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Trauerhilfe für die Eltern

Fotografin aus Eggenstein-Leopoldshafen hält Erinnerung an Sternenkinder fest

Trauer und Glück können so nah beieinander liegen: Cerstin Jütte aus Eggenstein-Leopoldshafen kennt das. Sie fotografiert Sternenkinder und hilft Eltern dabei, die Trauer über das verlorene Leben zu verarbeiten.

23.07.2018, Nordrhein-Westfalen, Dortmund: Ein Foto eines verstorbenen Babys ist auf dem Laptop der Fotografin Paula Janka Meisel in einem Cafe zu sehen. Sie fotografiert seit Anfang des Jahres ehrenamtlich für die Organisation "Dein Sternenkind". Diese wurde Anfang 2013 durch Kai Gebel ins Leben gerufen und bietet Erinnerungsfotos als ein Geschenk für Eltern, die entweder ein bereits totes Baby auf die Welt bringen müssen oder denen der Tod des Neugeborenen unausweichlich bevorsteht. (zu dpa: "Wenn die ersten Bilder auch die letzten sind - Fotografin zeigt Kinder, die bei der Geburt gestorben sind") Foto: Ina Fassbender/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Trauerhilfe: Die Stiftung Dein Sternenkind ist bundesweit aktiv. Cerstin Jütte arbeitet seit drei Jahren ehrenamtlich für die Organisation und fotografiert Kinder, die vor der Geburt oder währenddessen versterben. Foto: Ina Fassbender picture alliance/dpa

Das Glück des Lebens und die Trauer des Verlusts: Cerstin Jütte fotografiert beides. Seit nunmehr sechs Jahren ist Jütte Geburtsfotografin und hält die glücklichsten Momente einer Familie fest.

Wenn gewünscht, ist sie aber auch in Stunden großer Trauer im Krankenhaus. Dann fotografiert sie Sternenkinder, Kinder, die tot zur Welt kommen oder kurz nach der Entbindung sterben. Die Profifotografin macht dann das erste und letzte Bild des Kindes.

„Häufig werde ich vom Krankenhaus aus angerufen“, beschreibt Jütte einen Einsatz. Manchmal seien es auch Hausgeburten. Hebammen und manche Krankenhäuser in der Region hätten ihre Kontaktdaten abgespeichert. Als registrierte Fotografin für die Stiftung Dein Sternenkind ist das keine Seltenheit. Ein Anruf kann immer kommen. Sie fährt hin und fotografiert, bearbeitet auch die Bilder, ehrenamtlich.

Die Trauer hat viele Gesichter

Was sie erwartet, weiß sie auf der Anfahrt nicht. „Die Trauer hat so viele Gesichter“, schildert die Fotografin. Die Kinder, die auf die Welt kommen, sind ganz unterschiedlich groß. Ja, nicht immer sind die Körper schon vollkommen ausgebildet. Die winzigen Geschöpfe passen dann auf eine Handfläche, so wie jenes elf Wochen alte Sternenkind, an das sie sich erinnert.

„Die Eltern befinden sich natürlich in einer Ausnahmesituation, Entscheidungen zu treffen, ist nicht leicht“, so Jütte. Vieles werde ausgeblendet in einer nicht alltäglichen Situation. Welche Lage ist für das Kind am besten? Soll es ein spezielles Kleid tragen, das die Fotografin mitbringt, oder in einem besonderen Gefäß liegen? Kann es auch getragen werden? Das Krankenhauspersonal wisse auch nicht immer von der Möglichkeit, ein Sternenkind zu fotografieren.

Die Eltern sind sich des Momentes häufig gar nicht bewusst.
Cerstin Jütte, fotografiert Sternenkinder

„Die Eltern sind sich des Momentes häufig gar nicht bewusst“, sagt Jütte. „Aus der Erfahrung aber kann ich sagen, dass es für die Trauerarbeit extrem hilfreich sein kann, wenigstens ein Foto vom Sternenkind zu haben. Das Kind ist immerhin auch ein Teil des Lebens“, sagt Jütte. Mit einem Foto vom Kind mache man es sichtbar. Man könne das Erlebnis nicht wiederbringen. „Und dann bereut man es, nur unscharfe oder verwackelte Handybilder zu haben“.

„Da ist es von Vorteil, wenn eine Hebamme dabei ist, die von der Stiftung weiß“, sagt Jütte. Die Fotografin kennt beispielsweise Hebamme Anja Lehnertz, die regelmäßig am Karlsruher Marienkrankenhaus arbeitet und Kinder entbindet, auch Sternenkinder. Lehnertz kennt die Fotografin schon seit Jahren. „Als Geburtsfotografin habe ich schon häufig mit ihr zusammengearbeitet“, schildert die Hebamme.

Manchmal fließen bei der Sternenkinder-Fotografin Tränen

„Dadurch kennt sie die Situation im Kreißsaal und bringt die nötige Empathie mit“, sagt Lehnertz. Die ist vielleicht das wichtigste Mittel, um der Situation gerecht werden zu können. Die Hebamme erklärt, warum: „Wir hatten eine Mutter, die ihr Sternenkind zunächst nicht einmal anfassen wollte.“ Lehnertz fühlt in solchen Momenten mit: „Ich habe dazu kaum Abstand. Manchmal weine ich mit den Eltern um das Sternenkind.“ Lehnertz kennt den Verlust gut. Sie hat einen Sohn mit fünfeinhalb Monaten verloren, wegen plötzlichem Kindstod.

Wir hatten eine Mutter, die ihr Sternenkind zunächst nicht einmal anfassen wollte.
Anja Lenertz, Hebamme

Was geschieht mit der Mutter nach dem Abschied? „In Deutschland sind wir in der Sache noch nicht soweit wie in anderen Ländern, wo damit viel offener umgegangen wird.“ Das erschwere manchmal die Trauerarbeit. „Ich begleite die Eltern noch bis zu zwölf Wochen. Manchmal stelle ich auch Kontakt zu anderen Frauen her, die ebenfalls ihr Kinder verloren haben. Die stützen sich dann gegenseitig“, sagt Lehnertz.

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