„Gehen Sie ein paar Schritte weiter und suchen Sie sich ein ruhiges Plätzchen“. Die Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) der Stadt in dunkelblauem Outfit und mit Wollmützen finden verbindliche Worte.
Gerade hat es sich ein Paar am Pizza-Stand gemütlich eingerichtet, um das erstandene dampfende Abendessen an Ort und Stelle zu konsumieren. Das geht natürlich nicht. „Kein Verzehr vor Ort“, machen große Blechschilder deutlich.
Ziel: Luftige Publikumsfrequenz
Es ist kurz nach 18 Uhr, trocken und ziemlich kalt hier auf dem Karlsruher Marktplatz. Unter normalen Umständen wären dies beste Bedingungen für einen stimmungsvollen Adventsabend bei Glühwein, Thüringer und gebrannten Mandeln im Kreis von ausgelassenen Freunden und gut gelaunten Kollegen. Doch Corona hat alles anders gemacht. Speisen und Getränke gibt es allenfalls „to go“, also zum Mitnehmen, wie die zentral platzierten Schilder zu verstehen geben.
„Ein gefühlter Widerspruch“, bringt es Besucher Simone Pastore auf den Punkt. Die Buden wirkten in jeder Hinsicht anziehend, „aber allzu sehr darfst du dich gar nicht anziehen lassen.“ Das Verweilen ist erschwert, jedenfalls fehlen die sonst üblichen Stehtische und angeschraubten Tresen.
An ihnen hatten in den Vorjahren Hundertschaften von Besuchern des Marktes Schupfnudeln, Pizza, Langos und Geistreiches konsumiert. Ein Platz war oft schwer zu kriegen. Jetzt achtet die Obrigkeit auf eine möglichst luftige Publikumsfrequenz.
Käuflein für Disziplin dankbar
Der zuständige Bürgermeister Albert Käuflein setzt anlässlich der Schwerpunktkontrolle auf dem Marktplatz verbindliche Akzente und spekuliert auf die Einsichtsfähigkeit der Leute. Die Menschen freuten sich über die insgesamt von der Stadt möglich gemachten 21 Buden, „und diese Freude wollen wir ihnen erhalten.“ Zugleich seien natürlich auch die Marktbeschicker daran interessiert, dass der Betrieb trotz Corona funktioniere.
Ohne Disziplin gehe das aber nicht. „Ich bin dankbar, dass sich die Allermeisten an die Regeln halten“, sagt der Dezernent. Und stellt das Erfordernis von Disziplin und Gemeinsinn in den großen Zusammenhang: „Die Coronazahlen steigen.“ Blieben sie so hoch, werde dies das Gesundheitssystem alsbald nicht mehr bewältigen können.
Dort, wo es bei der Einhaltung der Regeln erkennbar noch Luft nach oben gibt, helfen die KOD-Mitarbeiter mit freundlichen aber bestimmten Hinweisen auf die Sprünge. „Bitte halten Sie den Abstand ein“, sagen sie dann zum Beispiel. Die meisten der Angesprochenen riskieren weder eine Debatte noch empfindlichere Konsequenzen und bleiben freundlich. Manche bedanken sich auch bei den städtischen Ordnungshütern.
„Es geht auch gar nicht darum, die Leute abzukassieren“, betont Bürgermeister Käuflein. „Wir appellieren an die Vernunft“, ergänzt KOD-Dienstgruppenleiter Dominik Schwind, der am Donnerstag Abend zugleich als Einsatzleiter fungiert.
Polizei musste verwarnen
Tags zuvor, am Mittwoch, war die Lage nicht ganz so entspannt gewesen. Polizeikräfte mussten da auf Friedrichs- und Marktplatz einschreiten, nachdem sich gegen 18.30 Uhr rund 150 bis 180 Personen zusammengefunden hatten. An „baulich bedingten Engstellen“ habe es „bedenkliche Situationen im Abstandsverhalten“ gegeben, berichtet Polizeisprecher Raphael Fiedler. Die Beamten forderten die Gruppen per Lautsprecherdurchsagen auf, die Örtlichkeit zu verlassen.
Nur rund die Hälfte der Menge kam der Aufforderung nach – bei der anschließenden Ansprache gab es auf dem Friedrichsplatz in 92 Fällen Verwarnungen wegen Verstößen gegen das Ansammlungsverbot und das Gebot zum Tragen von Masken. Auf dem Marktplatz gab es laut Polizei 32 Verwarnungen.
Nach Schätzungen der Polizei trugen auf beiden Plätzen rund 80 Prozent der Menschen keine Mund-Nasen-Bedeckung. Stichprobenartig von den BNN befragte Markt- und Friedrichsplatz-Gänger machten unterdessen geltend, dass sie ihrer Maske lediglich während des Speisen- und Getränkekonsums abgelegt hätten.