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Das sagen Experten

Folgen der Trockenperioden für Gewässer im nördlichen Landkreis Karlsruhe

Gewinner und Verlierer, die Bilanz nach dem heißen Sommer: Welche Tiere und Pflanzen in den Rheinauen haben von der Trockenheit profitiert und welche nicht. Experten sehen nicht alles schwarz.

Auch in der „Belle“ am Rhein in Eggenstein-Leopoldshafen legt das Niedrigwasser die Ufer frei
Auch in der „Belle“ am Rhein in Eggenstein-Leopoldshafen legt das Niedrigwasser die Ufer frei Foto: Andrea Baron

Der Hitzesommer sorgte in der Region nicht nur für staubtrockene Böden und entlaubte Bäume, auch die Gewässer fielen auf historische Niedrigstände, die sogar die Werte des Hitze-Sommers von 2018 unterboten.

Nach den Regenfällen der vergangenen Tage normalisiert sich die Lage langsam, doch die bange Frage nach den ökologischen Auswirkungen bleibt. Wie werden sich die Lebensräume in und um den Rhein und in anderen Gewässern der Region verändern?

Wasserläufe wurden alle auf Hochwasserschutz ausgelegt – nicht auf Ökologie

Reiner Dick war 28 Jahre lang Umweltschutzbeauftragter der Stadt Stutensee und ist inzwischen als ehrenamtlicher Naturschutzbeauftragter des Landkreises Karlsruhe aktiv.

Besonders kritisch sieht er die Lage bei weiteren Dürre-Perioden im Norden von Karlsruhe, vor allem bei den Kanälen, die sich kreuz und quer durch das Gebiet erstrecken.

„Wir haben seit der Pfinz-Saalbach-Korrektion keine natürlichen Bäche mehr zwischen Karlsruhe und Philippsburg. Ab 1934 wurden stattdessen Kanäle angelegt, um den Hochwasserschutz zu verbessern und landwirtschaftliche Nutzflächen auszuweiten“, erklärt Dick.

Austrocknung der Pfinz könnte Fischsterben zur Folge haben

Das zwischen 1934 und 1962 künstlich angelegte Gewässer-Regime ist bei Trockenheit jedoch besonders anfällig: Die Pfinz erreichte im Sommer einen bedenklichen Niedrigstand. Dadurch erhöhte sich die Wassertemperatur, was einen niedrigeren Gehalt an Sauerstoff bewirkte.

Die Lebensgemeinschaft des Rheins mit seinen Pflanzen, Fischen und Kleinlebewesen ist seit Jahrtausenden an das Hoch- und Niedrigwasser angepasst.
Franz Schöll, Tierökologe

Dies beschleunigte das Algenwachstum, was wiederum die Sauerstoffzehrung verstärkte. Ein fataler Kreislauf, der vor allem Kleinstlebewesen wie Krebse und Larven bedrohte, die den Fischen als Nahrung dienen.

„Seit 50 Jahren weiß man, dass der Klimawandel auf uns zukommt. Die Sommer werden heißer und trockener. Das könnte in Zukunft für Gewässer wie die Pfinz eine totale Austrocknung und ein Fischsterben zur Folge haben“, befürchtet der Experte.

Lage an großen Fließgewässern bleibt bei Niedrigwasser entspannter

Nicht ganz so dramatisch sehe die Lage bei großen Fließgewässern wie dem Rhein aus. Franz Schöll vom Referat Tierökologie der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) in Koblenz weiß zu berichten, dass bestimmte Pflanzenarten sogar nur bei Niedrigwasser auf den freigelegten Kies- und Sandbänken des Rheins wachsen.

„Die Lebensgemeinschaft des Rheins mit seinen Pflanzen, Fischen und Kleinlebewesen ist seit Jahrtausenden an das Hoch- und Niedrigwasser angepasst. Für die Ökologie großer Ströme ist es deshalb nicht so wichtig, ob das Wasser mal zehn Zentimeter höher oder niedriger steht“, so Schöll.

Bei der Wassertemperatur sähe das allerdings anders aus. Im Rhein kann in heißen Sommern durchaus aus eine Wassertemperatur von über 25 Grad erreicht werden. Ab dann wird es kritisch, weil sich dadurch der Stoffwechsel von wechselwarmen Organismen erhöht. Sie brauchen also mehr Sauerstoff.

Dank der inzwischen hohen Wassergüte ist der Sauerstoffgehalt im Rhein zwar viel gesättigter als noch in den 80er Jahren, aber er sinkt aus rein physikalischen Gründen mit steigender Wassertemperatur. Als „fischkritischer Wert“ gilt ein Sauerstoffgehalt von drei bis vier Milligramm pro Liter, unterhalb dessen Fische geschädigt werden können.

Besorgniserregend wird ein jahrelanger Niedrigpegel

„Außerdem sterben Fischnährtiere wie Muscheln, Insektenlarven oder Kleinkrebse ab, die bei Niedrigwasser dem rückläufigen Wasser nicht folgen können. Ebenso wie aquatische Uferpflanzen“, erklärt der promovierte Tierökologe Schöll. Das System erhole sich jedoch, wenn die Pegel stiegen.

Immerhin: Die Tier- und Pflanzenwelt der Rheinauen sind laut Schöll auf extreme Wasserstände ausgelegt. Bei jahrelangem Tiefstand müsse man dort allerdings auch mit nachhaltigen ökologischen Folgen rechnen.

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