Andrea Zebrowski, die Leiterin der Kindertagesstätte „Rasselbande“ in Pfinztal, übt deutliche Kritik: „Die Politik hat nicht dafür gesorgt, dass ausreichend Personal da ist.“
Die Burnout-Rate unter Erziehern sei bei einer Arbeitszeit von 7 bis 17 Uhr durch den Mangel an Personal besonders hoch, seit 2020 sei noch Corona hinzugekommen. Sie selbst habe als Leiterin 120 Überstunden, die Mitarbeiter teilweise bis zu 100 Überstunden.
30 Erzieher – 29 Frauen, ein Mann – und 20 weitere Kräfte wie Köche, Putzpersonal oder Hausmeister sind für rund 112 Kinder zuständig, aufgeteilt in sieben Gruppen und die Krippe für die Kinder ab einem Jahr.
Die Suche nach Fachkräften endet nie
Die Kita sei eine inklusive Einrichtung und sei auch mit zahlreichen Zertifizierungen ausgezeichnet, wie bewusste Kinderernährung nach der Landesinitiative BeKi. Die Kita sei ein „Haus der kleinen Forscher“ und habe einen sport- und bewegungstechnischen Schwerpunkt – immer mit Kooperationspartnern wie der Fachschule Bethlehem, der Edeka-Stiftung und dem TSV Berghausen.
Aktuell könnte sie drei Fachkräfte gebrauchen. Es sei auch schon vorgekommen, dass eine Erzieherin unterschrieben habe, aber am ersten Tag einfach nicht erschienen sei. „Die hatte schon eine andere Stelle“, vermutet Zebrowski. Ob das Betriebsklima gut oder die Einrichtung an sich stimmig sei, zähle oft nicht. Manchmal entscheide der kürzere Anfahrtsweg.
Die Wertschätzung liegt bei minus 20, die Erwartung bei plus 180.Andrea Zebrowski Kita-Leiterin in Pfinztal
„Auch gesellschaftlich wird der Beruf nicht wertgeschätzt“, sagt Zebrowski. „Die Wertschätzung liegt bei minus 20, die Erwartung aber bei plus 180.“
Bis 2030 würden einer Studie der Bertelsmann-Stiftung vom August 2021 zufolge mehr als 230.000 Erzieher fehlen. Es gebe nicht genug Schulplätze für die vierjährige Ausbildung.
Doch die Pädagogin zweifelt auch am System: „Unter der Vorgabe, Personal zu gewinnen, sind 1.000 Euro Prämie an fertig ausgebildete Erzieher gezahlt worden.“
Allerdings nur unter der Bedingung, dass sie bereits einen festen Vertrag haben. Gleichzeitig würde während der Ausbildung kein Gehalt gezahlt, erst im vierten Jahr, dem Anerkennungsjahr.
Andrea Zebrowski sieht die Gründe in der „Praxisferne der Politiker“: Zwar wurde das sogenannte Gute-Kita-Gesetz auf den Weg gebracht, doch in Baden-Württemberg komme das Geld „nicht in der richtigen Schiene an“.
In Walzbachtal in der Kita Oberlinhaus äußern sich die Erzieherinnen ähnlich. Heike Augenstein sieht „so viele freie Stellen“, aber es mangele an der Wertschätzung des Berufs. Dazu komme, dass die Kommunen kein Geld hätten, um die staatlichen Vorgaben, für jedes Kind einen Kita-Platz zu schaffen, erfüllen könnten.
Die Politik hat zu spät reagiert.Mitarbeiterin der Kita in Pfinztal
Eine ältere Kollegin pflichtet bei: „Es werden mehr Stellen für die Kinder unter drei Jahren benötigt, ab einem Jahr besteht Rechtsanspruch. Aber die Politik hat zu spät reagiert.“
„Der Fachkräftemangel ist an den Kindergärten in Stutensee spürbar. Offene Stellen in den pädagogischen Bereichen können nicht immer direkt nachbesetzt werden, obwohl Stellenangebote schnellstmöglich und wiederholt ausgeschrieben werden“, teilt Kornel Stiegeler von der Stadtverwaltung Stutensee die Einschätzung des städtischen Familienbüros mit.
Die Folgen durch den Personalmangel stehen bevor
Lediglich eine Bewerbung habe es auch bei der letzten Ausschreibung für den Bundesfreiwilligendienst in Kindergärten gegeben. Diese jungen Erwachsene als unterstützenden Helfer fehlten in den Kitas.
Die Folge des Personalmangels seien mögliche Gruppenschließungen und Kürzung der Randzeiten vor allem dann, wenn es noch zusätzlich zu Krankenstand im Stammpersonal komme.
Bewerbungen von geflüchteten ukrainischen Erziehern habe es bisher nicht gegeben. „Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken bildet die Stadt Stutensee selbst pädagogische Fachkräfte aus“, so Stiegeler.