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Handball statt Urlaub

Karlsruher Handballer überraschend bei der EM dabei

Der Karlsruher David Schmidt ist die Überraschung im deutschen Kader für die Handball-EM. Bis vor wenigen Wochen glaubte Schmidt noch, in dieser Zeit Urlaub machen zu können. Sein Glück wurde erst durch das Pech anderer möglich.

Alles im Griff: Der 26 Jahre alte Karlsruher soll im rechten Rückraum für Impulse sorgen.
Alles im Griff: Der 26 Jahre alte Karlsruher soll im rechten Rückraum für Impulse sorgen. Foto: imago

Der gebürtige Karlsruher David Schmidt ist die Überraschung im deutschen Kader für die Handball-EM in Norwegen, Schweden und Österreich. Bis vor wenigen Wochen glaubte Schmidt noch, in dieser Zeit Urlaub machen zu können. Sein Glück wurde erst durch das Pech anderer möglich.

Von unserem Mitarbeiter Michael Wilkening

Wie gut, dass David Schmidt nicht der einzige Spieler vom TVB Stuttgart im Kader der deutschen Nationalmannschaft ist, und – noch besser – gut, dass Johannes Bitter einer seiner Clubkollegen ist. Der Torhüter hat zwar lange nicht mehr für die Auswahl des Deutschen Handballbundes gespielt, aber im Grunde schon alles erlebt.

Ganz anders ist das bei Schmidt, der am vergangenen Samstag sein erstes Länderspiel bestritt, und am Donnerstag (18.15 Uhr/ZDF) direkt die große Bühne bestritt. Der gebürtige Karlsruher, der in der Jugend für die HSG Ettlingen-Bruchhausen spielte, wird bei der Europameisterschaft vor dem Spiel gegen die Niederländer die Nationalhymne singen und anschließend auf dem Feld stehen.

Medaillenjagd statt Urlaub

So etwas kann zur Belastung werden, doch Bitter will dafür sorgen, dass Schmidt nicht vor Ehrfurcht erstarrt. „Ich habe ihm vor dem Spiel in Mannheim gesagt, dass er sich keine Sorgen machen und ganz unbekümmert spielen soll, weil die Gegenspieler bei Länderspielen nicht stärker sind als in der Bundesliga. Oder die, gegen die er jeden Tag im Training antritt.“

Bitter soll nach seinem überraschenden Comeback in den nächsten Wochen nicht nur der Rückhalt im Tor sein, sondern wird von den Kollegen liebevoll „Papa“ genannt. Für Schmidt trifft das sogar ein bisschen zu. „Natürlich hilft mir Jogi und es ist gut für mich, dass er auch dabei ist“, sagt Schmidt. Der Mann aus dem rechten Rückraum ist der Überraschungsgast im Kader der deutschen Handballer, die bei der EM eine Medaille gewinnen wollen. Bis vor wenigen Wochen glaubte Schmidt noch daran, in dieser Zeit Urlaub machen zu können.

Glück durch das Pech anderer

Daraus ist nichts geworden und der 26-Jährige weiß, dass sein Glück erst durch das Pech anderer möglich wurde. Fabian Wiede und Steffen Weinhold, zwei etablierte Linkshänder im deutschen Rückraum, hatten ihre EM-Teilnahme bereits frühzeitig verletzungsbedingt abgesagt. Kurz vor Silvester folgte mit Franz Semper aus Leipzig der dritte Halbrechte, der verzichten musste, sodass aus Notnagel Schmidt plötzlich ein EM-Teilnehmer geworden ist.

„Es tut mir sehr leid für Franz“, sagt Schmidt mit Blick auf den erkrankten Kollegen, hat sich aber längst darauf fokussiert, seine unerwartete Aufgabe zu meistern. „Ich werde der Mannschaft helfen, und ich werde mich reinhängen“, erklärt der „Neue“ im Kreis der Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB): „Ich bin hier total gut aufgenommen worden und fühle mich wohl.“

Gemeinsam mit dem etablierten Kai Häfner soll er Impulse im rechten Rückraum sorgen und deutete seine Qualitäten in den Testspielen gegen Island und in Österreich an. In der Bundesliga hat er in der laufenden Saison 71 Tore erzielt, zehn davon unmittelbar vor Silvester bei der knappen 32:33-Niederlage der Stuttgarter gegen die Füchse Berlin. Schmidt ist also in Form. „Ich hoffe, dass David die im Verein gezeigten Leistungen im Nationalteam bestätigen kann“, sagt Bundestrainer Christian Prokop, der am Mittwoch noch Kreisläufer Johannes Golla aus dem finalen Kader strich.

Parallel BWL-Studium

Wenn man so will ist Schmidt, der parallel zum Handball Betriebswirtschaftslehre studiert, nicht nur Beleg für die Personalnot im Rückraum der deutschen Mannschaft, sondern darüber hinaus für den Erfolg von Beharrlichkeit. Der Karlsruher arbeitete stetig an sich, wurde so zunächst zum Bundesligaspieler, später zum Leistungsträger und landete schließlich in der Nationalmannschaft.

Nachdem Schmidt das Nachwuchsprogramm bei den Rhein-Neckar Löwen durchlaufen hatte, es anschließend aber nur zu einer Handvoll Einsätze bei dem Spitzenteam reichte, wechselte er 2015 in die Zweite Liga zu den Eulen Ludwigshafen. Mit diesen stieg er in die Bundesliga auf, wechselte 2018 aber zum TVB Stuttgart, wo er sich in der Ersten Liga etablierte. Im kommenden Sommer geht der stetige Aufstieg weiter, dann möchte er beim Bergischen HC vorankommen. Unauffällig, aber stetig, hat sich Schmidt so in den Fokus von Prokop gespielt.

Vielleicht wird aus dem Notnagel im Nationalteam noch eine Stammkraft – mit einer starken Leistung beim Auftakt gegen die Niederlande könnte er auf dem Weg dahin in Schmidt-Manier einen kleinen Schritt vorankommen.

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