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An der Karlsruher Waldstadt wird abgeholzt

Massiver Einschlag im Hardtwald soll Spaziergänger schützen

Wo Radfahrer und Waldfreunde nahe der Theodor-Heuss-Allee in Scharen unterwegs sind, legt jetzt ein schweres Spezialfahrzeug reihenweise schadhafte Bäume um. Bevor abgestorbene Kronen auf Wege stürzen, hat sich der Forst zum Durchgreifen entschieden.

29.10.20 Hiebsmaßnahmen zur Verkehrssicherung im Bereich der Waldstadt, Revierförster Reinhard Huber (links) und sein Chef im Staatswald, Bernd Schneble.
Viel Bruch: Absterbende Buchen und Kiefern holzt ein schweres Spezialfahrzeug am Rand der Waldstadt ab. Das Holz ist mürbe und gefährlich für Spaziergänger und Waldarbeiter, erklären Revierförster Reinhard Huber (links) und sein Chef im Staatswald, Bernd Schneble. Foto: Peter Sandbiller

Mit hässlichem Krachen bricht die mehr als 20 Meter hohe Buche durchs Geäst der Nachbarbäume. Revierförster Reinhard Huber und sein Chef beim Staatsforst, Bernd Schneble, beobachten es mit zusammengezogenen Augenbrauen. „Da ist schon ein dicker Ast einzeln runtergekommen“, sagt Huber.

Der Forstwirt macht nichts falsch in der Kabine der schweren Erntemaschine. Die brüchige Krone ist Folge des zweiten Dürresommers in Folge. Genau deshalb hat Huber mit roter Sprühfarbe den Querstrich über den Buchenstamm gezogen und ihr Ende besiegelt.

Wipfelsterben überall

Rund ums Forsthaus im Hardtwald gegenüber der Einmündung der Elbinger Straße in die Theodor-Heuss-Allee hat Huber das Wipfelsterben täglich vor Augen. Die Nachbarn, die in der Waldstadt wohnen und das immer beliebtere Naherholungsgebiet ansteuern, entdecken die Schäden ebenfalls, sobald sie beim Spaziergang oder im Fahrradsattel den Blick heben.

Überall ragen lange tote Äste ins Himmelblau oder Wolkengrau. Die Gefahr, dass sie aus großer Höhe auf einen Weg stürzen, gehen die Forstexperten nicht länger ein. „Wir sind nicht verpflichtet, da vorzubeugen, aber wir tun es freiwillig“, unterstreicht Schneble vom Staatsforst. „Würden wir jetzt nicht fällen, müssten wir gut die Hälfte aller Wege sperren.“

In der Waldstadt war es 2019 schlimmer

Im Jahr 2019 bot die Waldstadt einen gespenstischen und alarmierenden Vorgeschmack. Mehr als 100 Absperrungen hielten die Menschen damals vom Sommer bis in den September von den sterbenden Bäumen fern. In dem grünen Quartier wurden letztlich rund 2.500 Bäume gefällt, auch eine 120 Jahre alte Buche.

So schlimm ist es jetzt im Hardtwald nicht. Dennoch legt die schwere Spezialmaschine noch bis weit in die kommende Woche hinein beidseits breiter Waldgassen zwischen Stutenseer und Friedrichstaler Allee reihenweise halb oder ganz abgestorbene Buchen und Kiefern um. Die meisten werden wohl Brennholz. Mindestens 500 Festmeter kommen zusammen, schätzt Huber. Einiges Holz werde aber nicht verwertbar sein.

Es geht allein um Sicherheit

Der Holzernter auf acht Breitreifen bringt jede der etwa 750 Meter langen Gassen rasch hinter sich. Doch nicht das zählt, sondern die Sicherheit. „Meine Leute kann ich hier nicht mit Keil und Spaltaxt reinschicken“, betont Huber. Wird der Stamm erschüttert, löst sich Totholz in der Höhe - lebensgefährlich.

Im Wald arbeitet Wolfgang Schaber seit 47 Jahren, seit 31 Jahren ist er Vorarbeiter im Team des Forstreviers Waldstadt. Er zeigt den modernen Nachfolger des Spaltkeils: „Den stecke ich in die Kerbe im Stamm, gehe 20 Meter weg und bediene ihn per Funk.“ Ganz gefahrlos ist das nicht: Zu Beginn arbeitet der Mann eben doch direkt am Baum.

Flachgelegt wird nur nahe den Wegen

Acht, zehn und sogar zwölf Meter weit reicht aber zum Glück der Arm des Harvesters bei der Holzernte. Stämme bis zu 70 Zentimeter Durchmesser packt er, sägt sie in Bodennähe ab, legt sie flach, entfernt automatisch die Äste und zerteilt in vier Meter lange Abschnitte, was eben noch ein Buchenstamm war. Ab Mittwoch folgt ihm eine weitere Spezialmaschine, sie bringt die Stammstücke huckepack an die asphaltierten Abfuhrwege.

„Ich lasse viele schadhafte Bäume stehen, wenn sie weit genug von Wegen entfernt sind“, betont Huber. Manches Exemplar bilde noch eine Ersatzkrone aus, wenn der vertrocknete Wipfel abbricht. Eine Kiefer allerdings, die mangels Wasser verkümmert, schafft das nicht.

Nachwuchs strebt schon in die Höhe

Der Hardtwald westlich der Theodor-Heuss-Allee verwindet die Verluste vielleicht besser als geahnt. „Nachwuchs ist da“, erklärt Schneble, ergänzt aber auch: „Bei diesem Ausmaß an Schäden haben wir nur mit Naturverjüngung eine Chance.“

Junge Kirschen, Linden und Esskastanien streben auf. Sie kommen mit Trockenheit besser klar. Buchen und Kiefern der nächsten Generation sehen die Forstleute auch nicht auf verlorenem Posten. Für eine sichere Vorhersage sei das ökologische System zu komplex.

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