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Verhandlung am Amtsgericht

Vergewaltigung am Staatstheater Karlsruhe? Ein Zeuge der mutmaßlichen Tat sagt aus

Eine Tonaufnahme soll Klarheit in den Prozess um eine mögliche Vergewaltigung am Staatstheater bringen. Am zweiten Prozesstag sagten mehrere Zeugen aus. Einer von ihnen hatte am Tatabend ein Gespräch mit dem Opfer und dem vermeintlichen Täter aufgezeichnet.

ARCHIV - 09.09.2014, Bayern, Bamberg: Eine Statue der Justitia hält eine Waage in ihrer Hand. (zu dpa «Politik ohne Respekt vor der Justiz? Fall Sami A. löst Debatte aus» vom 16.08.2018) Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Vergewaltigungsprozess: Am Amtsgericht Karlsruhe muss sich ein Künstler des Badischen Staatstheaters wegen mutmaßlicher sexueller Übergriffe verantworten. Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa

Ob ein 23-jähriger Statist von einem langjährigen Chorsänger des Badischen Staatstheaters Karlsruhe vergewaltigt wurde, wird derzeit im Amtsgericht Karlsruhe verhandelt. Am zweiten Prozesstag am Donnerstag wurden im Fall der möglichen Vergewaltigung mehrere Zeugen vor dem Schöffengericht um Richter Constantin Hofmann verhört.

Beim Prozessauftakt am Dienstag hatte der Verteidiger des Angeklagten, Hubert Gorka, beantragt, Tonbandaufnahmen als Beweismittel nicht zuzulassen, die Statisten-Kollegen am Abend des Geschehens angefertigt hatten – ohne Erfolg. Um eben diese Tonaufnahme drehte sich nun am Donnerstagnachmittag die Verhandlung vor dem Schöffengericht.

Anlass für die Verhandlung war der Premierenabend der Oper „Elektra“ von Richard Strauss am 26. Januar 2019. Der Abend verlief feucht-fröhlich, es floss reichlich Alkohol. Der Angeklagte, ein 56-jähriger Sänger, der seit mehr als zwei Jahrzehnten am Staatstheater tätig ist, soll sich an einem 23-jährigen Statisten vergangen haben. Vorgeworfen wird ihm Vergewaltigung und sexuelle Belästigung. Dafür sieht die Rechtsprechung Haftstrafen von bis zu fünf Jahren vor.

Zeuge fertigt Tonaufnahme in der Tatnacht

Geladen waren am Donnerstag unter anderem zwei weitere Statisten als Zeugen, die bei der betreffenden Premierenfeier dabei waren. „Sag es einfach nochmal“, war auf der Tonaufnahme zu hören. Ein Zeuge des Prozesses, ein 21-jähriger Statist, fertigte sie in der Nacht Ende Januar 2019 an. Die Gruppe habe sich Sorgen zuvor um das vermeintliche Opfer gemacht, das seit einiger Zeit die Feier in der Kantine des Staatstheaters verlassen hatte. Der Zeuge machte sich auf die Suche nach seinem Freund – und fand ihn weinend in einer Toilettenkabine.

Wenig später hätte das Opfer ihm die Vergewaltigung gestanden. „Ich war völlig überfordert von der Situation“, schilderte er vor dem Schöffengericht. Aus Angst, dass man einem Familienvater mehr Glauben schenken würde als einem jungen Mann, habe er eine Tonaufnahme mit seinem Handy gestartet.

Zuerst habe er den vermeintlichen Täter zum Gespräch aufgefordert. Laut Erinnerung des Zeugen soll der 56-Jährige ihm gegenüber unter anderem Analsex gegen den Willen des jungen Statisten gestanden haben. Beim Gespräch soll der Angeklagte auch den Zeugen mehrfach intim berührt haben.

Opfer war den Zeugen nach völlig aufgelöst

Zusammen mit seiner Freundin kümmerte sich der Zeuge um das Opfer. Der 23-Jährige sei „völlig aufgelöst“ und „total am Ende“ gewesen. Auf der Tonaufnahme hörte man ihn weinen und schluchzen. Auf der Aufnahme, die im Gericht abgespielt wurde, schilderte das Opfer die Vergewaltigung durch den Angeklagten.

Die Erinnerungen an die mutmaßliche Tatnacht sind allerdings auf beiden Seiten der Anklage getrübt. Am ersten Prozesstag hatte der Angeklagte angegeben, stark alkoholisiert gewesen zu sein. Er habe „keine Erinnerung, so etwas gemacht zu haben“. Auch beim mutmaßlichen Opfer taten sich beachtliche Lücken auf. Der junge Mann hatte bei der ersten polizeilichen Vernehmung „keine Erinnerung an Oralverkehr“ zu Protokoll gegeben. Zwei Tage danach hatte er gegenüber den Beamten bekundet, sein Peiniger habe versucht, sich an ihm zu vergehen.

Verhandlung wird fortgesetzt

Eine kurze Debatte entbrannte am Donnerstag darüber, ob möglicherweise K.O.-Tropfen im Spiel waren. Das wiesen aber beide Zeugen vehement ab.

Da das Opfer wohl dennoch „völlig wehrlos“ war, regte Staatsanwalt Fabian Schür an, dass möglicherweise auch der Vorwurf einer sexuellen Nötigung in Betracht käme. Die Verhandlung wird am Dienstag, 23. Februar, um 9 Uhr im Amtsgericht fortgesetzt.

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