Karl Wilhelm von Baden-Durlach, dem legendären Stadtgründer und Schloss-Bauherrn, wird der nur scheinbar bescheidene Satz zugeschrieben: „Mir ist lieber, man sagt von mir, ich sei schlecht untergebracht, als wenn man sagen müsste, ich hätte einen großartigen Palast und dafür hohe Schulden.”
Unzweifelhaft steht das von ihm ersonnene Karlsruher Schloss im Zentrum der Stadt; 1715 legte er den Grundstein. Doch auch wenn jeder beim Gedanken an das Begriffspaar Karlsruhe und Schloss an das „badische Versailles” denkt, von dem aus sich die Fächerstraßen radial in die Stadtfläche erstrecken: es gibt und gab noch weitere Schlösser in der badischen Kapitale.
Norbert Huxel fragt nach
„Wie viele Schlösser gibt es im Stadtgebiet Karlsruhe?” Das will BNN-Leser Norbert Huxel wissen. Unter der Rubrik „I hätt do mol e Frog” hat er sich an die Badischen Neuesten Nachrichten gewandt. Norbert Huxel ist 68 Jahre alt, Ur-Karlsruher aus der Südstadt und wohnt heute in Durlach. Schon immer war er historisch interessiert - unter anderem ist er Mitglied im Verein „Treffpunkt Schienennahverkehr”.
Seine Frage ist komplexer als sie auf den ersten Blick scheint: Was ist ein Schloss? Fallen auch frühere Adelssitze darunter, die längst Geschichte sind? Und was ist mit Burgen wie jener auf dem Turmberg? Denn während die Karlsburg im Herzen Durlachs mit einer gewissen historischen Plausibilität als Schloss durchgeht, gilt dies für das Bauwerk auf dem Hausberg nicht ohne Weiteres.
Karlsburg an zentraler Stelle
Volker Steck, promovierter Historiker im Stadtarchiv, weiß Rat. Folgt man seiner Einschätzung, so kommt man überraschenderweise auf eine annähernd zweistellige Zahl von Schlössern, die auf Karlsruher Gemarkung stehen oder einst standen. Neben dem Stadtbild prägenden Zentralgebäude der einstigen Residenzstadt, Schloss Nummer eins also, wäre da etwa das Schloss Gottesaue, das heutige Domizil der Staatlichen Hochschule für Musik und also Schloss zwei.
Es entstand in den Jahren nach 1588 als Baden-Durlach’sches Lustschloss auf dem Gelände des 1094 gegründeten und 1556 säkularisierten Benediktinerklosters Gottesaue.
Straßenbahnfahrern ist zumindest dem Ausdruck nach auch das „Schloss Rüppurr” geläufig, das dritte Schloss im Bunde.. Es wurde erstmals 1380 als „Veste Ryeppuer” erwähnt, war damals also eher eine Burg. Ab Mitte des 15. Jahrhunderts sprechen die Urkunden von einem „Schloss”. Es diente dem Adelsgeschlecht der „Pfauen von Rüppurr” als Wohnstatt.
Heute existiert davon allein die alte Meierei, auch „Rotes Haus” genannt. Dann haben es die Karlsruher noch mit Schloss vier zu tun, dem Jagdschloss Scheibenhardt. Dort, nahe der L605, sind heute Studenten der Kunstakademie tätig. Das Anfang des 18. Jahrhunderts erbaute Schloss diente dem Türkenlouis als Jagdpalais und beherbergte später auch Friederike von Schweden sowie die großherzogliche Witwe Stephanie.
Schloss Mühlburg
In Mühlburg gibt es heute kein Schloss mehr, es hat aber eines gegeben. Das wäre also das fünfte Schloss in unserer Reihe. Im Bereich des jetzigen Lameyplatzes stand das Wasserschloss, zuvor war es eine Burg. Immerhin wurde Mühlburg 1248 erstmals erwähnt, 1670 erhielt es das Stadtrecht. 1565 wählte Markgraf Karl II. von Baden-Durlach die Stätte zur Sommerresidenz, 1689 wurde es im Pfälzischen Erbfolgekrieg zerstört und nicht mehr aufgebaut.
Karl II. war im Übrigen der Erbauer der heute so genannten Karlsburg, die einst Schloss Durlach hieß. Selbiges ist also das sechste Schloss. Am dortigen Prinzessinnenbau ist noch heute eine Wappentafel Karls II. zu finden.
Ruine im Wald
Nicht weit von Durlach entfernt liegt Grötzingen und dort das ehemalige Schloss Augustenburg, Schloss Nummer sieben also. Seit dem 15. Jahrhundert war auch dieser Bau im Besitz der Markgrafen von Baden. Ab 1553 wurde es unter Karl II. unter anderem mit zwei Rundtürmen im Osten ausgebaut. Zurück ins Herz der Stadt. Dort findet sich östlich des Schlossgartens nahe dem heutigen KIT-Gelände das Fasanenschlösschen, was das achte Schloss in dieser Reihe wäre.
Es fungiert heute als Bildungszentrum der Landesforstverwaltung und wird ergänzt durch zwei chinesische Pavillons. Erbaut 1764, dienten die Pavillons als Teehäuschen und später als Studierzimmer für den großherzoglichen Nachwuchs. Im Nymphengarten sind die Relikte des Amalienschlösschens zu besichtigen, Schloss Nummer neun. Friedrich Weinbrenner schuf es einst auf Geheiß von Markgräfin Amalie, der Frau von Erbprinz Karl Ludwig von Baden.
Das als Sommerresidenz vorgesehene Gebäude wurde im Kriegsjahr 1944 bei einem Luftangriff fast komplett zerstört. Fast nichts mehr erhalten ist auch von einer einstigen Burg im Wolfartsweierer Wald. Man erreicht ihren Standort über einen Waldweg, der von der Stelle in Richtung Wolfartsweier abzweigt, an der die Fridtjof-Nansen-Straße auf die Elsa-Brandström-Straße trifft. Letzter Besitzer der Burg war möglicherweise der Ritter Bleich von Waldeck, ein Vasall des Markgrafen von Baden im 15. Jahrhundert. Dagegen ist das Prinz-Max-Palais sehr lebendig.
Zwar errichtete es Josef Durm für den Unternehmer August Schmieder. Nach dessen Tod aber erwarb Prinz Man von Baden das Anwesen. Ob es allerdings als Schloss durchgeht, ist fraglich. Ähnlich verhält es sich mit dem Erbgroßherzoglichen Palais, dem heutigen Bundesgerichtshof, an der Kriegsstraße und mit dem Markgräflich-Hochbergschen Palais am Rondellplatz.
Fragwürdige Fälle
Bliebe noch das Parkschlössle in Durlach, das im eigentlichen Sinn aber kein Schloss ist sondern eher eine Villa im Stil der Gründerzeit. Der Name stammt vom Café-Restaurant Parkschlössle, das im Erdgeschoss des Anwesens 1925 eröffnet wurde. Auch die von 1896 bis 1898 errichtete Hoepfner-Burg in der Haid-und-Neu-Straße geht nur schwerlich als Schloss durch.
Eine Sonderrolle spielt hingegen die Burg Durlach auf dem dortigen Turmberg. Die Anlage stammt aus dem elften Jahrhundert. Errichtet haben sie die Grafen von Hohenberg, auf die 1094 auch die Gründung des Klosters Gottesaues zurückgeht. Aber ein Schloss ist die Burg nicht. Es gäbe nach dieser Rechnung also zehn Schlösser und einstige Schlösser auf Karlsruher Gemarkung. Bis zum Beweis des Gegenteils.