Gleich mehrfach umdenken musste in den vergangenen Wochen Thomas Abraham. Um während der Corona-Pandemie möglichst vielen Menschen die sichere Teilnahme an einem Weihnachtsgottesdienst zu ermöglichen, hatte der Pfarrer der Evangelischen Stadtkirchen-Gemeinde Durlach eigentlich eine Open-Air-Andacht im Turmbergstadion für maximal 500 Teilnehmer geplant.
Mittlerweile hat Abraham die Stadion-Andacht abgesagt und gemeinsam mit dem Ältestenkreis ein Sicherheitskonzept für mehrere Gottesdienste für jeweils maximal 150 Besucher in der Durlacher Stadtkirche erstellt. „Draußen kommt es viel schneller zu Ansammlungen. Deshalb können Hygienekonzepte in einer Kirche mit festgelegten Sitzplätzen viel besser umgesetzt werden“, sagt Abraham. Sicher ist allerdings noch nichts.
Liegt die 7-Tage-Indzidenz am 21. Dezember im Stadtkreis Karlsruhe über 200, werden sämtliche evangelische Präsenz-Gottesdienste abgesagt. Für die katholischen Kirchengemeinden gibt es keine solche Vorgabe, allerdings wird ebenfalls zur Vorsicht gemahnt. Eine Anmeldung für die Weihnachtsgottesdienste ist auf jeden Fall Pflicht. Und Gemeindegesang ist ebenso wenig erlaubt wie das Zusammenstehen vor den Gotteshäusern.
Kirchengemeinden entwickeln unterschiedliche Konzepte für die Feiertage
Die Vorbereitungen auf Weihnachten treiben die Kirchengemeinden schon seit Wochen um. In einigen Gemeinden wie in Wolfartsweier sind Andachten am Heiligen Abend in Kleingruppen unter freiem Himmel geplant. In Knielingen wird um 15 Uhr das Krippenspiel und der Abendgottesdienst live im Internet übertragen.
Auch bei den anderen katholischen und evangelischen Gemeinden werden Kirchgänger mit virtuellen Andachten bespielt. Eine ökumenische Fernseh-Andacht zelebrieren am Heiligen Abend um 17 Uhr der katholische Stadtdekan Hubert Streckert und sein evangelischer Kollege Thomas Schalla. Wie bereits an Ostern wird der feierliche Gottesdienst aus der Kirche St. Stephan vom regionalen Fernsehsender Baden TV live übertragen.
„Eigentlich brauchen wir eine klare Entscheidung“
„Weihnachten findet auf jeden Fall statt“, sagen Streckert und Schalla. Die besondere Herausforderung sei, die Menschen in dieser schwierigen Zeit auch zu erreichen. „Eigentlich bräuchten wir eine klare Entscheidung und müssten die Gottesdienste absagen“, so Streckert. Aber dafür sei in der katholischen Kirche der Bischof zuständig.
Auch Schalla sieht die geplanten Präsenz-Gottesdienste noch nicht als gesichert an. Noch liegt der Ball bei den Kirchengemeinden. „Aber wenn die Zahlen weiter steigen, und das ist fast absehbar, werden wir eine einheitliche Regelung treffen“, betont der evangelische Stadtdekan Schalla. Einfach sei die Entscheidung für die Kirchen trotzdem nicht, stellen die beiden Stadtdekane klar. Für viele Menschen sei der Besuch eines Gottesdienstes an Weihnachten wichtig. Außerdem müssten die Kirchen in einer Krise zeigen, dass sie für die Menschen da seien.
Für und Wider wird intern diskutiert
Bei den Diskussionen über das Für und Wider von Gottesdiensten mit Besuchern in Kirchen gehen in einigen Ältestenkreisen die Meinungen auseinander. Befürworter sehen in Andachten mit Besuchern ein wichtiges Zeichen für die Gesellschaft, Kritiker in Präsenzveranstaltungen ein falsches Signal. „Einen Gottesdienst für Besucher abzusagen, ist eine schwierige Entscheidung und bricht mir fast das Herz“, sagt Pfarrer Siegfried Weber von der evangelischen Kirchengemeinde in Knielingen.
Allerdings hätten die Mediziner des Städtischen Klinikums im Ältestenrat ein klares Veto gegen größere Menschenansammlungen am Heiligen Abend eingelegt, und deshalb habe er sich dieser Einschätzung angeschlossen, so Weber: „Das Zeichen, das wir setzen, wenn Menschen nach einem solchen Gottesdienst doch noch beieinander stehen und Kinder durcheinander rennen, ist in diesen Zeiten einfach nicht angebracht.“