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Rundgang durch die Großstadt

Wollmütze und Eis: So erleben die Karlsruher den Übergang in den Herbst

In den Karlsruher Cafés sieht man derzeit Leute mit Flipflops ebenso sitzen wie Herrschaften mit Lammfelljacke und Wollmütze. Welchen Reim machen sich die Leute auf den Übergang von der warmen zur kalten Jahreszeit?

Menschen sitzen mit T-Shirt und Wollmütze in Karlsruhe.
T-Shirt und Wollmütze: Am Ludwigsplatz lassen Mira, Markus, Melanie, Lisa und Laura (von links) die Woche kulinarisch ausklingen. Foto: Jörg Donecker

Auf der Rundbank am Berliner Platz liegt Adrian van Laak der Länge nach ausgestreckt und blinzelt in die Sonne. Seine Stiefel hat er abgestreift und unter der Bank startklar platziert. Sein Rucksack dient als Kopfkissen, die fadenscheinige Daunenjacke fungierte erst als Decke. Jetzt ist es dafür aber zu warm. „Wenn ich eine Sonnenbrille hätte, würde ich sie jetzt aufsetzen“, sagt der Mann ohne festen Wohnsitz.

Unentschlossene Jahreszeit auch in Karlsruhe

Soeben hat kalendarisch der Herbst begonnen. Van Laak ist das sehr bewusst. „Nachts ist es jetzt draußen schon ziemlich kalt“, hat der Niederländer festgestellt. Aber zur Mittagsstunde – „da ist es ziemlich warm“. Auf dem Freisitz des Cafés Böckeler am Marktplatz lässt sich diese Unentschlossenheit der Jahreszeit trefflich studieren.

Da sitzen Herrschaften mit Wollmantel und Schal neben Kaffeetrinkern, die nur T-Shirt tragen. „Noch rasch die letzten Sonnenstrahlen aufsaugen“, kommentiert Sandra Schmölling ihre in diesem Moment ziemlich komfortable Lage. Die Karlsruhe-Touristin Tiny Borsoom steht unterdessen mit ihrem Mann vor dem Schloss – er in T-Shirt, sie in kurzer Hose. „Nein, wir frieren nicht“, sagt sie. „Wir sind ja noch im Sommerurlaub.“ Na dann.

Eis-Schlotzer in der Kaiserstraße auf der Zielgeraden

Auf dem Freisitz des Eiscafés Cortina in der Kaiserstraße räkeln sich zwei jugendliche Pistazien- und Zitronensorbet-Schlotzer in der Sonne. „Eis geht immer“, erklärt grinsend Amir. Sein Kumpel Osman stimmt zu. Dass Eiscafés über die kalten Monate gemeinhin schließen, können die jungen Herren so überhaupt nicht verstehen.

Hoch „Stefan“ biegt ab

Herbstbeginn – „Für uns ist dieses Datum schon wichtig“, sagt Johannes Graf. Er ist als Meteorologe beim Wetter-Dienstleister Q.met beschäftigt, von dem auch die BNN ihre Vorhersagen beziehen. „In meteorologischer Hinsicht“, sagt Graf, „hat der Herbst aber bereits am 1. September begonnen.“ Den Karlsruhern rät er, das aktuelle freundliche Wetter möglichst zu genießen. Denn seinen Erkenntnissen zufolge zieht das Hoch „Stefan“ alsbald Richtung Südosten ab. Und dann kommt wechselhafte Witterung auf die Baden-Metropole zu.

Jogging mit langen Trainingsklamotten im Hardtwald

Hoher Luftdruck, wie ihn „Stefan“ mitgebracht hat, ist immer gut für knackig kühl startende Tage, die über Mittag dann aber doch beachtlich warm werden können. Denn wenn es wenig Wolken gibt, kann die kalte Luft leicht absinken. Und sich abkühlen bis hin zum Bodenfrost.

Sportskanonen wie Andrzej Stanossek können ein Lied davon singen. Zwischen 6 und 7 Uhr in der Früh schnürt der Student viermal pro Woche die Laufschuhe und joggt eine Stunde vom Klosterweg aus durch den Hardtwald. Lange Trainingsklamotten seien da unabdingbar, sagt der Student.

Warme Sachen sind gefragt

Dass es kühler wird, merken sie längst auch im „Kashka“, dem Second-Hand-Laden des Diakonischen Werks in der Karlstraße. „Die Leute fragen immer mehr nach warmen Sachen“, berichtet die gute Seele des Hauses. „Warme Sachen sind schon im Fokus“, bestätigt auch eine der Fachkräfte im Modehaus Peek & Cloppenburg (P&C). Doch sommerliche sind es dort auch. Schließlich tobt hier der große „Sale“. Nur noch drei Wochen, dann fällt bei P&C der Vorhang. Abriss und Neubau sind dann angesagt.

Wen es jetzt nicht zur Schnäppchenjagd zieht, der genießt den Übergang zur kalten Jahreszeit vielleicht im Botanischen Garten. Im späten Herbst, so kündigt die Organisation der Staatlichen Schlösser und Gärten an, hat der Ginkgo seinen großen Auftritt: Wenn die meisten anderen Bäume ihr Laubwerk längst abgeworfen haben, färben sich die Ginkgo-Blätter gelb.

Holz ist schwer zu kriegen

Dann werden die allermeisten Karlsruher wohl auch nicht mehr um die heimische Heizung herumkommen – Energiekrise hin, Gaspreise her. Wer kann, weicht in der herbstlichen Übergangszeit zum Winter auf Holz als Brennstoff aus. Aber auch hier tun sich Lieferengpässe auf. Holzhändler wie Mantz & Mantz in der Durmersheimer Straße haben gegenwärtig keine Scheite mehr im Angebot. Statt ihrer sind Holzbriketts zu haben. Sie werden aus Resthölzern hergestellt und unter hohem Druck gepresst.

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