Sind sie es oder sind sie es nicht? Nach Berichten über eine Gruppe Kinder, die durch Straftaten in Karlsruhe und Region aufgefallen sind, gibt es weitere Spekulationen. Auf einen Post in einer Eggensteiner Facebook-Gruppe melden sich mehrere Nutzer, die von unangenehmen Zusammentreffen mit den Heranwachsenden berichten.
Demnach sollen mehrere Kinder andere Kinder angegriffen, Erwachsene beleidigt und eine Straße blockiert haben. Doch handelt es sich dabei um dieselbe Gruppe, die kürzlich in Eggenstein-Leopoldshafen versucht haben sollen, ein Fahrrad zu stehlen?
Das Polizeipräsidium Karlsruhe macht dazu auf Anfrage dieser Redaktion keine Angaben. Die Polizei im Haus des Jugendrechts und in den Polizeiposten bearbeite eine Vielzahl von Delikten, die von Kindern und Jugendlichen aus der Region begangen werden, informiert Sprecher Ralf Eisenlohr.
Polizeipräsidium Karlsruhe sieht keinen Anhaltspunkt für organisierte Kriminalität
Nach Einschätzung der polizeilichen Jugendsachbearbeiter würden die Delikte der bekannten Kinder aus „Spaß, Abenteuerlust und Machtgefühl“ unternommen. In wenigen Fällen auch, um kurzfristig zu Bargeld zu kommen.
„Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Kinder organisiert Eigentumsdelikte begehen oder von Erwachsenen dafür instrumentalisiert werden“, betont Eisenlohr.
Besteht der Verdacht einer Straftat, habe die Polizei aber grundsätzlich Ermittlungen aufzunehmen – auch dann, wenn es sich bei den Tatverdächtigen um Kinder handele. „Wichtig ist, dass jederzeit und sofort über die Notrufnummer 110 Hilfe und Schutz von der Polizei angefordert werden kann“, so Eisenlohr.

Dies gelte unabhängig davon, ob es um Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten gehe und auch unabhängig vom Alter der betroffenen Personen.
Doch was geschieht, wenn sich herausstellt, dass Täter noch nicht strafmündig sind? Bei einem Alter unter 14 Jahren gibt es keine Möglichkeit, jemanden strafrechtlich zu belangen, betont Friedrich Mayer, Leiter des Allgemeinen Sozialen Diensts im Landratsamt Karlsruhe.
Hohe Hürden für Herausnahme von Kindern aus Familien
Jeder Fall müsse für sich betrachtet werden. Handelt es sich bei einem Vorfall um eine einmalige Übertretung, reiche meist ein Gespräch. Zeigt sich, dass das nicht ausreicht, könne in einem nächsten Schritt auch ein Vor-Ort-Termin mit dem Kind und seinen Erziehungsberechtigten vereinbart werden.
Dabei sei es auch wichtig, das gesamte Umfeld mit in die Bewertung einzubeziehen. Gibt es ein stabiles, familiäres Umfeld? Fällt ein Kind oder Jugendlicher durch dauerhaftes Schulschwänzen auf? In der Regel versuche man, ambulante Hilfe anzubieten, so Mayer.
Eine Inobhutnahme – also die Herausnahme des Kindes aus der Familie – sei dagegen nicht so einfach möglich. Es gebe zwei Kriterien, die einen solchen Schritt notwendig machten: wenn das Kind selbst darum bittet oder eine Gefährdung des Kindeswohls besteht.
Dies sei üblicherweise bei Schlägen, körperlichen Verletzungen oder sexuellen Übergriffen anzunehmen. „Heimunterbringungen sind dann erfolgreicher, wenn dem ein Prozess vorausging und Eltern und Jugendliche es wollen“, betont Mayer.
Eine Absenkung der Strafmündigkeit, wie von einigen Facebook-Nutzern gefordert, sieht der Leiter des Allgemeinen Sozialen Diensts kritisch. „Wenn ich abstimmen müsste, würde ich daran nichts ändern“, sagt Mayer.
Auffällige Kinder sind bei der Stadt Karlsruhe bekannt
Junge Leute ließen sich besser über präventive Maßnahmen als über Strafen ansprechen. Zudem mache sich der Fachkräftemangel auch in der Jugendhilfe bemerkbar. Oft gebe es schlicht nicht genug Plätze in entsprechenden Einrichtungen. Und: „Die Fehler passieren nicht im Alter zwischen zwölf und 14 Jahren, sondern einige Zeit davor.“
Bei der Stadt Karlsruhe sind die Kinder, die in Eggenstein-Leopoldshafen auffällig wurden, bekannt. Zum konkreten Fall äußert sich eine Sprecherin nicht, stattdessen allgemein. Entscheidend für eine mögliche Herausnahme von Kindern und Jugendlichen aus einer Familie sei die Frage, ob so eine „unmittelbare Gefahr“ für sie abgewendet werden könne.
Das Jugendamt sei beständig auf der Suche nach geeigneten Einrichtungen, um eine adäquate Versorgung der Jugendlichen sicherzustellen. In den meisten Fällen setze man auf eine ambulante Unterstützung der Familien. In Eggenstein-Leopoldshafen und Linkenheim-Hochstetten sollen die Kinder gezielt Häuser und Einfahrten ausgespäht haben. Nach Angaben von betroffenen Anwohnern sollen sie unter anderem versucht haben, ein Fahrrad zu stehlen. Außerdem sollen sich zwei Kinder nach dem Auto der Familie erkundigt und unerlaubt mehrere Grundstücke betreten haben.
Redaktioneller Hinweis
In einer früheren Variante dieses Artikels war von Jugendlichen als Angreifern die Rede. Das ist inhaltlich nicht korrekt. Tatsächlich soll es sich um strafrechtlich unmündige Kinder halten. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.