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Mendelssohn und Bach

Vor Weihnachten gibt es in Karlsruher Kirchen viele Konzerte mit renommierten Ensembles

Bei Konzerten sind die Kirchen oft besser gefüllt als bei Gottesdiensten. Warum dann nicht mehr Kirchenmusik wagen? Das ist nicht einfach möglich, heißt es aus den Kantoreien. Es fehlen die Zeit und das Geld.

Christuskirche
Volles Haus: Bei den Kirchenkonzerten in der Vorweihnachtszeit sind die Gotteshäuser wie hier die Christuskirche beim Lobgesang gut gefüllt. Gut Foto: Felix Krückels

Wenn er an den 30. Oktober zurückdenkt, bekommt Peter Gortner immer noch eine Gänsehaut. Minutenlang ließen sich der Kantor der Christuskirche, ein Orchester und drei Chöre mit stehenden Ovationen für die gelungene Aufführung des Lobgesangs von Felix Mendelssohn Bartholdy und Niels Wilhelm Gades Zion feiern.

„Das war schon eine ganz besondere Erfahrung. Aber es steckte auch viel Arbeit dahinter“, sagt der Kirchenmusiker. Mehrere Wochen lang hatten Kammerchor und Oratorienchor der Christuskirche sowie der Mädchenchor von Cantus Juvenum für den Auftritt geprobt. Das Orchester wurde aus Instrumentalisten der Badischen Staatskapelle und des SWR zusammengestellt, für die Soli wurden mit den Sopranistinnen Carine Tinney und Angelika Lenter sowie Tenor Jörg Dürmüller und Bariton Konstantin Ingenpass vier Profis engagiert.

Wie viel Zeit und Geld können Karlsruher Kirchen investieren?

Am Sonntag, 27. November, geht in der Christuskirche gleich der nächste musikalische Höhepunkt über die Bühne, dann gibt es zum 20-jährigen Bestehen des Kammerchors die h-Moll Messe von Johann Sebastian Bach, den instrumentalen Klangteppich legt dabei das Orchester Capella Sagittariana Dresden aus. „Damit haben wir fast das höchstmögliche Level erreicht“, sagt der Kantor. Mehr Zeit und Geld könne man nicht in die Höhepunkte des Konzertwinters investieren.

Konzerte mit Musik von Johann Sebastian Bach stehen im Advent auch in anderen großen Karlsruher Kirchen hoch im Kurs. Am 3. Dezember gibt es in der Stadtkirche Durlach beim zwölften „Singalong“ der Kantorei das Weihnachtsoratorium zum Hören und Mitsingen, am 4. Dezember findet in der katholischen Kirche St. Stephan ein Adventskonzert mit drei Bach-Stücken von Stephanschor, Barockorchester und mehreren Solisten statt, und am 11. Dezember wird das Weihnachtsoratorium von Barockorchester und CoroPiccolo Karlsruhe in der evangelischen Stadtkirche am Marktplatz. aufgeführt.

Viele Besucher

Beim „Singalong“ in Durlach rechnet Johann Christoph Haake, Referent für Öffentlichkeitsarbeit bei der Durlacher Kantorei, mit vollen Rängen, bei Felix Mendelssohn Bartholdys Oratorium Elias waren bereits über 500 Leute im Kirchenschiff. „Konzerte sind sicherlich auch ein probates Mittel, um die Menschen wieder mehr für die Kirche zu begeistern“, sagt Haake. Kirchliche Musik sei schließlich auch eine „Art der Verkündung“, so Haake weiter. „Und man spricht damit auch Leute an, die mit Gottesdiensten vielleicht weniger am Hut haben.“

Katholischer Kantor will mehr Kirchenmusik

Für den katholischen Kantor Patrick Fritz-Benzing ist die Vorweihnachtszeit auch wegen der vielen Kirchenkonzerte etwas Besonderes. „Die Proben dafür beginnen meistens schon nach den Sommerferien, da fiebert man regelrecht darauf hin“, sagt der Dirigent des Stephanschors.

Dass Kirchenkonzerte im Advent meistens besser besucht sind als die Gottesdienste, ist für den erfahrenen Kirchenmusiker wenig verwunderlich. Die „kirchlichen Reflexe“ – wie der Gottesdienstbesuch an einem Sonntagmorgen – seien in der Gesellschaft nicht mehr so ausgeprägt wie vor einigen Jahren. Außerdem suchten die Menschen gerade im Advent nach heimeligen Orten für Gemeinsamkeit, etwa Kirchenkonzerte oder Weihnachtsmärkte.

Nach Fritz-Benzings Einschätzung könnte mehr Musik auch mehr Menschen in die Kirchen bringen. „Die Evangelische Kirche ist mit ihren Kulturgottesdiensten da ein Stück weiter“, sagt der Kirchenmusiker. „Früher oder später werden ohnehin alle Kirchen auch als Raum für Veranstaltungen genutzt.“

Kapazitätsgrenzen sind erreicht

Zufrieden mit der positiven Resonanz auf die Kirchenkonzerte ist auch Gabriele Hug. Für die Pfarrerin der Christuskirche ist die Kapazitätsgrenze allerdings bereits erreicht. „Mehr kann man auch wegen der hohen Kosten nicht machen“, sagt Hug.

In den großen Kirchen habe man bei Konzerten einen hohen Qualitätsanspruch, kleinere Stadtteilkirchen seien durch Schulkonzerte ebenfalls gut ausgelastet. Für die Pfarrerin ist Kirchenmusik eine gute Ergänzung zu den regelmäßigen Gottesdiensten. „Es ist eine Form der Verkündung“, betont auch Hug, im Lobgesang etwa finden sich zahlreiche Bibelzitate.

„Konzerte nur als Trittbrett zu benutzen, um die Kirchen mehr zu füllen, wäre aber nicht angemessen“, betont Hug. Begegnungen fänden bei einem Konzert schließlich meist nur oberflächlich statt. „Die Leute kommen, hören die Musik und gehen“, sagt Hug. „Zu Gesprächen kommt es viel eher nach einem Gottesdienst oder im Kirchencafé.“

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