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Im Lockdown stehen Inventararbeiten an

Museumsleiter aus Eggenstein-Leopoldshafen: „Corona bescherte dem Ort die Prohibition“

Die eigentliche Ausstellung über Getränke der früheren Zeit ist trockengelegt. Aber die Zwangspause wird in den beiden Museen der Doppelgemeinde genutzt: Inventarlisten werden auf Vordermann gebracht und Geschichten recherchiert.

Heimatmuseum Leopoldshafen
Für einstige Winterfreuden stehen im Heimatmuseum Schlitten und Schlittschuhe. Für Leiter Wolfgang Knobloch und Archivarin Katrin Kranich gibt auch das Stoff für Geschichten. Foto: Alexander Werner

Nicht einmal zwei Monate lang lief die Sonderausstellung im Heimatmuseum Leopoldshafen zu „Wasser, Most, Bier, Schnaps und Wein“, als die Pandemie die Schau im März 2020 trocken legte. „Corona hat damit als schlimmste Folge die Prohibition über Leopoldshafen verhängt“, kommentiert Museumsleiter Wolfgang Knobloch das Geschehen mit Ironie.

Dabei sollte jetzt bereits zum ebenso abgesagten Neujahrsempfang der Doppelgemeinde die neue Schau unter dem Motto „Der gedeckte Tisch“ eröffnet werden. Sie wäre die dritte und abschließende Folge der Reihe zum Thema „Genuss“ gewesen. Vorbereitet hat sie Knobloch mit Gemeindearchivarin Katrin Kranich jedenfalls schon.

Die beiden hatten im ersten Lockdown noch gehofft, dass sich die Lage bald entspannen könnte. Nun werden die Exponate auf alle Fälle noch länger in Kartons auf ihre Präsentation warten müssen. Denn wegen des Ausfalls soll perspektivisch bei einer möglichen Besserung mit Wiedereröffnung des Museumsbetriebs die ausgesetzte zweite Schau der Reihe bis Jahresende gezeigt werden.

Fundus der zwei Museen wird in der Corona-Pause abfotografiert

Die Ruhe ohne Besucherverkehr, Führungen, Sommer- und Nikolausfest nutzten Knobloch und Kranich jedenfalls eifrig, um das Abfotografieren des in Depots lagernden Fundus der zwei Museen in Eggenstein du Leopoldshafen kompakt fortzusetzen. Erfasst wurden rund 16.000 Inventarstücke seit jeher in Inventarlisten.

Doch aus Versicherungsgründen wurde schon seit 2009 abfotografiert. Nötig ist das auch wegen der Erfassungserfordernisse in Folge des neuen Haushaltswesens „Doppik“. Das Ablichten der restlichen 20 Prozent ging nun wegen Corona deutlich flotter voran und soll 2021 abgeschlossen werden. Auch das mit Corona-Bedacht. So sortiert Knobloch einmal pro Woche jeweils rund 60 Stücke aus und Katrin Kranich nimmt sie sich tags darauf mit der Kamera vor. Neue Stücke kommen zudem immer wieder dazu, dabei auch Geschenke von Bürgern.

Allerdings nutzen die beiden die Zeit auch, um heimatkundlich Interessierte auf andere Weise zu versorgen. Die Idee dahinter war, die Leute während der Pandemie wöchentlich über gemeindliche Veröffentlichungen mit Geschichten zu zeittypischen Bräuchen zu erfreuen und Projekte vorzustellen.

Alles sollte dabei heimische Bezüge haben. Die kleine Serie zu Weihnachts- und Lebkuchenbäckerei spiegelte etwa wider, dass in den ehemals zwei Gemeinden im 19. Jahrhundert eine erkleckliche Anzahl von Bäckereien am Backwerk war. Was für kuriose Kreationen das hervorbringen konnte, lässt sich an Museumsstücken dokumentieren.

So entstanden im Ersten Weltkrieg Backformen zum Ausstechen von Weihnachtsgebäck mit Motiv „Eisernes Kreuz“ und in der dunklen Nazi-Zeit mit „Hakenkreuz“. Schon in Vorbereitung der kommenden Essensschau rückte auch der Fundus der Bäckerei Lang in Linkenheim-Hochstetten in den Blick. Darin finden sich etwa Backformen mit Osterhasen als Panzerschützen oder Pionieren.

Historiker beleuchten Geschichten zu Weihnachten, Fastnacht und Ostern

Aktuell ging es um Winterbräuche. Im Museum gibt es dazu Exponate wie etwa alte Schlittschuhe oder Minischlittchen, mit denen Kinder einst den Hang runterrodelten. Für eine optimale flotte Rutschbahn hätte die Dorfjugend vorher noch ein paar Eimer Wasser draufgekippt, berichtet Knobloch. Er erinnert sich noch, wie früher von Pferden gezogene Bahnschlitten mit Sonntagsgeschirr und Glöckchen durch den Ort zogen.

Über eines der sehr großen historischen Räumfahrzeuge, verfügt das Museum allerdings nicht. „Es waren Schlitten in Keilform, die als Schneeschieber die Straßen freimachten“, erklärt Knobloch. Auch Schiebeschlitten habe es gegeben, mit denen die Männer die Frauen über die zugefrorenen Altgewässer gezogen hätten. In dieser Weise wird es weitergehen mit Geschichten zu Fastnacht, Ostern oder den einstigen Sommertagsfesten, an denen sich Kindergarten- und Schulkinder zu Ausflügen aufmachten.

Zum anderen nutzte etwa der Leopoldshafener Manfred Stern die Zeit, um Einbauten am Flur oder den Treppenunterbau zu erneuern. Mit Ewald Hauf baute er zudem fürs Museum ein Modell der Dammscharte, die unlängst im Zuge der Dammarbeiten verschwand.

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