Geballte Energie trifft auf eine viel zu kleine Bühne. Dieser Eindruck entsteht bei der Live-Performance der Band Tyler Leads. Und er scheint bestätigt zu werden: Gitarrist Soyan steht plötzlich im Publikum statt auf der Bühne.
Es ist der dritte und finale Auftritt am ersten Tag des Sunny Side Open Air in Dettenheim-Liedolsheim. Veranstaltet wird das Festival vom Musikverein Hart.
Die Energie der Band schwappt auf das Publikum über. Begeisterte Festivalbesucher geben sich der Musik hin. Am liebsten, so scheint es, würden sie die fünfköpfige Band gar nicht mehr von der Bühne lassen.
Zahn ausgeschlagen und von der Bühne gefallen: Tyler Leads plaudert aus dem Nähkästchen
Daher gibt es auch etwas, was sonst eigentlich nicht drin ist: Tyler Leads dürfen zwei Songs als Zugabe spielen. Besucher schätzen vor allem die musikalische Qualität der Gruppe. Es ist heavy, es ist laut, es ist Hardrock mit jeder Menge Power.
Keine Minute stehen die Musiker um Sänger Johnny still. Schweiß und Körpereinsatz pur. Da wundert es auch nicht, dass bei vergangenen Auftritten bereits das eine oder andere Missgeschick passiert ist.
Dem Bassisten wird aus Versehen ein Zahn ausgeschlagen, der Sänger fällt von der Bühne – kam alles schon mal vor. Das lassen die Gitarristen Freddy und Soyan im Gespräch mit dieser Redaktion durchblicken.
Es ist super familiär. Für ein kleines Dorf ist es echt eine Leistung, Kultur in den Ort zu bringen.Freddy
Gitarrist von Tyler Leads
Die beiden sind begeistert von dem Festival. „Es ist super familiär. Für ein kleines Dorf ist es echt eine Leistung, Kultur in den Ort zu bringen“, sagt Freddy.
Seit 2016 ist die Band aktiv. Trotz Bühnenerfahrung ist Freddy vor den Auftritten nervös. „Ich esse davor immer sehr schmal“, erzählt der Zwillingsbruder von Sänger Johnny. Der große Hunger packt ihn daher in der Regel nach dem Gig.
Steht er erst mal auf der Bühne, stellt sich bei ihm der Tunnelblick ein und er ist voller Adrenalin. „Du erlebst das wie in einem Rausch und es ist schneller zu Ende, als man denkt“, erzählt Freddy.
Das Publikum nehme man dabei immer wahr, so Soyan. „Wir merken, was von dem Publikum zu uns zurückkommt“, sagt er.
Ein Unterschied sei es auch, ob man in einem engen Raum oder unter freiem Himmel spiele. Bei Open-Air-Konzerten sorge immer mal eine erfrischende Brise für Abkühlung. Und die Distanz zu den Menschen sei größer.
„Es ist eine andere Dynamik, die man mit dem Publikum entwickelt“, sagt Soyan. Ein Besser oder Schlechter gebe es aber nicht. Freddy ergänzt: „Alles hat seinen eigenen Charakter.“
How they go crazy and feel the rock music.Reepo
Sänger und Gitarrist der italienischen Band Octopuss über das deutsche Publikum
Für internationales Flair beim Sunny Side sorgt die italienische Band Octopuss. Der zweite Act haut den Besuchern funkigen Rock mit Einflüssen, die unter anderem an The Jimi Hendrix Experience erinnern, um die Ohren.
Die Band hat bereits über 1.000 Konzerte in Nordamerika, Asien und Europa, darunter auch Deutschland, vorzuweisen.
Am deutschen Publikum schätzt Drummer Nick „how they go crazy and feel the rock music“, also wie sie durchdrehen und die Rockmusik spüren. Doch egal, in welchem Land die Band bisher aufgetreten ist: Musik überwinde alle Barrieren und sei eine Sprache, die jeder versteht, so Reepo, Sänger und Gitarrist der Band. „Music is a universe to connect to“, sagt er.
Sunny Side Open Air: Schwieriger Auftakt im Regen
Es sei wunderbar hier sein zu dürfen, findet Nick. Lachend stellt er künftig perfektes Deutsch in Aussicht. Den einen oder anderen Brocken Deutsch beherrscht er schon.
Der Auftritt des Openers Kantine hat es ihm sichtlich angetan. „It’s really good german Punk“, findet Nick.
Die Band aus Karlsruhe und Mannheim hatte zwar bei viel Regen und wenig Publikum einen schwierigen Start, doch das mindere nicht die Qualität des Auftritts. Über das Wetter habe man halt keine Kontrolle, sagt Nick.
Die wenigen Menschen, die zum Auftakt des Festivals erschienen sind, stehen dicht gedrängt unter den Schirmen auf dem Gelände.
Dass das Wetter nicht mitspielt und nur wenige Leute gekommen sind, finden auch die Besucher schade. Das werde dem Festival nicht gerecht, meint einer von ihnen.
Der Auftritt hat Kantine laut Sänger Christian Herbst trotzdem Spaß gemacht. „Ich spiele lieber vor drei Leuten und es gefällt ihnen, als vor keinen“, sagt er gut gelaunt.
Sänger schreitet mit Vogelmaske und Stelzen an den Füßen über das Gelände beim Sunny Side Open Air
Am Wetter mag es dann mitunter auch liegen, dass am Samstag wesentlich mehr Besucher kommen. Nach Snowbound und Tame the Abyss sorgt auch „Dein Ernst“ für gute Laune.
Die Nähe zum Publikum sucht Sänger Jan, indem er mit Vogelmaske und Stelzen an den Füßen über das Festivalgelände schreitet. Währenddessen singt er den Song „Föhnix“.
Dein Ernst geben neben einem Mix aus Rock, Hip-Pop und Pop ihren Humor zum Besten. Dabei nehmen sie sich auch gerne selbst auf die Schippe.
Richtig hart wird es zum Abschluss mit dem Speed Metal von Spitfire aus Karlsruhe. „Ich denke, das kommt gut an“, meint Thilo König, Vizevorsitzender des Musikvereins Hart. Insgesamt ist es ein gelungenes Festival geworden, bei dem alles friedlich verlaufen ist.