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Seit 20 Jahren veggie und vegan

Vegan bevor die Welle kam: Naturkost-Pionier Heiko Gsedl vom Café Pan in Karlsruhe

Im Jahr 2000 eröffnete Heiko Gsedl sein „Café Pan” mit vegetarischen und veganen Crêpes. Ein Ernährungs-Hardliner ist Gsedl aber nicht: Er folgt eher dem Lustprinzip nach dem Vorbild des Gottes Pan.

Leidenschaftlicher Pfannkuchenbäcker: Heiko Gsedl macht seit 20 Jahren, worauf er Lust hat: Crêpes in seinem Café Pan.
Leidenschaftlicher Pfannkuchenbäcker: Heiko Gsedl macht seit 20 Jahren, worauf er Lust hat: Crêpes in seinem Café Pan. Foto: Jörg Donecker

Der griechische Gott Pan steht für Naturnähe, aber auch für die Lust am Leben und der Liebe. Der Karlsruher Heiko Gsedl hatte vor 20 Jahren Lust auf eine vegetarisch-vegane Bio-Crêperie. „Und so hab’ ich’s gemacht”, erzählt der heute 59-Jährige in einem begrünten Innenhof in der Kaiserstraße, dem Außenbereich seines „Café Pan”.

Er habe sich damals keine Gedanken darüber gemacht, ob sein Konzept bei den Karlsruhern Erfolg haben würde, sagt er. „Ich habe auch vorab keine Konkurrenzbewertung gemacht, wie es der Dehoga empfiehlt.” Aus betriebswirtschaftlicher Sicht lohne sich das Café eigentlich nicht. „Aber es lohnt sich insofern, dass ich nicht wirklich nachrechne” erklärt Gsedl. Der schlanke Mann mit grauem, im Nacken durch ein Gummiband zusammengehaltenem Haar spricht mit ruhiger, leiser Stimme.

Es ist kein Zufall, dass es kaum Bio-Restaurants gibt.
Heiko Gsedl, Bio-Gastronom

Bio und vegetarisch - eine Preisfrage

„Es ist kein Zufall, dass es kaum Bio-Restaurants gibt”, sagt er. Allein die Zertifizierung mit dem Bio-Siegel der Europäischen Union koste ihn jedes Jahr rund 400 Euro. Seine herzhaften und süßen Crêpes stellt er zu 100 Prozent aus Bio-Zutaten her. „Ein Bio-Ei kostet 34 Cent”, rechnet er vor. „Allein dafür müsste ich nach der gängigen Gastronomie-Formel etwa 1,35 Euro in Rechnung stellen.”

Im Discounter dagegen bekommt man eine Zehnerpackung Eier aus Bodenhaltung bereits für rund 1,30 Euro. Beim Fleisch sei der Preisunterschied zu konventioneller Herstellung noch extremer – ein Grund, warum Gsedl sich für ein rein vegetarisches Angebot entschieden hat. Doch auch einer seiner fleischlosen Bio-Crêpes müsste eigentlich mindestens 14 Euro kosten. „Bei diesen Preisen würden aber wirklich nur noch die ganz großen Enthusiasten kommen.”

Da verzichtet Gsedl lieber auf ein angemessenes Gehalt. „Ich konsumiere wenig. Ich habe kein eigenes Auto. Und ich gehe sorgsam mit meinen Kleidern und mit allem im Leben um, im Guten wie im Schlechten.” Für die Lage in der Karlsruher Innenstadt zahle er außerdem eine relativ geringe Miete. „Der Vorteil ist, dass es mich überhaupt noch gibt”, sagt er mit nachdenklichem Blick aus blaugrauen Augen. Er ist zufrieden: „Das hier ist ein super schöner Ort, ein schöner Beruf, die Vermieterin ist total nett – was will man eigentlich mehr?”

Die Veganer-Bewegung war nicht die Inspiration

Vegetarische und vegane Gerichte gehören heutzutage zum Mainstream – anders als noch vor 20 Jahren, als Gsedl begann, vegane Crêpes aus Buchweizenmehl zu backen. Das Ei aus dem Originalrezept ließ er einfach weg, und der Crêpe wurde automatisch vegan. „Veganer waren damals ein ganz anderer Schlag von Menschen”, erinnert er sich. „Die waren ganz verbittert, ihre Grundhaltung war: Die Welt ist schlecht.” Gsedl dagegen fand nach dem Lustprinzip zum Buchweizen-Crêpe. „Ich mache das, weil ich sie einfach selbst gerne esse.”

Veganer waren früher ganz verbittert. Ihre Grundhaltung war: „Die Welt ist schlecht”.
Heiko Gsedl, Bio-Gastronom

Entdeckt hat der gebürtige Karlsruher seine Liebe zu Buchweizen-Crêpes in Kalifornien, wo sein Bruder noch heute lebt. Von dort hat er auch den Crêpe mit Avocado und die Variante „Zwoi woiche Oier” mit nach Karlsruhe gebracht. „Von selbst hätte ich mich ja nie getraut, das auf einen dünnen Crêpe zu legen”, gibt er zu.

Die Inspiration für den Namen des „Café Pan” stammt dagegen nicht aus Amerika, auch nicht vom englischen Wort „Pancake” für Pfannkuchen. „Es gibt eigentlich zwei Erklärungen”, sagt Gsedl. Der griechische Gott Pan steht für ihn für den „gelebten Sinnesgenuss – hier halt beim Essen und Trinken”. Zum anderen war er fasziniert von Tom Robbins’ Roman „Pan Aroma”, in dem Pan eine gewissermaßen „aromatische” Hauptrolle spielt.

Handwerkskunst statt Fließbandproduktion

Seine Crêpes bereitet Gsedl nicht nur sorgsam zu, er dekoriert sie auch liebevoll: Die tomatige Soße wird in Schnörkeln auf den Teller gegossen, kleine Tierchen aus Karottenscheiben garnieren das Gericht. „Früher habe ich sogar von Hand geschnitzt, bevor ich auf die Idee mit den Ausstechern kam”, sagt Gsedl.

Seine Gäste zu umsorgen, ist ihm wichtig. Schnelle Fließbandproduktion muss nicht sein, findet er. In diesen Tagen bekommt jeder ein von Hand geschriebenes, kopiertes Zettelchen: Es informiert über die Sommerschließzeit vom 17. August bis 18. September und gilt gleichzeitig als Gutschein für einen Kaffee im September.

Vom Architekturbüro in den Bioladen

Gsedl hat einst Architektur studiert, auch zwei Jahre lang in dem Beruf gearbeitet. „Aber ich hab’ mich da nicht wirklich beheimatet gefühlt”, erklärt er. Zunächst arbeitet er drei Jahre lang im Bioladen eines Freundes in Bad Herrenalb. Sich um die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden zu kümmern, bereitet ihm viel Freude.

Auf der Suche nach einem Ort für sein Café wird er in der Karlsruher Kaiserstraße fündig: Der Biomarkt „Laden 3” (heute am Werderplatz) bietet auch einen kleinen Mittagstisch an, will diesen Bereich aber verpachten. Gsedl übernimmt, und über die Zeit wird er zum Hauptmieter der außergewöhnlichen Ladengemeinschaft. Nach dem Auszug des „Laden 3” waren meist handwerklich arbeitende Produzenten von Mode und Accessoires nebenan, zur Zeit Udo Bögel mit seinem Karlsruher Taschenlabel „BögelSack”, der noch einen Mitmieter sucht.

Heizpilze sind ökologischer Schwachsinn.
Heiko Gsedl, Bio-Gastronom

Auf den Herbst und Winter im Corona-Jahr blickt Gsedl nicht mit einiger Sorge. Sein Café hätte mit den aktuell geltenden Abstandsregeln im Innenbereich nur sehr wenige Plätze zu bieten. Heizpilze für den Außenbereich kommen für ihn aber nicht infrage. „Never ever!”, sagt Gsedl, jetzt laut. „Das ist doch ökologischer Schwachsinn.”

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