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Mali und Burkina Faso

Zwiebeln statt Waffen: Wie sich Karlsruher Helfer in Afrika gegen den Krieg stemmen

Nach Mali nimmt Russland auch das Nachbarland Burkina Faso ins Visier. Experten und Hilfsorganisationen aus der Region Karlsruhe schlagen Alarm. Was hat Wladimir Putin in Westafrika vor?

Anhänger von Hauptmann Traore jubeln mit russischen Fahnen in den Straßen von Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou.
Grüße nach Moskau: Putschisten jubeln mit russischen Fahnen in den Straßen von Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou. Foto: Kilayé Bationo/AP/dpa

Putschisten an der Macht: Was in Deutschland eine Reichsbürger-Fantasie blieb, ist in Burkina Faso blutige Realität. Zwei Staatsstreiche gab es dieses Jahr in dem westafrikanischen Land. Seit September werden die 21 Millionen Einwohner von Ibrahima Traoré regiert. Der 34-Jährige ist derzeit das jüngste Staatsoberhaupt der Welt.

Beobachtern zufolge hängt die Instabilität im Land, ähnlich wie in Mali, nicht nur mit der Bedrohung durch islamistische Rebellen, sondern auch mit gezielter Stimmungsmache zusammen, insbesondere gegen die früheren französischen Kolonialherren. Der zuletzt weggeputschte Präsident hatte noch in Frankreich studiert.

Langjährige Burkina-Kenner sind besorgt. Jürgen Wacker, ehemaliger Chefarzt der Frauenklinik Bruchsal, kommt seit mehr als 30 Jahren in das Land, das er einst im Rahmen des Deutschen Entwicklungsdienstes kennenlernte.

Wenige Wochen nach dem Putsch reiste der 67-Jährige in die Hauptstadt Ouagadougou, wo er mit Spenden ein Hospital betreibt. Wacker sagt: „Anders als sonst waren im Flugzeug kaum noch Menschen mit weißer Hautfarbe.“ Zieht sich der Westen zurück?

Russische Kampagnen gegen den Westen in Afrika

Neben dem in Afrika omnipräsenten China zeigt Russland verstärktes Engagement. Als sich Traoré an die Macht putschte, feierten Anhänger mit russischen Fahnen. Ulf Laessing arbeitet für die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) als Leiter des Regionalprogramms Sahel. Er konstatiert: „Russische Kampagnen in den sozialen Medien haben dem jüngsten Machtwechsel wohl den Boden bereitet.“ In jüngster Zeit seien zudem Kampagnen gegen die Europäische Union zu beobachten.

Wir dürfen die Sahel-Region nicht Putin überlassen.
Christoph Hoffmann, FDP-Bundestagsabgeordneter

Welche Ziele verfolgt Putin? Für den Kreml sei Burkina Faso schon deshalb interessant, weil man so nach Mali ein weiteres ehemals pro-westliches Land in seinen Einflussbereich holen könne, sagt Laessing. In Mali regieren schon seit 2021 russlandfreundliche Militärs. Zuletzt hatte es wiederholt Auseinandersetzungen mit der dortigen UN-Mission Minusma gegeben. Frankreich und andere Staaten zogen ihre UN-Truppen bereits ab. Der Bundeswehr-Abzug ist bis 2024 beschlossen. Die Hilfsmission, die Mali im Kampf gegen Dschihadisten unterstützten sollte, droht spektakulär zu scheitern.

Russische Firma und russische Söldner?

Kritiker sehen ein Vakuum, das Russland füllen könnte. Der südbadische Abgeordnete Christoph Hoffmann und Afrika-Experte der FDP-Bundestagsfraktion warnt: „Wir dürfen die Sahel-Zone nicht Putins Schergen und den Islamisten überlassen.“

Beobachter sind sich sicher, dass der Kreml den Afrikanern Unterstützung anbietet: Militärhilfe gegen Rohstoffe. Anders als Berlin hat Moskau keine Bedenken, den Sahel-Regierungen Waffen zu liefern. Inwieweit das in Burkina bereits der Fall ist, sei derzeit schwierig zu beurteilen. Dass dort aber russische Bergbauunternehmen expandieren, sei kein gutes Zeichen. Eine Firma namens Nordgold hat kürzlich eine weitere Goldmine übernommen. Das habe Spekulationen befeuert, dass damit für russische Militärhilfen bezahlt werden könnte.

Den Leuten wird erzählt, der Westen sei Schuld.
Jürgen Wacker, Burkina-Faso-Kenner

Derweil werden die Lebensbedingungen schlechter. Aufgrund der Aufstände im Norden wird bereits von mehr als zwei Millionen Binnenflüchtlingen in der Region ausgegangen. Zudem steigen infolge des Ukraine-Krieges auch in Westafrika die Lebenshaltungskosten. „Die Preise gehen nach oben. Und den Leuten wird erzählt, die Europäer hätten Schuld daran, dass es zu wenig Nahrungsmittel gibt“, berichtet der Arzt Wacker, der unter anderem für die gynäkologische Ausbildung den Verein „Menschen für Frauen“ gegründet hat.

Mit einem Zwiebellager gegen Fluchtursachen

Eine andere mit Burkina Faso eng verbundene Organisation ist der „Konvoi der Hoffnung“, der unter anderem in Karlsruhe und Oberhausen-Rheinhausen Ortsvereine betreibt. Warum die Sahelzone Europa nicht egal sein sollte, kann der Vorsitzende Manfred Rölleke erklären: „Wir müssen die Fluchtursachen bekämpfen.“ Sein Verein setzt auf Hilfe zur Selbsthilfe.

In Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ist aktuell ein Agrarprojekt geplant. Ein Zwiebellager und ein Schullehrgarten sollen etwa Lagerhaltung, Tropfbewässerung und den Einsatz von Solarenergie vermitteln. Rölleke sagt: „Noch wird unsere Arbeit von den neuen Machthabern akzeptiert.“

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