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Ärger wegen Angebots für Flüchtlinge

Zurückgehende Lieferungen und Neidkultur machen der Karlsruher Tafel zu schaffen

Für die Karlsruher Tafel ist die Lage schwieriger geworden. Sie bekommt weniger Lebensmittelspenden. Und nun kommt eine weitere Herausforderung hinzu: Ärger über das kostenlose Angebot für Flüchtlinge belastet die Mitarbeiter.

Verena Scholl (Mitte) und Ursula Höhn (rechts daneben) mit Mitarbeitenden der Karlsruher Tafel e.V.
Eingespieltes Team: Verena Scholl (Mitte) und Ursula Höhn (rechts) mit Mitarbeitenden der Karlsruher Tafel Foto: Winfried Heck

Vor dem Eingang des Tafelladens in der Nördlichen Uferstraße im Karlsruher Rheinhafen hat sich eine kleine Schlange gebildet. So wie jeden Tag. Geduldig warten Menschen darauf, dass sie in das Geschäft der Karlsruher Tafel hinein gelassen werden, wo sie sich mit Lebensmitteln versorgen können. Kunde werden kann hier nur, wer nachweislich bedürftig ist.

Zwei Euro müssen gleich am Eingang bezahlt werden, anschließend dürfen die Kunden aussuchen, was sie benötigen. „Natürlich in Grenzen“, sagt Verena Scholl, die im Sommer vergangenen Jahres zur ersten Vorsitzenden gewählt wurde. Sie übernahm damit „ein blühendes Unternehmen“, wie sie lachend erzählt. Familien bekommen mehr als Einzelpersonen, Schokolade gibt es für Kinder und manchmal Blumen für die Frauen. „Das ist gut für die Seele“, sagt Scholl.

Über den Tresen geht beispielsweise nur, was die Mitarbeitenden selbst essen würden. „Unsere Kunden müssen spüren, dass sie hier respektiert werden“, nennt die stellvertretende Vorsitzende Ursula Höhn den ehernen Grundsatz. Sie hat den Verein ab 1996 aus dem Nichts aufgebaut und stand gut zwei Jahrzehnte lang an dessen Spitze.

Die Würde des Menschen sei wichtig. Ehrenamtliche, zumeist Menschen mit Lebenserfahrung und viel Empathie, haben durchaus ein Gespür dafür entwickelt, wer mehr und wer eventuell weniger benötigt. Manchmal gibt es deswegen auch Ärger. „Wieso bekommen die zwei Päckchen Margarine und ich nur eines?“, heißt es dann.

Die Neidkultur ist leider überall zu Hause.
Verena Scholl, Vorsitzende

Kritik statt Dank für Menschen, die sich engagieren. „Die Neidkultur ist leider überall zu Hause“, spricht Scholl aus Erfahrung. Ein Trend, der sich aktuell noch verstärkt, denn inzwischen kommen auch Flüchtlinge aus der Ukraine am Tafelladen an und bei ihnen wird momentan auf den am Eingang zu bezahlenden Obolus verzichtet. „Diese Menschen haben schlichtweg gar nichts mehr“, erklärt Höhn den Gedanken dahinter.

Sobald die Flüchtlinge registriert sind und staatliche Unterstützung bekommen, werden auch sie die zwei Euro am Eingang bezahlen müssen. Doch im Moment zählt nur die schnelle, unkomplizierte Hilfe. Denn auch bei Flüchtlingen geht es um Würde und um Schamgrenzen, die überwunden werden müssen.

Ärger über Flüchtlinge belastet die Mitarbeiter der Karlsruher Tafel

Dass sich manche darüber ärgern, wenn Flüchtlinge momentan gar nichts bezahlen müssen, belastet die Mitarbeitenden durchaus, zumal die Zeiten ohnehin nicht einfach sind.

„Es ist für uns schwieriger geworden“, sagt Scholl. Die Geschäfte kalkulieren seit Beginn der Corona-Pandemie vorsichtiger und folglich bleibt auch weniger für die Tafeln übrig. Hinzu kommen jetzt auch die Hamsterkäufe wieder. Tafelläden, die normalerweise vom Überfluss in der Konsumgesellschaft profitieren, stehen nun mal am Ende der Nahrungskette.

Erfreulich ist immerhin, dass die Bereitschaft, sich in einem der Tafelläden zu engagieren, weiterhin sehr groß ist. Rund 90 Ehrenamtliche sind es beim Verein Karlsruher Tafel derzeit – allerdings fehlen Fahrer. Männer vor allem, die morgens die diversen Geschäfte anfahren und die Waren einladen. Ein echter Knochenjob, sagt Scholl. Verstärkung ist hochwillkommen.

Schön wäre es auch, wenn sich weitere Geschäfte melden würden, die ihre nicht verkauften Waren den Tafelläden überlassen. „Im Moment fehlt es praktisch an allem, ganz besonders an haltbaren Lebensmitteln“, beschreibt Höhn die schwierige Situation. Auch mehr Hygieneartikel und Putzmittel, wie sie ab und zu von dm-Märkten bereitgestellt werden, wären sehr hilfreich.

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