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Ist Cluster-Wohnen die Zukunft?

Karlsruher Wohnexperte: „Menschen werden künftig mit weniger Wohnraum auskommen müssen“

Ein Wohncoach will Menschen helfen, in einem neuen Lebensabschnitt die passende Wohnung zu finden. Für ihn steht fest: Wohnraum wird knapper.

Wohncoach Bernhard Baldas auf dem Mitmachgarten in Rüppur.
Arbeit fürs Wohnen: Ein Gemeinschaftsgarten, wie er in Rüppurr entsteht, fördert das Zusammenleben im Quartier und trägt damit zur Wohnqualität bei, sagt Wohncoach Bernhard Baldas. Foto: Jörg Donecker

Über 1,4 Hektar groß ist das Areal, auf dem Wohncoach Bernhard Baldas gerade arbeitet. Mit einer Hacke lockert er Erde am Rand des Grundstücks auf. Dort soll der Kompostplatz für den großen Mitmachgarten in Rüppurr entstehen. Was hat das mit Coaching und Wohnen zu tun? Eine ganze Menge, erklärt der Karlsruher.

„Um ein gutes Wohnumfeld zu schaffen, gehört die Quartiersgemeinschaft dazu“, betont er. Auf der Wiese am Holderweg in Rüppurr entstehen Gärten, es sind gemeinsame Aktivitäten geplant. Mitglieder des Vereins Mitmachgarten gestalten und bauen dort schon jetzt. „60 bis 70 Prozent unserer Mitglieder kommen aus benachbarten Stadtteilen“, so Baldas.

Passende Wohnform zu finden ist nicht einfach

„Das Zusammenwachsen zu einer Gemeinschaft ist wesentlicher Teil des Wohnens“, erklärt der Coach. Und nicht nur das. „Neue Formen des Zusammenlebens werden nur funktionieren, wenn sich die Menschen kennen und mögen“, betont er. „Die Menschen werden künftig mit weniger Wohnfläche auskommen müssen.“

Wer nutzt das Angebot des Wohncoachs eigentlich? „Die Menschen kommen mit ihren individuellen Problemen zu mir. Häufig geht es um einen Wohnungswechsel bei Familiengründung oder dem Eintritt ins Rentenalter.“

Baldas spricht mit den Menschen, fragt, wie sie künftig wohnen wollen. Soll es Generationenwohnen sein? Teilt man sich am neuen Wohnort vielleicht eine Wohnung? „Habe ich alles, was ich brauche, und brauche ich alles, was ich habe?“ seien die zentralen Fragen, die es zu klären gelte – vor allem bei älteren Menschen.

Wohnprojekt im Albgrün
Co-Housing in Grünwinkel: „Im Albgrün“ heißt das Projekt, bei dem individueller Wohnraum mit Gemeinschaftsflächen gemischt wird. Das könnte auch künftig gefragt sein, sagt Wohncoach Bernhard Baldas. Foto: Jörg Donecker

Der Karlsruher weiß: Die passende Wohnform findet man normalerweise nicht auf Anhieb. Es braucht eine Weile, um sich über die tatsächlichen Wünsche und Bedürfnisse klar zu werden, sagt er. „Eineinhalb Jahre kann das es dauern, bis eine Entscheidung getroffen ist“, ergänzt er.

Dafür gibt es bei der Wohnwerkstatt Karlsruhe, die er mitgegründet hat, Workshops, Vorträge zu Wohnmodellen, Exkursionen zu Wohnprojekten und Führungen durch Baugebiete.

Cluster-Wohnen bringt auch ein Stück Verzicht mit sich

„Erfahrungsaustausch ist wichtig, um von anderen zu lernen“, sagt Baldas. Probewohnen sei auch nicht ungewöhnlich. „Es gibt gemeinschaftliche Wohnprojekte, die zunächst eine befristete Wohndauer von einem Jahr vereinbaren.“

Dem sogenannten Cluster-Wohnen könnte die Zukunft gehören, erklärt der Coach. Die Menschen leben in kompakten Apartments, haben aber gemeinschaftlich genutzte Bereiche wie Küche oder Gesellschaftsräume. Badezimmer bleiben privat. Das heißt: Die eigene Wohnfläche nimmt im Vergleich zum konventionellen Wohnen ab.

„In Karlsruhe gibt es dafür noch keine Projekte, andernorts ist man weiter.“ Beispielhaft sei dafür der Verein Weitblick-Mehrgenerationenwohnen in Baden-Baden, bei dem Menschen unterschiedlicher Altersgruppen miteinander leben. Getragen wird das Vorhaben von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft in Baden-Baden, der GSE. Ende 2024 ist die Fertigstellung geplant.

Der Karlsruher Architekt Ralf Schuster arbeitet mit Baldas zusammen. Gemeinsam informieren sie auf einer Veranstaltung in der Karlsruher Kulturküche über das Cluster-Wohnen. Für Schuster ist es Teil eines künftigen Wohn-Mixes. „Mainstream wird es nicht werden“, schränkt er ein. Aber die Vorteile sprächen für sich. „Beim Cluster-Wohnen beanspruchen die Bewohner weniger Raum, dafür wird mehr gemeinsamer Platz genutzt.“

Architekt verweist auf Kostenvorteile neuer Wohnformen

Damit ergeben sich auch Kostenvorteile, sagt Schuster. „Die Herstellungs- und Betriebskosten sinken“, betont der Architekt. „In der Schweiz investieren private Träger in solche Wohnprojekte.“ Allerdings sei der dahinterstehende Genossenschaftsgedanke bei den Eidgenossen ausgeprägter als in Deutschland.

Ebenfalls möglich sei das sogenannte Co-Housing. „Jeder hat seinen eigenen Wohnbereich mit Küche und Bad, die separat erschlossen sind. Gemeinschaftlich genutzte Bereiche wie Werkstätten oder Freizeiträume ergänzen das Angebot“, sagt Baldas. Die Siedlung Albgrün in Karlsruhe-Grünwinkel sei ein Beispiel dafür.

Dass sich etwas am Wohnen der Menschen ändern sollte, steht für Baldas fest. Nachhaltiger und ressourcenschonender sollte es sein. Das kann mit einem gemeinsam genutzten Garten wie in Rüppurr beginnen.

Veranstaltungen für das Zusammenwohnen

Tag der offenen Wiese auf dem Gelände des Mitmach-Gartens am östlichen Holderweg in Rüppurr am Samstag, 22. April, von 11 bis 17 Uhr. Weitere Informationen unter www.bernhardbaldas.de

Bernhard Baldas und Ralf Schuster informieren über das Cluster-Wohnen, am 11. Mai, in der Karlsruher Kulturküche, ab 19 Uhr. Anmeldung über https://www.eeb-karlsruhe.de/veranstaltungen-2/anmeldung/anmeldeformular/

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