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Akklimatisierung fehlt

Karlsruher Klimaforscher messen Belastungen: Plötzlich heiß – dieser Juni hat es in sich

Nach dem Stress der zurückliegenden Corona-Wellen schwappt jetzt die erste Hitze-Welle über Karlsruhe. Ein Blick auf die wärmsten Juni-Tage der vergangenen 20 Jahre zeigt: Die Perspektive ist problematisch.

Ein junger Mann springt von einer Schwimmplattform in einen See.
Heiß, heißer, Karlsruhe: Im Sommer 2003 war es mehrfach über 40 Grad heiß. Aktuell ist die erste Hitzewelle da. Foto: Axel Heimken/dpa

In Karlsruhe ist es heiß: „Was wir jetzt hier erleben, ist die erste kurze, intensive Hitzewelle dieses Sommers“, sagt Andreas Fink, Professor am Institut für Meteorologie und Klimaforschung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT).

„Der Spitzenwert in Karlsruhe ist jetzt erreicht, bis Sonntag bleibt es heiß und wird dazu noch schwül“, kündigt Fink an. Aufatmen sei aber absehbar: „Dann ist die Hitze erstmal vorbei.“

Fink ist Fachmann für superheiße Sommertage. Aktuell erforscht er mit verschiedenen Teams Ursachen für die Entwicklung vergangener und zukünftiger extremer Hitzewellen in Deutschland. Die Karlsruher erleben zurzeit zwar „eine natürliche Varietät des Wetters“, sagt der Experte, doch in diesen Junitagen steckt auch ungewöhnlich Belastendes. „In den vergangenen Wochen war es noch kühl, jetzt diese Hitze – das ist kritisch.“

Extreme Hitze in Karlsruhe – so errechnen sich die Werte

Klettert das Thermometer auf den Maximalwert des Tages, ergeben sich die Hitzerekorde, die regelmäßig gemeldet werden. Anders der Mittelwert für jeden Tag: Er errechnet sich aus den 24 Stunden des jeweiligen Datums, weist die Hitzespitze nicht aus, spiegelt aber das Geschehen treffend wider und ist Grundlage für systematische Vergleiche.

Fehlt die Gewöhnung an so große Hitze, ist das für den Organismus schlecht.
Andreas Fink, Klimaforscher

Der Mittelwert für Juni 2021 hat just 20,0 Grad Celsius erreicht, der höchste Mittelwert für den einzelnen Tag wurde am Mittwoch mit 23,8 Grad gemessen. „Fehlt die Gewöhnung an so große Hitze wie jetzt, ohne Chance zur Akklimatisierung, ist das für den menschlichen Organismus schlecht“, sagt Fink. Die Wissenschaftler kennen den Grad dieser Zusatzbelastung: „Das ist messbar.“

Wahrscheinlichkeit für mehr Hitzewellen ist hoch

Messbar ist auch, wie die Zahl der Hitzetage in den vergangenen Jahrzehnten gewachsen ist. Von Hitze sprechen die Forscher bei mehr als 30 Grad im Schatten, extreme Hitze herrscht, wenn 35 Grad Celsius erreicht oder übertroffen sind. „Statistisch haben wir seit 1980 in Karlsruhe eine deutliche Zunahme dieser Hitzetage“, berichtet Fink. Klar ist für ihn: „Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass wir mehr Hitzewellen bekommen und auch mehr extrem heiße Tage.“

Finks Institut auf dem Campus Süd befindet sich zwischen dem Fasanengarten und der Wetterstation auf dem Physikhochhaus. Auf dessen Dach in fast 60 Metern Höhe steht die Wetterstation. Zudem lassen die Forscher Wetterballons steigen. Einem weiteren Aspekt, der für die heiße Stadt Karlsruhe wichtig ist, geht das Team des Projekts „Moses“ seit Mai am Fuß der Schwäbischen Alb nach.

„Uns beschäftigt, wie Feuchtigkeit im Boden und Wasser in den Pflanzen durch Verdunstung Abkühlung bringen“, erklärt Fink. Dafür sind nach diesem Frühjahr, das lange nass und kühl blieb, die Voraussetzungen außergewöhnlich günstig.

Karlsruher Klimaforscher sammeln Daten für eine kühlere Stadt

Die Karlsruher Klimaforscher sammeln mit dem mobilen Observatorium des KIT, Experten anderer Universitäten, des Deutschen Wetterdienstes und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt Daten zu Bodenfeuchte und Vegetation. Parallel messen sie Temperaturen. „Diesen Zusammenhang wollen wir besser verstehen“, sagt Fink.

Auch Hagel und Gewitter haben die Forscher im Blick. Fink warnt: „Das wird in den nächsten Tagen in Karlsruhe auch wieder Thema.“ Sollte der Verdunstungseffekt aus dem Boden und aus Pflanzen spürbar Hitze mildern, wäre das eine große Chance für Städte. Denn Brauchwasser wäre ausreichend vorhanden, um in aufgeheizter Stadtlandschaft Erdreich gezielt zu befeuchten und erquickendes Grün zu bewässern.

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