Sieben Meter weit wirft Markus Lemm die Sau. Dabei handelt es sich aber nicht um ein Tier, sondern um eine kleine, rosafarbene Holzkugel. Diese liegt nun im Kies vor dem Karlsruher Schloss. Lemm und seine drei Mitspieler treffen sich bei dem milden Wetter regelmäßig vor dem Schloss, um Boule zu spielen. „Ich bin jeden Tag ab 14 Uhr hier“, erzählt Lemm.
Zwei Karlsruher Boulegruppen treffen sich fast täglich hier. Der 1. BC Karlsruhe und der Verein Boule-con-Action spielen auf den Kiesflächen. Lemm und seine Mitspieler kommen vom 1. BC Karlsruhe, einer offenen Boule-Spielgemeinschaft. Rund 100 Spieler gehören der Gruppe an. „Es gibt etwa 20 bis 30 Stammspieler“, sagt Walter Lutz.
Der 73-jährige Rentner wirft die Kugeln seit dem Jahr 1992. Ans Schloss kommt er gegen 15 Uhr mit seinem Fahrrad aus Grünwinkel gefahren. „Aber nur bei schönem Wetter“, sagt er.
Viele Spieler kommen täglich ans Karlsruher Schloss
Über den Winter hat Lutz eine Spielpause eingelegt. Seit Ende Februar kommt er wieder etwa drei- bis viermal die Woche zum Spielen. Andere Sportkameraden hätten den ganzen Winter über gespielt. „Es ist eine tolle Gruppe, und man hat immer Unterhaltung“, sagt Lutz. Viele Spieler würden auch täglich ans Schloss kommen. „Nach manchen kann man echt die Uhr stellen.“
Boule und Corona-Regeln
Corona bremst die Boulespieler nicht aus. Boule zählt als Individualsport und darf unter Wahrung der Kontaktbeschränkungen und Abstandsregeln weiter gespielt werden. „Wir haben Glück, dass wir an der frischen Luft spielen“, sagt Walter Lutz.
Am Dienstagnachmittag spielt Lutz zusammen mit Markus Lemm in einem Team. Lemm wirft die erste silberne Kugel flach über den Boden. Etwa 50 Zentimeter neben der kleinen Holzkugel bleibt sie liegen. Jeder Spieler hat drei Spielkugeln. Jede wiegt zwischen 650 und 800 Gramm, erklärt der passionierte Spieler.
Seit 2019 kommt Lemm täglich ans Schloss, Boule spielt er aber schon zehn Jahre länger. Kennengelernt hat er den Sport im Urlaub in Tunesien. „Dort war das ein ganz fester Bestandteil. Genauso wie das Frühstück“, erzählt er. Diese Routine hat er mit in den Alltag genommen.
Die Boulespieler sind alle sehr gelassen. Anders als alle anderen Menschen in Karlsruhe.Markus Lemm, Boulespieler
Den Sport im Urlaub kennengelernt hat auch Angela Coll. „Das war vor vier Jahren in Frankreich“, erzählt die gebürtige Irin. Seit drei Jahren wohnt sie in Karlsruhe. So lange spielt sie auch bei der Boulegruppe am Schloss mit. „Ein Hauch von Frankreich“, woher das Spiel ursprünglich stammt, erlebt man hier, erzählen die Spieler.
Vor Corona hätten sie nach dem Spiel häufig zusammen ein Glas Wein getrunken oder Baguette gegessen. Vor der geselligen Runde steht aber der Sport im Vordergrund. Gespielt wird ab 14 Uhr und dann meistens so lange, bis es dunkel wird, erzählt Lutz.
Die Gruppe lädt oft Fremde zum Mitspielen ein
Das Spielprinzip von Boule ist schnell erklärt. Es gibt zwei Mannschaften aus je ein bis drei Spielern. Ein Spieler wirft die kleine Holzkugel, die Sau. Abgeleitet ist die Bezeichnung vom französischen „cochonnet“ für Schweinchen oder eben Sau.
Zwischen sechs und zehn Metern weit muss die Holzkugel von den Spielern entfernt sein. Dann werfen die Spieler abwechselnd ihre drei Spielkugeln. Wer mit seiner Spielkugel am nächsten an die Sau kommt, gewinnt drei Punkte. Wenn es eng wird, messen die Spieler schon mal mit dem Maßband nach. Eine Partie endet, wenn ein Team 13 Punkte erzielt hat. „Deshalb haben wir auch keine Angst vor der Unglückszahl 13. Bei uns bedeutet das nämlich den Sieg“, sagt Coll und lacht.
Was das besondere an Boule ist? „Die Boulespieler sind alle sehr gelassen. Anders als alle anderen Menschen in Karlsruhe“, stellt Lemm fest. „Die Spieler sind eine ganz besondere Art von Menschen.“ Offen und kontaktfreudig, so beschreiben sich die Spieler am Schloss.
Oft würden Kinder bei ihnen stehen bleiben und fasziniert auf die silbernen Kugeln schauen. Auch Menschen, die den Sport nicht kennen, sprechen sie an. „Neulich war eine Gruppe Koreaner hier. Da entwickeln sich immer nette Gespräche“, sagt Lutz.
Wer Interesse hat, bekommt schnell eine Kugel in die Hand gedrückt. „Einfach mal ausprobieren“, fordert Coll eine Spaziergängerin auf, die bei der Gruppe stehen geblieben ist. „Jeder, der Lust hat, kann mitspielen. Wir sind eine offene Gruppe“, bestärkt Mitspieler Lemm.