Ein mächtiges Blubbern macht sich breit, zu spüren bis in die Magengrube. Ein paar Köpfe drehen sich, als sich Sebastian Schön mit seinem grauen Chevrolet Monte Carlo gemächlich auf den Platz vor der Eremitage schiebt.
Skeptische Blicke von Radlern verfolgen ihn – der Kreuzer entgeht jedoch dem Fokus, verschwindet langsam hinter den Konturen jeder Menge anderer Autos, die sich an historische Stätte versammelt haben. Knapp 400 Autos stehen auf dem Rasen vor dem Lustschloss – von alt bis neu, dezent getunt bis komplett verbaut.
Königliches Chillen vor der Eremitage Waghäusel
Schöns Klassiker aus Amerika, gebaut 1970, ist schon lange nicht mehr „Serie“, wie man in Benzingesprächen fachsimpelt. Neues Getriebe, selbstgebaute Dämpfer und ein Motor mit sieben Litern Hubraum, aus denen er 650 PS schöpft. „Bei moderater Fahrweise nimmt er 30 Liter auf 100 Kilometer“, sagt Schön. Aber er schränkt auch ein: „Damit fahre ich ja nicht jeden Tag. Normalerweise ist es ein Kleinwagen, der vier Liter auf 100 Kilometer nimmt.“
Steffen Klefenz ist Organisator der Treffen von Autofreunden. Es ist mittlerweile das fünfte. Und weil es auf dem Areal der Eremitage stattfindet, heißt es „Royal Chill“. Dabei will er es mit seinem Team gar nicht so exklusiv haben. „Hier ist jeder willkommen“, sagt Klefenz. Und so steht neben dem Amerikanischen 5-Meter-Coupé in trauter Eintracht ein Golf 1 von 1974.
Was Klefenz auch gar nicht haben will, sind Poser und Krachmacher. Die Tuning-Szene ist nicht bei allen beliebt, dass ist ihm auch bewusst. Die Regeln sind daher klar: Wer an die Eremitage möchte, macht davor keinen Krawall. Und bei der Abfahrt bitte auch nicht. „Das ist uns wichtig und das haben wir den Teilnehmern auch explizit vorher so gesagt“, erläutert er. So bleibt es denn auch ruhig. Die genehmigte Musik weht aus den Boxen über das Areal, dazwischen angeregte Gespräche bei Limo und Bratwurst.
Bei moderater Fahrweise nimmt er 30 Liter auf 100 Kilometer.Sebastian Schön, Teilnehmer beim Tuningtreffen „Royal Chill“
„Ich bin wirklich sehr froh, dass wir die Gemeinde überzeugen konnten, uns dieses Areal jetzt zur Verfügung zu stellen“, sagt der Veranstalter. Die Zusammenarbeit mit der Verwaltung lobt er und auch die Polizei sei über das großangelegte Treffen informiert.
Durch die Grünanlagen und Hecken gibt es natürliche Barrieren, die das Areal aufteilen – und so auch verschiedene Bereiche für die Teilnehmer eröffnen. Je näher der Standort an der Eremitage, desto höher fällt der Ticketpreis aus.
Letztlich aber ist für die Teilnehmer nicht der Standort wichtig – das Zusammenkommen zählt, jetzt, da die Saisonkennzeichen ablaufen und viele der Fahrzeuge über den Winter wieder in den Garagen und Abstellplätzen verschwinden. In der kalten Jahreszeit schonen die Besitzer ihre Schätzchen.
130.000 Euro für einen historischen Rallye-Wagen
Wie Diana und Andre Kretz aus Graben-Neudorf. Die beiden sind mit einem Lancia Delta auf dem Treffen. Andre erzählt ein wenig aus der Geschichte des Autos. Es habe einst seinem Schwiegervater Udo Ebener gehört. Der war Rallye-Fahrer für Ford und sein Herz schlug für den kompakten Italiener.
Als Ebener vor etwa anderthalb Jahren starb, haben Andre und Ebeners Tochter Diana das Auto übernommen. Nur zu ganz besonderen Anlässen kommt das Auto raus aus der Garage. Mit seiner Rallye-Beklebung, dem eingeschweißten Überrollkäfig und ansonsten einem Inneren, dass am besten mit dem Wort „spartanisch“ beschrieben ist, huldigt der Lancia der goldenen Rallye-Era in den 80er und 90er-Jahren. „Laut Gutachter ist das Fahrzeug aktuell etwa 130.000 Euro wert“, so Kretz.
Posen oder gar Verheizen möchte Thomas Weinert aus Karlsruhe seinen BMW Alpina B6 von 1981. Weinert schätzt das Auto in dem beinahe fabrikneuem Zustand auf 50.000 bis 60.000 Euro. „Das gibt an der Ampel schon hin und wieder einen Daumen hoch“, sagt der Besitzer. Rasen ist nicht seines. „In dem Alter ist man da raus.“