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Wohnanlage Rüppurrer Schloss

Verlaufen im Labyrinth des größten Karlsruher Wohnhauses

Wer sich im Gebäude nicht auskennt, verirrt sich schnell. Das Rüppurrer Schloss ist ein Irrgarten aus Aufzügen, Treppen und breiten Fluren, ein Haus der Superlative.

Bernd Schmidt, Christa Brandstädter, Wolfgang Ehemann
Drei von 700 Bewohnern: Bernd Schmidt, Christa Brandstädter und Wolfgang Ehemann (von links) stehen vor ihrem Zuhause, dem Gebäude „Am Rüppurrer Schloss 5“. Brandstädter und Ehemann leben dort seit Fertigstellung 1974. Foto: Holger Keller

18 Geschosse, 50 Meter hoch, 700 Bewohner, 26.000 Quadratmeter Nutzfläche und eine unüberschaubare Anzahl an Fluren, Aufzügen und Treppen: Das Hochhaus „Am Rüppurrer Schloss 5“ ist ein Wohngebäude der Superlative.

Seiner ausgefuchsten Wegweisung mit gefärbten Leitlinien in den Fluren zum Trotz ist es für Gäste ein Einfaches, sich zu verlaufen. Christa Brandstädter, die seit Fertigstellung des Wohngiganten 1974 in dem Gebäude wohnt, weiß um die Gefahr: „Wenn Besucher kommen, gebe ich ihnen gleich noch die Wegbeschreibung mit. Sonst verlaufen die sich“, erzählt sie.

Wenn Besucher kommen, gebe ich ihnen gleich noch die Wegbeschreibung mit. Sonst verlaufen die sich.
Christa Brandstädter, Bewohnerin seit der Fertigstellung 1974

Eine kleine Gruppe ist heute im Gebäude unterwegs: Bewohnerin Brandstädter, der Vorsitzende des Bewohnerbeirats Bernd Schmidt, Bewohner Wolfgang Ehemann und Thomas Braun von der Verwaltungsgesellschaft GWG (Grundbesitz- und Wohnungsverwaltungs GmbH). Sie wollen nach oben, die Aussicht aus dem 18. Geschoss genießen.

Fünf Aufzüge bedienen nur bestimmte Geschosse und Ebenen

Hausmeisterkontrollzentrale am Rüppurrer Schloss.
Alles im Blick: In der Hausmeisterkabine im Foyer haben Vater und Sohn Schuler den Blick auf die Anzeigen. Die Telefone zur Linken stellen die Verbindungen zu den sechs Aufzügen her, wenn einer davon feststecken sollte. Foto: Jörg Donecker

Ehemann erklärt: „Die meisten Wohnungen sind zweistöckig und die Aufzüge sind nicht nach den Stockwerken aufgeteilt, sondern nach Ebenen.“ Kurz gesagt: Nicht jeder Aufzug steuert alle Geschosse oder Ebenen an. Und nicht jede der zweistöckigen Wohnungen hat ihren Zugang über ihr erstes Geschoss. Manche Wohnungen betritt man über das zweite Wohnungsgeschoss.

Vierstellige Wohnungsnummern neben den Türen und farbige Leitlinien in den Fluren sollen die Orientierung ermöglichen. „Es gibt aber auch ein paar Nummern, die falsch sind. Man gewöhnt sich dran“, sagt Ehemann und lacht. Der 83-Jährige lebt wie Christa Brandstädter seit 1974 in dem Haus. Er kennt die Flure, Treppen und Räume.

Heizzentrale im Rüppurrer Schloss
Unterwegs in der Heizzentrale: Hans-Martin Schuler überprüft die Geräte. Die Hauptleitung speist über kleinere Rohre verschiedene Teile des Gebäudekomplexes, neben dem Hauptbau unter anderem auch die westlich gelegenen Terrassenhäuser und das IBM-Haus. Foto: Jörg Donecker

Und trotzdem: Beim Aufstieg auf die Dachterrasse steht die kleine Gruppe vor der falschen Tür. „Das ist der Nord-Turm. Wir sollten aber in den Süd-Turm“, sagt Thomas Braun. Sie machen kehrt, laufen das Treppenhaus ein Stockwerk hinab, durch den breiten Flur bis zu einem Aufzug und fahren in eine andere Ebene.

Mit den gelben Markisen über den Balkonen leuchtet das Hochhaus im Sommer bis hin zur Autobahn.
Bernd Schmidt, Vorsitzender des Beirats im Rüppurrer Schloss

Über ein Außentreppenhaus erreicht man eine andere Tür, die sich öffnen lässt. Zweimal scharf ums Eck und die Gruppe steht an der Brüstung im 18. Stock, blickt auf Weiherfeld-Dammerstock hinab. Der Blick reicht nach Westen bis über den Rhein hinweg.

Das riesige Haus strahlt im Sommer gelb wegen seiner Markisen

Auf der anderen Seite blickt der Beobachter auf die Ausläufer des Nordschwarzwalds. Die Autobahn 8 schlängelt sich der Stadt entgegen. Bernd Schmidt berichtet vom Sommer: „Mit den gelben Markisen über den Balkonen leuchtet das Hochhaus im Sommer bis hin zur Autobahn.“

Heute sind die Wohnungen ganz oben vermietet, bei Fertigstellung des Hauses war dort noch ein Schwimmbad für die Bewohner – das lohnte sich irgendwann nicht mehr. Ehemann erinnert sich noch an ein Erdbeben von 1978. „Damals schwappte die Hälfte des Beckeninhalts über den Rand und ergoss sich über die komplette Etage.

Eine Werkbank mit viel Werkzeug.
Tägliche Arbeit: Das Hausmeisterbüro ist gleichzeitig Werkstatt. Uwe Schuler repariert heute ein Schloss – Ersatzteile besorgt er sich aus anderen, ausrangierten Schlössern. Foto: Jörg Donecker

Die Aussicht kennen Hans-Martin und Uwe Schuler nur zu gut. Vater und Sohn sind Hausmeister in dem Gebäudekomplex, Senior Hans-Martin lebt und arbeitet seit 1996 im Rüppurrer Schloss 5, Uwe Schuler seit 2020. „An diesen Anblick habe ich mich gewöhnt.“

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Ohnehin ist kaum Zeit für abschweifende Blicke. „Wir haben ständig etwas abzuarbeiten“, sagt er, als er auf seinem Vormittagsrundgang um das Gebäude die Wege mit dem Greifer säubert. Viel muss er nicht aufsammeln. „Die Bewohner sind ordentlich“, lobt er.

Ein bisschen Improvisation hilft den Hausmeistern

Dachterrasse im 18. Stock des Rüppurrer Schlosses.
Gute Aussicht: Thomas Braun, Bernd Schmidt, Wolfgang Ehemann und Christa Brandstädter stehen auf der Südseite des Wohnkomplexes „Am Rüppurrer Schloss“ und blicken in Richtung Rheinebene. Foto: Holger Keller

Als Besucher glaubt man dieser Aussage sofort. Keine Schmierereien in den Aufzügen, keine Brandlöcher in den Teppichen, keine Zigarettenstummel vor den Eingangstüren. Der Briefkasten, original aus dem Jahr 1974, ist aufgefrischt. Mit den pastellfarbenen Wegführungen in den Fluren und Treppenhäusern aus Sichtbeton ist das Haus sowieso in der Zeit stehengeblieben.

Digitalanzeigen und Monitore in der Hausmeisterkontrollkabine im Foyer holen Moderne in die 70er Jahre. Die Technik ist notwendig. Mit ihr lässt sich beispielsweise mit den Aufzügen telefonieren, falls einer steckenbleiben sollte.

Blick in ein Betontreppenhaus am Rüppurrer Schloss.
Ein Blick nach unten: Ein Treppenhaus am „Rüppurrer Schloss“. Hausmeister Hans-Martin Schuler kennt viele Bewohner, die sich hier mit Joggen fithalten. Foto: Jörg Donecker

Auf neuestem Stand ist auch die Versorgung mit Fernwärme. In der Heizzentrale schaut Hans-Martin Schuler regelmäßig nach dem Rechten, kontrolliert die vielen Anzeigen über den gedämmten Rohren, breit wie Baumstämme.

Auf der anderen Seite des Gebäudes arbeitet Uwe Schuler im Hausmeisterbüro – einem Raum, Werkstatt und Büro gleichermaßen. Auf dem Schreibtisch mit PC herrscht Ordnung, an der gegenüberliegenden Seite des Raums hängen Werkzeuge für die täglichen Arbeiten und Reparaturen.

Uwe Schuler nimmt gerade ein Schloss auseinander. „Ich nehme alte Schlösser, baue die benötigten Teile aus und ersetze damit die defekten Komponenten in dem zu reparierenden Teil“, erklärt er. Ein bisschen improvisieren sollte man können. Die Arbeit geht nie aus. Bei 700 Bewohnern auf 18 Etagen gibt es für die beiden immer etwas zu tun.

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