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Rätsel um alte Aufnahmen

So entstand die Postkarte von den „Karlsruher Briganten“

Eine prominente Dame verhalf fünf Südstadt-Jungs 1910 zu nationaler Berühmtheit. Was es jetzt mit den „Karlsruher Boppele“ auf sich hat.

Karlsruher Mädchen
„Karlsruher Boppele“: Die Aufnahme vermutlich aus dem Jahr 1913 zeigt fünf gut gelaunte Mädchen. Wer aber sind die jungen Damen? Foto: Jürgen Stoll

Dezember 1951: Die BNN veröffentlichen ein Foto, das in der Folge Schlagzeilen macht. „Fünf Karlsruher Briganten werden gesucht“ steht über der Aufnahme, die fünf kleine Jungs zeigt – allesamt barfuß und verschmitzt grinsend.

Die BNN konnten mit Hilfe vieler Leserinnen und Leser das Rätsel um die Postkarte tatsächlich weitgehend lösen. Die Aufnahme mit dem Titel „Karlsruher Briganten“ sorgte übrigens bundesweit für Aufsehen, dazu später mehr.

An all das erinnerte sich nun der Karlsruher Jürgen Stoll, als ihm ein ähnliches Foto (Titel: „Karlsruher Boppele“) aus dem Jahr 1913 in die Hände fiel.

Bild von den „Karlsruher Bopperle“ taucht auf

Darauf sind fünf Mädchen zu sehen, die ebenfalls nebeneinanderstehend fröhlich in die Kamera lachen. „Es wäre interessant zu wissen, ob es noch Leute gibt, welche die jungen Damen kennen“, schrieb Jürgen Stoll in einer E-Mail an die Stadtredaktion.

Wer also sachdienliche Hinweise zu den jungen Damen auf dem Bild machen kann, schreibt bitte an redaktion.karlsruhe@bnn.de. Auch das Foto mit den Jungs stammt aus der Zeit kurz nach der Jahrhundertwende.

Als Briganten werden in Mundart Karlsruher bezeichnet. Über die Lausbuben ist bekannt, dass sie aus der Südstadt kamen. 1951 meldete sich ihr ehemaliger Lehrer, ein Fritz Guckau aus Neureut, und nannte die Namen der Briganten.

Fünf Karlsruher Lausbuben
„Karlsruher Briganten“: Das Postkartenfoto der fünf kecken Südstadt-Jungs wurde später bundesweit berühmt. Foto: Jürgen Stoll

Die BNN machten aus den vielen Zuschriften eine Serie und beschrieben, was aus den Jungs geworden ist. Ernst Sonnenwald beispielsweise, der Brigant ganz links auf der Aufnahme, wurde Hausmeister und Heizer im Badenwerk-Verwaltungsgebäude hinter der Evangelischen Stadtkirche.

Zudem war er ein sehr guter Langstreckenläufer, der bei der „Arbeiter-Olympiade“ 1926 in Frankfurt Sechster über 35 Kilometer wurde.

Wie die Redaktion damals mit Hilfe mehrerer Zeugen und Zeugnisse herausbekam, hatten sich der kleine Ernst und die vier anderen Jungs an einem August-Samstag im Jahr 1910 getroffen, um „Reiwerles“ zu machen.

Am Schlackenplatz beim Vierordtbad suchten sie auch nach ein paar Brocken noch brauchbaren Koks, um sie später in ihren Salzsäckchen nach Hause zu tragen. Auf der Ettlinger Straße passierte eine Kutsche den Schlackeberg.

Sie stoppte, der Kutscher stieg ab und redete den Kindern gut zu, näher zur Kutsche zu kommen. In ihr saß eine feine ältere Dame und lud die fünf Lausbuben zu Kaffee und Kuchen im Stadtgarten-Restaurant ein.

Großherzogin Luise soll das Foto der Brigante veranlasst haben

Danach veranlasste die Dame – vermutlich beim Tiergartenweg, Ecke Ettlinger Straße – das Briganten-Foto. Zuvor flüsterte der Kutscher den fünf Jungs zu, wer sie da gerade eingeladen hatte: die Großherzogin Luise höchstpersönlich.

Albert Engelhardt, der Zweite von links, schämte sich derart seiner schwarzen Füße, dass er sie für das Foto übereinanderstellte. „So dreckich bisch ufs Bild komme“, sagte seine Mutter damals.

Die Großherzogin notierte sich noch im Stadtgarten die Namen der fünf Racker und lud sie und ihre Familien am folgenden Weihnachtsfest zur Bescherung ein.

Außer Prinz Max war auch der kleine Prinz Berthold dabei, der allen die Hand gab. Die kleinen Briganten wurden laut Überlieferung von Kopf bis Fuß eingekleidet, und auch jeder der Angehörigen erhielt ein Präsent.

Wer weiß etwas über das Foto mit den Mädchen?

Das Fotomotiv gelangte dann bundesweit zu Berühmtheit. Es kam in Umlauf und wurde in anderen Städten ebenfalls als Postkarte verkauft.

Hier wurden die „Pforzheimer Seckel“ daraus, dort die „Freiburger Bobbele“, wieder anderswo die „Brusler Holzlumpe“, die „Fünf Haller Dovelich“, die „Bademer Buwe“ (Baden-Baden) und auch die „Kölsche Rabaue“.

Wie das Foto – und durch wen – derart verbreitet wurde, ließ sich damals nicht feststellen. Klar ist, dass das Original tatsächlich in Karlsruhe aufgenommen wurde und der Verleger der Karte ein Ernst Borasch war, der aber schon vor dem Ersten Weltkrieg starb und somit nicht mehr zur Erhellung beitragen konnte.

Borasch steht als Verleger auch auf der Postkarte mit den fünf „Karlsruher Bobbele“. Vielleicht können die BNN-Leser nach all den Jahrzehnten dabei helfen, die Geschichte zum Entstehen der Aufnahme aufzuklären.

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