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„Mary & Claire“

Karlsruher Autor Markus Orths schreibt über Frankenstein-Erfinderin Mary Shelley

Der Karlsruher Autor Markus Orths hat einen historischen Roman über die Frankenstein-Erfinderin Mary Shelley geschrieben. Der Fokus von „Mary & Claire“ liegt sehr auf dem Liebesleben von vier Menschen.

Der Karlsruher Autor Markus Orths
Einen Roman aus Frauenperspektive hat der Karlsruher Autor Markus Orths mit seinem neuen Buch „Mary & Claire“ geschrieben. Foto: Peter-Andreas Hassiepen

Was für ein Leben! Sie badeten geradezu in Skandalen: Mary Shelley, Claire Clairmont, Percy Bysshe Shelly und George Byron schrieben Literaturgeschichte – und waren in halb Europa des beginnenden 19. Jahrhunderts verrufen.

Dabei kamen sie aus anerkannten Familien: Der Vater von Mary und Stiefvater von Claire Clairmont, William Godwin, war ein bekannter Autor und Philosoph, der allerdings als Begründer des politischen Anarchismus gesellschaftlich aneckte. Marys Mutter war die Schriftstellerin Mary Wollstonecraft, die mit „Verteidigung der Rechte der Frau“ eines der ersten feministischen Bücher schrieb, Percy Bysshe Shelley war der Sohn eines reichen Adeligen, George Byron gar Baron und der berühmteste Autor seiner Zeit.

Über dieses Quartett hat jetzt der Karlsruher Autor Markus Orths einen historischen Roman geschrieben. Es ist nicht sein erster: Schon 2005 erzählte er von Catalina, einer Frau aus dem 17. Jahrhundert, die als Mann leben wollte.

Bekannt wurde der 1969 geborene Orths, der Romanistik, Englisch und Philosophie in Freiburg studierte und danach Lehrer war, durch seinen satirischen Roman „Lehrerzimmer“. Es folgten 15 weitere, oft humorvolle Bücher und zehn Kinderbücher sowie zahlreiche Auszeichnungen, darunter zwei Poetikdozenturen. Sein Roman „Das Zimmermädchen“ ist sogar verfilmt worden.

Karlsruher Autor Markus Orths feiert fast hymnisch die Rolle der Literatur

„Mary & Claire“ erscheint beim renommierten Hanser-Verlag, bei dem Orths bereits zwei Romane über Künstlerfiguren veröffentlicht hat: „Max“ (2017) handelt von dem Maler Max Ernst, „Picknick im Dunkeln“ (2020) ist die Fantasie einer Begegnung des mittelalterlichen Philosophen Thomas von Aquin mit dem Stummfilm-Komiker Stan Laurel.

In seinem neuen Roman erzählt er von überschwänglichen Gefühlen, sexuellen Ausschweifungen und komplizierten Liebesgeschichten: Mary und Percy Shelley verlieben sich 1814, als sie 17 Jahre alt und er noch verheiratet ist, und sie geben ihrer Leidenschaft nach.

Markus Orths: Mary & Claire. Hanser Verlag, 304 Seiten, 26 Euro.

Marys Stiefschwester Claire verliebt sich erst in Shelley, später in Byron, dem sie sich durch ständige Briefe aufdrängt, bis der nachgibt und mit ihr eine Affäre beginnt. Um der gesellschaftlichen Ächtung in London zu entkommen, fliehen Mary, Claire und Shelley auf den Kontinent.

Am Genfer See treffen sie 1816 Byron und seinen Leibarzt John Polidori, und es kommt zu einer folgenschweren Nacht, nach der Polidori die erste Vampirgeschichte der westlichen Literatur schreibt und Mary Shelley den Roman „Frankenstein oder Der moderne Prometheus“.

Orths spricht viele Themen in seinem Roman an: die unfreie Gesellschaft, die gezwungene Unterordnung der Frau, die Erfindung des englischen Schauerromans, die bis heute in allen Medien nachwirkt, und die überlebenswichtige Rolle der Literatur. Diese feiert Orths fast hymnisch, vor allem wenn er von Claire Clairmont erzählt.

Fokus des Romans „Mary & Claire“ liegt leider etwas zu sehr auf dem Liebesleben

Der Fokus seines Romans liegt über weite Strecken aber leider etwas zu sehr auf dem exaltierten Liebesleben der vier. Um die Leerstellen der Forschung zu füllen, die er genau studiert hat, imaginiert sich der Autor in viele Situationen hinein, vor allem in die Gefühlsaufwallungen seiner Heldinnen, aus deren Perspektive er schreibt und in die er sich sehr intensiv versetzt, wenn er von Liebe, Sehnsucht, dem Tod aller ihrer Kinder und den vielen düsteren Fantasien erzählt.

Buchcover Markus Orths „Mary & Claire“.
Markus Orths: Mary & Claire. Hanser Verlag, 304 Seiten, 26 Eur Foto: Hanser Verlag

Problematisch ist allerdings, dass der Roman stilistisch zu wenig variiert und über weite Strecken selbst im romantisch übertriebenen und oft manierierten Stil gehalten ist. Erst am Ende weitet sich das ein wenig, und man erfährt, wie in einem Nachklapp, auch etwas Genaueres über Mary Wollstonecrafts Feminismus und den Frankenstein-Roman. Sehr geschickt knüpft Orths dabei an den Anfang an, indem Mary Shelley mit ihrer toten Mutter und den vielen anderen Toten spricht, die sie überlebt hat.

Service

Am Dienstag, 28. Februar, stellt Markus Orths seinen Roman bei einer Lesung im Prinz-Max-Palais Karlsruhe, Karlstraße 16, vor. Die Veranstaltung der Literarischen Gesellschaft beginnt um 19 Uhr.

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