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Ostfahrzeuge-Treffen

Trabifans in Liedolsheim: Das erste Auto wurde direkt zur Geburt bestellt

Auf dem Kartbahn-Gelände ging es auf Zeitreise in die DDR-Automobilgeschichte. Allerdings dürfen ungewollt längst nicht mehr so viele Trabis teilnehmen wie früher.

Trabis mit ihren Besitzern auf einer Wiese an der Kartbahn Liedolsheim
Für die Trabifans Karlsruhe mit ihrem Vorsitzender Ron Häßelbarth (Zweiter von rechts) ist das Ostfahrzeugtreffen an der Kartbahn der Höhepunkt des Jahres. Foto: Alexander Werner

Sieben Stunden war Marcel Büttner unterwegs, ehe er Liedolsheim erreichte. Los ging es in Johanngeorgenstadt im Erzgebirge. Nun steht er mit seine Trabant 601, Baujahr 1987 auf dem Gelände der Kartbahn. Dort treffen sich Trabifans aus dem ganzen Land – allerdings ungewollt längst nicht mehr so viele wie früher.

Vor vier Jahren parkten rund 100 Leute ihre Ostfahrzeuge auf dem Gelände. 2022 fiel das Treffen komplett ins Wasser. Nicht mehr wegen der Corona-Pandemie, sondern weil Vorgaben zum Artenschutz ihm im Weg standen. Nun geht es weiter, aber in abgespeckter Form. Zugelassen sind laut Veranstalter Trabifans Karlsruhe 15 vereinseigene Fahrzeuge und 25 von Gästen.

So mancher Fan hat gleich mehrere Trabis in der Garage

Im am Platz ältesten Trabi Baujahr 1971 des von 1964 bis 1990 gebauten und meistverkauften Modells 601 fuhr Florian Brauer vor. „Ich haben innen neu besatteln und das Motorgetriebe total überholen lassen. Er müsste nahezu 200.000 Kilometer gelaufen sein“, berichtet er.

Bei uns ist der Trabi ein Schönwetterauto.
Marcel Büttner, Trabi-Besitzer

Zuvor hatte der in Tabergäu lebende Hallenser einen Trabant 1.1 der letzten und bereits mit VW-Motor bis 1992 produzierten Baureihe. Sein Bruder Tony besitzt gleich drei Stück, Baujahr 1986, 1989 und 1990. „Nach 80.000 Kilometern muss er überholt werden“, erklärt der Mechanikspezialist.

Was Rost angeht, seien ältere Modelle wegen des besseren Stahls und Blechs wenig anfällig, sagt Trabifan Florian Brauer, der jährlich deutschlandweit Treffen besucht.

„Wer ankommen will, fährt besser nicht schneller als 90“

Der heutige Pfälzer Jan Schaal aus der Uckermark erinnert sich an die Trabis in der Familie. Bei einer Wartezeit von rund 18 Jahren habe man in der DDR für Kinder schon bei ihrer Geburt einen Trabi bestellt. Insgesamt seien bundesweit aktuell noch 36.000 angemeldet. Wartung und Instandhaltung seien recht einfach. Die Lage bei Ersatzteilen sei gut, erläutert er.

Mehrere in verschiedenen Farben lackierte Trabis
Mindestens 30 Jahre alt sind die Trabants oder Wartburg, die sich auf dem Gelände der Kartbahn Liedolsheim aneinanderreihen. Das älteste Fahrzeug mit Baujahr 1971 gehört zur Baureihe 601. Foto: Alexander Werner

Die Zweitakter mit 26 PS würden schon mal auf 120 Stundenkilometer kommen. Wenn man aber am Ziel ankommen wolle, sollte man sich auf 90 Kilometer pro Stunde beschränken, weiß der 36-Jährige. Zum Gefühl am Steuer hebt Schaal hervor, dass man bei Trabi ohne Servolenkung oder Bremsverstärker altmodisch noch richtig fahren müsse und auf der Straße sei er ein Blickfang.

Viel DDR auch abseits der Autos

Marcel Büttner hat die lange Anreise aus Johanngeorgenstadt gerne auf sich genommen. Er schätzt die familiäre Atmosphäre in Liedolsheim, gerade im Vergleich zu Trabitreffs in der Nähe seiner Heimat, zu denen gerne mal 600 bis 900 Fahrzeuge kommen. „Bei uns ist der Trabi ein Schönwetterauto. Im Winter wäre er mir in dem bergigen Gebiet zu schade“, sagt er. 

Die Trabi-Zusammenkunft auf dem Kartbahn-Areal ist für viele auch abseits der Autos Reise rückwärts in der Zeit. Dafür sorgt beispielsweise eine DDR-geprägte Speisekarte. Auf der stehen Thüringer Bratwürste, Soljanka-Suppe und Mutzbraten. Letzterer stammt von einer Fleischerei aus Schmölln, die die Spezialität bundesweit vertreibt und in Liedolsheim vor Ort ist.

Viele Trabi-Besitzer sind im Osten geboren

Die meisten der 40 anwesenden Trabi-Besitzer haben ihre Wurzeln im Osten Deutschlands, berichtet Ron Häßelbarth. Der 52-jährige Wahl-Linkenheimer stammt selbst aus dem Erzgebirge. Dort hatte er einen Trabi Deluxe. Mittlerweile ist er Vorsitzender der Trabifans Karlsruhe.

Der Verein gehe auf einige wenige Mitglieder der früheren Trabi-Freunde Rußheim zurück, berichtet er. Nach ein paar Treffen mit neuen Interessenten habe man 2014 den Verein mit Sitz Kartbahn Liedolsheim und aktuell 24 Leuten gegründet, erzählt Häßelbarth. „Wir widmen uns dem Erhalt und der Pflege von ostdeutschem Kulturgut“, zitiert er die Vereinssatzung. Am Wochenende geschieht das nicht hinter verschlossenen Garagentüren. Rund 600 größtenteils trabilose Besucher sind dabei.

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