
Gut 16 Jahre ist es her, da zerstörte David Beckham auf einen Schlag die Fußball-Hoffnungen von Oliver Chimbo. Beckham, der Brite, zirkelte einen Freistoß aus rund 25 Metern geradewegs ins Tor der Ecuadorianer.
Für die Südamerikaner war damit die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 gelaufen. „Immerhin waren wir damals das erste Mal überhaupt im Achtelfinale“, rückt Oliver Chimbo die damalige Niederlage zurecht.
Die Freude ist groß
Der Wahl-Badener kommt ursprünglich aus Ecuador; als überregional erfolgreicher Salsa-Tänzer ist er weit über den TSC Astoria hinaus bekannt. Jetzt schlägt das Herz des KIT-Absolventen aber erst einmal für die heimische Nationalmannschaft.
„Laut Statistik hat der Gastgeber bei einer Fußball-WM im Eröffnungsspiel noch nie verloren“, gibt Chimbo zu bedenken. Zusammen mit rund einem Dutzend anderer Karlsruher mit ecuadorianischen Wurzeln hat er es sich im Lokal „La Cage“ in der Blumenstraße gemütlich gemacht, während die in leuchtendes Gelb gehüllten Landsleute auf dem grünen Rasen einen Freistoß ausführen.
Als in der dritten Spielminute das erste Tor fällt, ist der Jubel erheblich im La Cage. Entsprechend groß ist wenig später aber auch die Ernüchterung, als der Treffer wegen Abseitsstellung nicht gewertet wird.
Kalt und düster
Während am Sonntag zum WM-Auftaktspiel die Sonne über Katar lacht, ist es in der Karlsruher Innenstadt bereits zappenduster. Jedenfalls draußen.
In vielen Stuben und in vielen Innenstadt-Lokalen leuchtet zwar anheimelndes Licht – doch keineswegs überall sind die Fernseher eingeschaltet. Zumindest in der City sind es gar ausgesprochen wenige Lokale, in denen die WM auf der Karte steht.
Spaziergänger sind um diese Stunde kaum mehr unterwegs. Eine Ausnahme ist Immaculata Imperiale, die mit ihrem Labrador durch die südliche Waldstraße schlendert. „Die WM interessiert mich diesmal nicht“, winkt sie ab.
Nein, schiebt die gebürtige Italienerin nach, das habe nichts damit zu tun, dass Italien diesmal nicht dabei sein darf beim Kräftemessen der Nationen. Ihr Boykott gelte allein dem Umstand, dass im Gastgeberland keine westliche Freizügigkeit herrsche.
Früher war mehr Lametta
Täuscht der Eindruck, oder ist es so: Bei früheren Fußball-Weltmeisterschaften war deutlich mehr Lametta.
Die Autofahrer hatten Überzieher in den jeweiligen Landesfarben über die Außenspiegel ihrer Wagen gestreift, allenthalben konnte man Trikots sämtlicher teilnehmender Nationalitäten erstehen, es herrschte festliche Ausgelassenheit, es gab Bier im Freien. Und jetzt: Advent und Weihnachtsmarkt stehen vor der Tür, es ist ein bisschen feucht und kühl.
Jetzt den Newsletter für Karlsruhe, Ettlingen und die Hardt abonnieren
Wie geht es weiter mit dem Verkehr und den Baustellen in Karlsruhe? Was wird aus der Wohnungsnot und der Sicherheit in der Innenstadt? Was ist los in der Stadt und was bewegt ihre Bewohner?
Die wichtigsten Infos für Karlsruhe, Ettlingen und die Hardt und exklusive Hintergrundberichte: Das liefert der kostenlose BNN-Newsletter jeden Abend direkt in Ihr Postfach. Jetzt anmelden.
„Eine Fußball-WM braucht eigentlich ein sommerliches Lebensgefühl“, meint Immaculata Imperiale. In den Stuben sitzen derweil die Fans, um den ersten Kick zu erleben. Wer die Heizung aus Kostengründen nicht aufdreht, hüllt sich in eine warme Decke.
Eher wenig Kneipenbetrieb
Die Community der aus Ecuador stammenden Karlsruher ist beachtlich; nach Einschätzung von Fußballfan Oliver Chimbo sind die Ecuadorianer und die Peruaner in Karlsruhe die größten Gruppen aus Südamerika.
Am frühen Sonntagabend sitzt eine etwa 15-köpfige Gruppe von ihnen im La Cage, das ansonsten eher schütter frequentiert ist. Oliver Chimbo ist gut gelaunt – obwohl er seine Ehefrau, wie er sagt, nicht hat überzeugen können, das Auftaktspiel ebenfalls anzuschauen.
Damit weiß sie sich eins mit offensichtlich nicht wenigen Karlsruhern. Denn die typischen Innenstadtkneipen, die in früheren Jahren bei Welt- und Europameisterschaften Epizentren der Schlachtenbummlerei waren, sind am Abend des Auftaktspiels erstaunlich leer. Oliver Chimbo, der Karlsruher aus Ecuador, ist am Ende des Abends trotz allem mit dem Ergebnis nicht unzufrieden.