mann aus Frankfurt jetzt eine höhere Strafe zahlen. Wie die Amtsrichter das Urteil begründen.

Geländewagen sind größer und höher als normale Pkw. Dadurch seien sie auch gefährlicher befand das Frankfurter Amtsgericht.
Geländewagen sind größer und höher als normale Pkw. Dadurch seien sie auch gefährlicher befand das Frankfurter Amtsgericht. Foto: David Young picture alliance/dpa

Die einen lieben sie, die anderen hassen sie: An Geländewagen, kurz SUVs, scheiden sich die Geister. Ihre teils vehemente Gegnerschaft hält die Fahrzeuge mit dem robusten Äußeren für völlig überdimensionierte Treibstofffresser, die im Stadtverkehr nichts zu suchen haben.

Die Fans des „Sport Utility Vehicles“ hingegen schätzen den Fahrkomfort und das Sicherheitsgefühl, das das bullige Aussehen und die höhere Straßenlage dem Fahrer vermitteln.

Wasser auf die Mühlen der Gegner dürfte jetzt ein Urteil des Amtsgerichts Frankfurt sein. Weil er über eine rote Ampel gefahren war, muss der Fahrer eines Geländewagens ein höheres Bußgeld zahlen als üblich. Statt 200 Euro sind 350 Euro fällig. Die Begründung des Gerichts ist für Deutschland bislang einzigartig.

SUV ist Fahrzeug mit „erhöhter Betriebsgefahr“

Die Amtsrichter sehen in dem Geländewagen nämlich ein Fahrzeug mit „erhöhter Betriebsgefahr“. Konkret heißt es: „Aufgrund der größeren abstrakten Gefährdung durch das geführte Kraftfahrzeug stellt sich der begangene Rotlichtverstoß gravierender als der Normalfall dar.“

Nach Ansicht des Gerichts erhöht „die kastenförmige Bauweise und die wegen der größeren Bodenfreiheit erhöhte Frontpartie bei einem SUV das Verletzungsrisiko für andere Verkehrsteilnehmer.“ Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Laut Amtsgericht Frankfurt geht der Fall aber vor das Oberlandesgericht.

Karlsruher Fachanwältin ist vom Urteil überrascht

Für Karin Birthelmer, die stellvertretende Vorsitzende des ADAC Nordbaden, ist das Urteil der Frankfurter Richter „sehr überraschend“. „In seiner Beurteilung des Falls berücksichtigt das Gericht sachfremde Erwägungen. Das halte ich nicht für richtig“, sagt die Fachanwältin für Verkehrsrecht.

Schließlich käme es in einem Bußgeldverfahren nicht darauf an, mit was für einem Fahrzeug man fährt, sondern wie man unterwegs ist. „Wenn ich zu schnell fahre, dann fahre ich zu schnell. Da spielt es keine Rolle, ob ich nun einen Porsche habe oder einen alten Golf.“

Birthelmer glaubt, dass das Frankfurter Urteil keinen Einfluss auf künftige Rechtsprechungen haben wird. „Das ist der allererste Fall dieser Art, von dem ich je gehört habe“, sagt sie. Dass auch andere SUV-Fahrerinnen und Fahrer künftig anders beurteilt werden als andere Autolenker, hält sie für abwegig. „Dazu müsste es ja eine gesetzliche Definition darüber geben, was ein SUV überhaupt ist.“

Fahrer ist notorischer Verkehrssünder

Es war nicht das erste Mal, dass der jetzt strenger bestrafte SUV-Fahrer aus Frankfurt durch eine besonders unaufmerksame Fahrweise aufgefallen war. Die erhöhte Geldbuße erhob das Gericht laut Urteilsbegründung auch deshalb, weil der Mann bereits mehrere Einträge im Fahreignungsregister hat. Unter anderem, weil er außerhalb einer Ortschaft zu schnell unterwegs gewesen war, ein anderes Mal war er am Steuer mit dem Handy beschäftigt.

Es war auch nicht der erste Rotlichtverstoß des Fahrers, wie im Urteil nachzulesen ist. Demnach hatte er im Oktober 2020 schon einmal ein Bußgeldverfahren wegen des Überfahrens einer roten Ampel kassiert. Zur Strafe von 120 Euro erhielt er ein einmonatiges Fahrverbot. Damals war der unaufmerksame Fahrer allerdings nicht mit seinem SUV unterwegs gewesen. Sondern höchstwahrscheinlich mit einem E-Scooter.

Fußgängerverband begrüßt das Urteil

Der Fußgängerverband Fuss begrüßt das Urteil und spricht sich für härtere Strafen bei Vergehen mit schweren Autos aus. Das Fahren eines SUVs sei grundsätzlich gefährlicher für andere Verkehrsteilnehmer, sagte Verbandssprecher Roland Stimpel.

Im Vergleich zu kleineren Autos sei die Frontpartie hoch und senkrecht. „Bei einem niedrigen Fahrzeug mit einer runden Front kann man zwar auch übel gestoßen werden, aber man kann noch ein wenig abrollen“, erklärte er. Zudem sei die Sicht der SUV-Fahrer oftmals hoch angesetzt. Dadurch könnten Fahrer kleine Kinder übersehen.

Der Verband Fuss befürwortet höhere Strafen, die sich aber nicht nur auf SUV beschränken sollten. Rechtlich seien SUVs schwer von anderen Fahrzeugen abzugrenzen, da beispielsweise Transporter und Minivans ähnliche Eigenschaften aufweisen würden. Grundsätzlich solle gelten: „Je schwerer und verletzungsträchtiger eine Front konstruiert ist, desto höher muss Buße für diejenigen sein, die leichtsinnig fahren.“

ADAC versteht das Vorgehen der Richter nicht

Neben den Autofahrern sieht der Verband die Hersteller der SUVs in der Verantwortung: „Bei der Konstruktion von Autos sollte man aber nicht auf nur die Bedürfnisse des Autofahrers achten, sondern auch auf die Sicherheitsbedürfnisse aller anderen, die auf der Straße unterwegs sind.“

Die ADAC-Zentrale in München wollte das Urteil aus Frankfurt zunächst nicht kommentieren. „Es handelt sich um einen schwierigen Fall“, sagte ein Sprecher. Es sei noch nicht genau klar, warum die Richter das Bußgeld erhöht hätten. Schließlich habe der SUV-Fahrer laut dem Urteil bereits Voreintragungen im Fahreignungsregister.

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