Die grüne Umweltzone in der Karlsruher City und im Westen der Stadt gehört wie die in Pfinztal und anderen Städten im Land wohl bald der Vergangenheit an. Weil die Feinstaub-Belastung in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen ist, rechnet das Regierungspräsidium Karlsruhe (RP) mit der Aufhebung des Fahrverbots für Fahrzeuge ohne grüne Plakette.
Bis dahin werden aber noch einige Monate vergehen. Redaktionsmitglied Pascal Schütt fasst den aktuellen Stand zusammen.
Warum soll die Umweltzone aufgehoben werden?
Das Verkehrsministerium des Landes hat im März per Erlass dazu aufgefordert, die mögliche Aufhebung zu prüfen. Der Grenzwert für den Jahresmittelwert von Stickstoffdioxid wird in Karlsruhe seit 2016 eingehalten, in Pfinztal seit 2015. Auch für Feinstaub und andere Luftschadstoffe wurden bei regelmäßigen Messungen keine Überschreitungen registriert. Eine Umweltzone sei „nicht mehr erforderlich“, teilt das RP auf Nachfrage dieser Redaktion mit. „Es ist daher geboten, das Fahrverbot und den damit einhergehenden Eingriff ins Grundrecht aufzugeben.“
Wenn die Aufhebung der Zone das Ziel ist, warum dauert es dann noch Monate?
Die Umweltzone ist Teil des aktuellen Luftreinhalteplanes für die Stadt. Derzeit arbeitet das Regierungspräsidium an einer Fortschreibung. Der Entwurf befinde sich in der Schlussabstimmung, teilt die Behörde mir. Bevor der Plan rechtskräftig wird, durchläuft er ein mehrstufiges Beteiligungsverfahren, das sich über mehrere Wochen hinzieht.
Geht es nur um das Fahrverbot ohne grüne Plakette?
Nein. In der Reinhold-Frank-Straße besteht seit 2009 ein Durchfahrtsverbot für Lkw über 3,5 Tonnen. Auch das lässt sich aus Sicht des Regierungspräsidiums nicht aufrecht erhalten. Die Stadt würde gerne dabei bleiben und denkt über andere Grundlagen für das Verbot nach. Zu den Favoriten zählt der Lärmschutz. Allerdings lassen sich bei bestehendem Verbot keine Zählungen und Messungen für eine Begründung durchführen, erklärt Bürgermeisterin Bettina Lisbach (Grüne).
Wie geht es nun weiter?
Im ersten Schritt stellt das Regierungspräsidium den neuen Luftreinhalteplan in betroffenen Gemeinderäten oder Ausschüssen vor, etwa am Mittwoch im Karlsruher Umweltausschuss. Im Oktober sind Umweltverbände und andere „Träger öffentlicher Belange“ aufgerufen, sich den Entwurf anzuschauen und Einwände vorzubringen. Für November oder Dezember ist die Offenlage vorgesehen. Mit der Verabschiedung des Plans rechnet das RP „Ende des Jahres“.
Wie reagieren die Karlsruher Gemeinderäte?
Die Reaktionen sind gemischt. Einerseits freut man sich über die erreichte Verbesserung. Andererseits gibt es Unverständnis, warum „ein Erfolgsmodell zurückgenommen wird“. Auch der Wunsch nach einer Absenkung der Grenzwerte ist aus den Reihen der Stadträtinnen und Stadträte zu hören.
Wann und warum wurden die Umweltzone eingerichtet?
Seit dem 1. Januar 2009 galt in Karlsruhe zunächst ein Fahrverbot für Fahrzeuge der sogenannten „Schadstoffgruppe 1“. Messungen hatten damals ergeben, dass die Grenzwerte für Stickstoffdioxid und Feinstaub überschritten wurden. Zum 1. Januar 2013 folgte die Verschärfung. Seitdem dürfen – abgesehen von einigen Ausnahmen etwa für Oldtimer – nur noch Fahrzeuge mit grüner Plakette in die Umweltzone fahren.
Wie viele Autos sind von dem Verbot betroffen?
Ganz genau lässt sich das nicht sagen. Das baden-württembergische Verkehrsministerium schätzt, dass ein bis zwei Prozent der Fahrzeuge keine grüne Plakette erhalten können.
Verschlechtert sich die Luft nach Abschaffung der Umweltzone wieder?
Das befürchten jedenfalls Umweltverbände, die von einem verfrühten Schritt sprechen. Das Regierungspräsidium geht nicht davon aus. Es beruft sich auf ein Gutachten der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW), das keine Grenzwertüberschreitungen nach Aufhebung der Maßnahmen erwartet. Das Verkehrsministerium verweist auf Balingen. Dort wurde die Umweltzone bereits aufgehoben, die Schadstoffwerte sind danach dennoch weiter gesunken.
Sollen alle Umweltzonen in Baden-Württemberg abgeschafft werden?
Nein, zumindest nicht sofort. Aktuell stehen acht zur Disposition. Neben denen in Karlsruhe und Pfinztal steht unter anderem die in Heidelberg auf der Liste. Die Zonen in Pforzheim, Mühlacker, Stuttgart und Mannheim sollen hingegen vorerst bleiben.