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Corona-Krise

Karlsruher Nachtleben sammelt Spenden - mit unterschiedlichem Erfolg

Über Crowdfunding-Kampagnen versuchen einige Karlsruher Unternehmen in der Corona-Krise, ein wenig Geld in die Kasse zu bekommen. Sie haben dabei ganz unterschiedliche Hoffnungen - und unterschiedlichen Erfolg. Entscheidend ist meist der persönliche Bezug zu den Kunden.

Konstante im Clubhaus: Seit 35 Jahren betreibt Konstantinos Rentzelas mit seiner Familie das Vereinsrestaurant des SVK Beiertheim. Seine Kinder haben ihn überredet, in der Not um Spenden zu bitten.
Konstante im Clubhaus: Seit 35 Jahren betreibt Konstantinos Rentzelas mit seiner Familie das Vereinsrestaurant des SVK Beiertheim. Seine Kinder haben ihn überredet, in der Not um Spenden zu bitten. Foto: jodo

Bei Familie Rentzelas ist in den vergangenen Tagen trotz Corona-Krise ein kleines bisschen Feierlaune eingekehrt. Seit 35 Jahren betreibt sie das Vereinsrestaurant des SVK Beiertheim – und in dieser Zeit hat sie sich offenbar eine große Fanbasis aufgebaut. Um die Schließzeit zu überstehen, hatte das „Kostas“ vor einigen Wochen via Online-Plattform zu Spenden aufgerufen. 13.000 Euro kamen bis Donnerstag zusammen.

„Damit haben wir wirklich nicht gerechnet“, sagt Restaurant-Leiterin Natalie Rentzelas. Einen ähnlichen Weg haben in den vergangenen Wochen mehrere Karlsruher Unternehmen gewählt, allerdings mit völlig unterschiedlichem Erfolg.

Profitieren vom persönlichen Bezug zu Kunden

„Ich glaube, wir haben einfach einen sehr persönlichen Bezug zu unseren Gästen“, sagt Christian Bundschuh, der Geschäftsführer der Alten Hackerei. Unter den Karlsruher Spendensammlern war er einer der erfolgreichsten. 10.000 Euro wollte Bundschuh über das Portal GoFundMe.com zusammenbekommen – fast 16.000 sind es geworden.

„Das ist echt irre. Es haben sogar Bands gespendet, die mal bei uns gespielt haben“, erzählt er. Große Sprünge lassen sich davon allerdings nicht machen. Ähnlich wie die Soforthilfe fließe ein Großteil des Geldes in Fixkosten. Wann die Alte Hackerei mit Konzerten und Partys wieder Geld verdienen kann, weiß heute noch niemand.

Skeptischer Blick auf die Gastro-Öffnung

Von der ab Montag geltenden Lockerung für die Gastronomie profitiert auch die Alte Hackerei durch ihren Biergarten. Ob das eher eine Chance oder ein Risiko ist, will Bundschuh nicht beurteilen. „Es ist eine gefährliche Phase“, sagt er.

Bisher hatte er die Kosten minimiert, wo es möglich war. Die fünf Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Geht es nun wieder los, steigen auch die Ausgaben. Ob genug Kunden kommen, will man in der Alten Hackerei erst mal abwarten. Deshalb soll der Betrieb erst am kommenden Wochenende starten.

Andere haben weniger Erfolg beim Spendensammeln

So erfolgreich wie die Alte Hackerei sind allerdings die wenigsten Mitglieder des Karlsruher Nachtlebens beim Spenden sammeln. Die Discothek „En Vogue“ hatte ebenso 10.000 Euro als Ziel ausgegeben. Bis Donnerstag ist kein Cent auf dem Konto eingegangen.

„Viele denken wahrscheinlich, dass Clubbesitzer mit Goldkettchen rumrennen und das Geld nicht nötig haben“, spekuliert Betreiber Florian Grabow. „Aber ohne Perspektive kann man nur eine gewisse Zeit überbrücken.“

Mit dem Geld aus der Online-Spendensammlung wollte Grabow eigentlich das Kurzarbeitergeld seiner zehn Mitarbeiter aufstocken, teilweise hat er das ohnehin schon getan. Die Angestellten könnten von 60 Prozent ihres Gehalts kaum leben, weil auch noch Nachtzuschläge und Trinkgelder fehlten.

Das „En Vogue“ werde die Krise überstehen, ist sich Grabow sicher. Trotzdem müsse die Politik auch für das Nachtleben eine verlässliche und klare Linie entwickeln. „Inhaber stecken derzeit viel privates Geld in ihre Geschäfte – trotz der großen Unsicherheit, wie und wann es weitergehen kann.“

Nachtwerk-Sammlung inspiriert von einem Gast

Die Rücklagen angreifen muss derzeit auch Gerhard Fink, der Betreiber der Discothek Nachtwerk. Auch er hat übers Internet zum Spenden aufgerufen, knapp 2.000 Euro sind bisher eingegangen. „Ich habe vielleicht zu spät angefangen“, erzählt Fink.

Umbauen statt feiern: In der Discothek Nachtwerk nutzt Gerhard Fink die Zwangspause für Renovierungsarbeiten. Auch er hat auf GoFundMe.com eine Kampagne gestartet. Knapp 2.000 Euro sind bisher auf diesem Weg zusammengekommen.
Umbauen statt feiern: In der Discothek Nachtwerk nutzt Gerhard Fink die Zwangspause für Renovierungsarbeiten. Auch er hat auf GoFundMe.com eine Kampagne gestartet. Knapp 2.000 Euro sind bisher auf diesem Weg zusammengekommen. Foto: jodo

Die Idee kam ihm erst, als ein Gast anbot, „virtuellen Eintritt“ zu überweisen. Seit Mitte April sammelt er nun. Um dicke Rechnungen zu begleichen reicht die Summe bisher nicht. Die 10.000-Euro-Nachzahlung für Gas und Wasser muss Fink beispielsweise aus anderen Töpfen speisen.

Wie viel Zeit er überbrücken kann, hängt aber mutmaßlich vom Vermieter ab. „Wir haben eigentlich einen guten Draht. Ich bin ja seit 15 Jahren hier“, gibt sich Fink optimistisch. Die fehlende Perspektive für den Discobetrieb könnte ihn bald sogar zum Umdenken bewegen. Ein Biergarten ist vorhanden, allerdings gibt es bisher nur eine Konzession für die Disco. „Da sehe ich auf absehbare Zeit schwarz: Wie soll man da jemals Abstände einhalten?“, fragt Fink.

Viele Clubs haben hohe Fixkosten

Um Spenden haben auch andere Karlsruher Discotheken gebeten – so hofft das Unverschämt auf 10.000 Euro, die Stadtmitte wünscht sich gar 38.000. „Das klingt viel, ist aber nicht unrealistisch“, sagt ein Disco-Betreiber im Gespräch mit den BNN. Viele Clubs hätten hohe Fixkosten, 10.000 Euro reichten da selten für einen Monat.

Bei der Tanzschule AbrazTango sieht das ein wenig anders aus. 2.000 Euro hat man sich von seinen Kunden gewünscht, um etwas besser durch die Krise zu kommen. Knapp drei Viertel davon sind es geworden. „Wir haben den Aufruf gestartet, bevor es ein staatliches Hilfspaket gab“, sagt Corinna Brunner. „Besonders ausgefallene Veranstaltungen haben weh getan.“

Mittlerweile bietet sich für die Tanzschule aber eine Alternative. Unter Auflagen kann der Unterricht wieder beginnen. Zusätzliche private Stunden sollen die Event-Lücke so gut es geht schließen.

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Party für alle Spender - sobald es wieder geht

Einen sanften Neustart wird auch das „Kostas“ wagen. Ab Dienstag dürfen Gäste das Restaurant wieder betreten. Dass viele davon Familie Rentzelas ohne Bestellungen den Rücken gestärkt haben, hat sie sehr gerührt.

Für Papa Konstantinos war es eine Überwindung, überhaupt um Hilfe zu bitten – seine Kinder haben ihn schließlich überzeugt. Sobald es möglich ist, will man den Unterstützern etwas zurückgeben. „Wir feiern zusammen ein großes Fest“, verspricht Restaurant-Leiterin Natalie Rentzelas.

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