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Tempo 30 und Flüsterasphalt

Graben-Neudorf will mit Lärmaktionsplan leiser werden - aber nicht alle finden das gut

Tempo 30 und Flüsterasphalt auf den Durchgangsstrecken soll in Graben-Neudorf den Lärm verringern. Damit nimmt die Doppelgemeinde auch den Kampf mit dem Karlsruher Verkehrsverbund auf. Das Tempolimit bringt nämlich auch den Busfahrplan durcheinander.

An einer Straße steht ein „Tempo-30“-Schild.
Tempo 30 heißt es auch in Graben-Neudorf jetzt immer öfter. Foto: Bernd Wüstneck/dpa

Graben-Neudorf ist aktuell nicht nur voller Baustellen und Umleitungen, sondern bald auch ein Schilderwald. In seiner jüngsten Sitzung hat der Gemeinderat den Lärmaktionsplan beschlossen. „Lärm belästigt uns alle“, bringt Gemeinderat Wolfgang Bauer (SPD) das Problem auf den Punkt. Neben dem Tempo 30 sieht der Lärmaktionsplan vor, lärmoptimierten Asphalt, auch „Flüsterasphalt“ genannt, aufzutragen.

Der Plan sieht die Umsetzung von Tempo 30, sowohl tags und nachts auf der Graben-Neudorfer Hauptverkehrsader vor. Als Lärm-Hotspots gelten unter anderem die Bismarckstraße, die Karlsruher Straße, die Mannheimer Straße, die Hauptstraße und die Bruchsaler Straße.

Ab einer Belastung von 65 Dezibel am Tag und ab 55 Dezibel in der Nacht wird von einer „gesundheitskritischen Belastung“ gesprochen, die Handlungsbedarf erfordert. „Wir haben Daten erhoben, Graben-Neudorf kartiert und die Lärmbelastung anhand von Modellen berechnet“, erklärt Martin Reichert (Büro Modus Consult) bei der erneuten Vorstellung der Ergebnisse im Graben-Neudorfer Gemeinderat.

Karlsruher Verkehrsverbund ist gegen Tempo 30

Doch die Maßnahmen tragen nicht nur zu einer Senkung des Lärms bei, sondern bremsen auch den öffentlichen Personennahverkehr aus. Die Umlaufzeiten der Linie 124 und 198 verlängern sich, wie die KVV in ihrer Stellungnahme zum Lärmaktionsplan moniert.

Die Verkehrsbetriebe lehnen den Vorschlag ab und befürworten es, Tempo 30 nur für die Nacht durchzusetzen. Alternativ könne man vereinzelte Bushaltestellen vom Fahrplan streichen oder den Haushalt um 300.000 Euro aufstocken, sodass die Kommune einen weiteren Bus inklusive Busfahrer finanziert.

Wir werden keine 300.000 Euro bezahlen müssen, sondern treten mit den Verkehrsbetrieben in den Dialog.
Christian Eheim, Bürgermeister

„Wir werden keine 300.000 Euro bezahlen müssen, sondern treten mit den Verkehrsbetrieben in den Dialog und suchen nach Lösungen“, verspricht dagegen Bürgermeister Christian Eheim. Für Panik sorge die Stellungnahme der KVV nicht, denn alle umliegenden Gemeinden, die ebenfalls einen Lärmaktionsplan vorstellten, haben das identische Schreiben erhalten.

Auch kritische Stimmen im Gemeinderat

„Wir sollten die Bedenken der Bürger ernst nehmen und müssen in ihrem Sinn handeln”, erklärt Armin Gabler (Grüne). Mit Tempo 30 auf weiten Strecken der Graben-Neudorfer Hauptverkehrsadern werden außerdem die Radfahrer unterstützt, die künftig mit dem Verkehr „mitschwimmen können“, findet er. „Gleichzeitig entsteht aber auch ein Flickenteppich“, beklagt dagegen Wolfgang Bauer (SPD), denn der Wechsel von Tempo 30 und plötzlich wieder Tempo 50 und umgekehrt sei zum Scheitern verurteilt.

„Kein vernünftiger Autofahrer hält sich daran“, meint Bauer (SPD). Ähnlich sieht dies Jörg Hartmann (CDU), der das beschlossene Vorhaben als Aktionismus bezeichnet. „Wir sind ein Ort, durch den eben eine große Straße verläuft“, meint Hartmann, „diese auf Tempo 30 zu reglementieren wird nicht viel bringen“.

Letztlich stimmten 14 der 19 Ratsmitglieder für den Lärmaktionsplan und schaffen dadurch „eine historische Chance Tempo 30 durchzubringen“, wie es Bürgermeister Eheim ausdrückt. Nun habe die Kommune den nötigen Hebel, damit das Landratsamt Tempo 30 anordnen müsse und dadurch die „gesundheitskritische“ Lärm-Belastung reduziere.

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