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Alle Bereiche betroffen

Keine geeigneten Azubis: Betrieben im Karlsruher Norden gehen qualifizierte Bewerber aus

Noch immer verbinden viele den Handwerksberuf mit Schmutz und Dreck. Das muss nicht sein, schreckt aber viele potenzielle Bewerber ab. Was das für Unternehmen im Karlsruher Norden bedeutet.

Auch Handwerker können gut verdienen: Viele Menschen verbinden die Arbeit im Baugewerbe – hier ein Symbolfoto – aber vor allem mit Schmutz und Dreck. Das hat eine abschreckende Wirkung auf potenzielle Bewerber.
Viele Menschen verbinden die Arbeit im Baugewerbe – hier ein Symbolfoto – aber vor allem mit Schmutz und Dreck. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Immer noch klagen viele Unternehmen über unbesetzte Ausbildungsplätze, heißt es seitens des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK). Vergangenes Jahr konnten laut DIHK 42 Prozent der IHK-Ausbildungsbetriebe nicht alle Plätze vergeben. Ist das auch ein Problem für Unternehmen in der Region?

Der Familienbetrieb Decker Stuckateur und Maler in Graben-Neudorf bildet zwei Berufe aus. Der Ausbildungsplatz für das Malerhandwerk wurde auf Anfrage eines Praktikanten bereits vergeben. „Aber der Ausbildungsplatz für den Stuckateur ist noch offen“, sagt Volker Decker, Geschäftsführer des Unternehmens.

Das Problem: Es gibt nur wenige Anfragen. „Es gehen aber auch viele Online-Bewerbungen ein, die von der Formulierung her unglücklich sind“, so Decker. Die Qualität bleibe manchmal also auf der Strecke.

Doch auch wenn die ersten Schritte zum Vorstellungsgespräch geschafft sind, müsse einigen Bewerbern abgesagt werden. „Viele wissen einfach nicht, was auf sie zukommt“, begründet Decker die Ablehnung. Geeignete Bewerber seien schwer zu finden. Das habe verschiedene Ursachen.

Schlechtes Image schreckt Bewerber im Karlsruher Norden ab

„Ein großes Problem ist das schlechte Image der Handwerksberufe“, so Decker. „Es wird als zweitklassig angesehen, wenn jemand sagt, er arbeitet auf dem Bau.“

Viele würden den Handwerksberuf mit Schmutz und Dreck assoziieren. Das habe eine abschreckende Wirkung auf potenzielle Bewerber. Außerdem stellt er fest: „Die Konkurrenz durch die Industrie ist groß.“

Beim Familienunternehmen Geholit und Wiemer Lack- und Kunststoff-Chemie in Graben-Neudorf sieht das anders aus. „Wir waren in der glücklichen Lage, alle unsere Ausbildungsplätze gut zu besetzen“, sagt Ralf Ehmann, Personalreferent des Betriebs.

Für das nächste Ausbildungsjahr werde aber bereits in den Bereichen Lacklaborant und Industriekaufmann gesucht. Das Unternehmen freue sich über entsprechende Bewerbungen.

Familienbetrieb in Graben-Neudorf bekommt kaum Bewerbungen

„Als Familienbetrieb haben wir ein großes Interesse daran, eigene Fachkräfte persönlich und gut auszubilden“, sagt Ehmann. Doch es sei schwierig, geeignete Bewerber zu finden.

Viele Schüler seien durch die Pandemie verschreckt und würden lieber weiter auf die Schule gehen. Es herrsche große Unsicherheit. Viele seien sich nicht im Klaren darüber, ob sie schon in eine Ausbildungslehre gehen möchten.

Es mangelt an Quantität, aber auch an Qualität.
Michael Markert, Karlsruher Institut für Technologie

Den Rückgang der Bewerbungen bekommen nicht nur Familienbetriebe zu spüren. Auch Ausbildungsunternehmen wie das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) am Standort in Eggenstein-Leopoldshafen bleiben nicht unberührt von der geringen Nachfrage.

„Es mangelt an Quantität, aber auch an Qualität“, sagt Michael Markert, zuständig für die duale Hochschulausbildung in Baden-Württemberg (DHBW) und Personalangelegenheiten.

Es gibt einen Trend zur Akademisierung

In diesem Jahr habe es etwas länger gedauert, alle Ausbildungsplätze zu belegen als in den Jahren davor. „Wir haben aber fast alles, bis auf ein oder zwei Stellen, besetzt.“

Von den Bewerbern werden 30 bis 80 Prozent zum Bewerbungsgespräch eingeladen. „Es geht nicht nur um die Noten. Die Noten sagen nichts über den Menschen aus, aber sie zeigen Tendenzen auf“, begründet er unter anderem die Entscheidung.

Viele Bewerber würden abgelehnt, weil sie keine entsprechenden Kenntnisse darüber hätten, was in dem Beruf gemacht wird. Aber wo bleiben die qualifizierten Azubis? Studieren sie alle? Den Azubi-Mangel führt Markert auf die Gesellschaft zurück. „Es herrscht ein Trend zur Akademisierung. Viele Schulabgänger tendieren dazu, zu studieren“, stellt er fest.

In vielen Köpfen sei verankert: Wer nicht studiert, verdient weniger Geld. „Das stimmt so, aber nicht immer“, sagt er. Er kenne ein paar Handwerker, die sogar mehr verdienen als Menschen, die studiert haben.

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