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Heftige Debatte

Eine kleine Mehrheit ist für die Pflicht zum Nacktsein im Karlsruher Vierordtbad

Bikini und Co sind im Karlsruher Vierordtbad gerade ein Streitobjekt. Dass die Gäste derzeit nicht zum Nacktsein verpflichtet sind, gefällt nicht allen.

Vierordtbad :textilfrei oder Badebekleidung
Ein Testlauf sorgt für Debatten: Im Moment können Besucher nackt oder wie hier Christa Stoll in Badekleidung ins Außenbecken des Vierordtbades steigen. Nicht allen gefällt diese Wahlfreiheit, wie Betriebsleiter Alex Brakert weiß. Foto: Jörg Donecker

Im Badeanzug steigt Christa Stoll in das Außenbecken im Vierordtbad. Gut möglich, dass der Frau das bald verwehrt wird – weil es wieder Pflicht wird, sich auszuziehen. Die freie Wahl, ob man nackt oder doch lieber im Schwimmdress untertaucht, gibt es in der Therme nur testweise.

Ende Juli endet der auf zwei Monate angelegte Versuch. „Im Moment gibt es bei den Gästen eine kleine Mehrheit, die wieder die reine Textilfreiheit will“, zieht Bäderchef Oliver Sternagel eine Zwischenbilanz. Er versichert: Am Ende entscheiden die Nutzer.

Deren Meinungen gehen indessen weit auseinander. „Das reicht in der Einschätzung von totaler Blödsinn bis Weltklasse“, so Sternagel. Sein Betriebsleiter Alex Brakert berichtet von teils hitzigen Debatten und beleidigenden Rückmeldungen. Das oft kleine Stück Stoff habe offenkundig großes Konfliktpotenzial.

Wenn nackt Pflicht wird, komme ich nicht mehr.
Christa Stoll, Besucherin

Christa Stoll jedenfalls ist entschieden: „Wenn nackt Pflicht wird, komme ich nicht mehr, ich fände das unhygienisch.“ Die Frau besucht regelmäßig und immer im Badeanzug das Badehaus im Vierordtbad. „Dort gibt es seit dem Umbau 2004 die Wahl, ob man mit Textil oder ohne schwimmt“, erklärt Brakert. Als diese Option eingeführt wurde, habe es zwei, drei Wochen Debatten gegeben. „Dann war das Usus.“

Es wollen doch alle tolerant sein.
Alex Brakert, Betriebsleiter

Brakert war auch deshalb zuversichtlich, dass im Außenbecken ebenfalls eine Wahlfreiheit möglich wäre. „Es wollen doch alle tolerant sein.“ Immer wieder hätten in der Vergangenheit gerade Frauen empört das Bad verlassen, als ihnen klar wurde, dass der Bikini nicht erwünscht ist.

Der Betriebsleiter verweist auf die bauliche Besonderheit: Wer im Hof in ein Außenbecken steigt, fühle sich mitunter wie auf dem Präsentierteller für die dahinter liegende Sauna. In der gilt auch in der Zeit des aktuellen Versuchs das Nacktheitsgebot. „Dort ist der Badeanzug oder die Badehose nicht zulässig.“

Brakert hat erlebt, dass Gäste auch das diskutieren wollten. Andere stritten, wie es nun auf den Liegen im Hof zu handhaben sei. Besucherin Gloria Jennings hat mehrfach solche Szenen beobachtet. Ihre Meinung zur Wahlfreiheit im Außenbecken: „Ich finde das nicht gut.“ Wenn schon, dann sollten alle nackt sein.

Etwa 80 Prozent der Badegäste ziehen sich aus

Stammgast Waldemar Thomanek zuckt mit den Schulter. „Mir ist das egal, was die anderen machen.“ Er selbst ziehe sich aus. Nach Beobachtung von Brakert halten das 80 Prozent der Gäste so.

Die Bäderbetriebe befragen seit Anfang Juni die Besucher: Von 6.000 Vierordt-Kunden im Juni stimmte ein Viertel ab, bilanziert Sternagel. 58 Prozent hätten angegeben, dass sie für die allgemeine Nacktheit seien. „Aber wir haben auch neue Kunden gewonnen, die vorher nicht gekommen wären“, ist Brakert sicher.

Neue Nacktsauna im Fächerbad

Sternagel will am Ende des Versuchs entscheiden, wie es weitergeht. Kommt es zum Nein zu Bikini und Co, hat er für alle Textil-Fans ein Trostpflaster: Im Fächerbad entsteht gerade eine Sauna, in die man im Badedress darf. „Mitte 2023 ist die fertig“, so der Bäderchef.

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