Es war sicher Zufall, dass fast genau auf den Jahrestag, an dem der Graben-Neudorfer Gemeinderat einen Planungsstopp für die Landschaftsbibliothek in der „Neuen Mitte“ beschlossen hat, am Montagabend in der Gemeinderatssitzung wieder über das Projekt „LeBen“ diskutiert wurde.
Doch dieses Mal ging es keineswegs um einen Planungsstopp. Es ging darum, „LeBen“ – den Lern- und Begegnungsort in der „Neuen Mitte“ – wieder zu beleben. Was schlussendlich auch gelungen ist.
Nachdem zwischen April und Juni ein Pflichtenheft mit den Anforderungen an das Projekt in drei Workshops erarbeitet wurde, stimmte der Gemeinderat nun dafür, dass die Verwaltung diese Bedarfsplanung fortschreibt sowie das Pflichtenheft an das Architekturbüro MVRDV schickt, damit ein neues Planungskonzept erstellt wird.
„LeBen“ in Graben-Neudorf: Kostenrahmen beläuft sich auf 11,5 Millionen Euro
Von MVRDV, beziehungsweise dem niederländischen Architekten Winy Maas, stammte auch der Entwurf der futuristischen Landschaftsbibliothek. Der jetzige Beschluss bedeutet aber nicht, dass man mit dem niederländischen Architekten zwangsläufig weitermacht.
Christian Schweikert von der Stabsstelle Besondere Bauaufgaben bei der Gemeinde skizzierte zwei Szenarien. Macht man mit MVRDV weiter, bedeutet das, dass man mit einer Inbetriebnahme des Gebäudes zwischen Juli und Oktober 2025 rechnen könne. Gibt es jedoch einen neuen Architektenwettbewerb, dauert es ein Jahr länger.
Der Kostenrahmen des Projekts beläuft sich auf 11,5 Millionen Euro – von der Erschließung des Geländes bis hin zu den Baunebenkosten, so Schweikert. Der Grundstücksverkauf an den Investor der „Neuen Mitte“, Evohaus, sowie Förderung durch die NBBW (Nachhaltiges Bauen Baden-Württemberg) bringen schon 5,7 Millionen Euro. Wie in der Sitzung des Gemeinderats deutlich wurde, ist bei den Kosten ein Puffer von 2,8 Millionen Euro eingerechnet.
Nach Planungsstopp vor einem Jahr: Pflichtenheft wurde erstellt
Ob das Gebäude nun höher werde als das Rathaus, müsse man im weiteren Prozess sehen, sagte Christian Schweikert. „Vor einem Jahr sind wir im Straßengraben gelandet und haben uns jetzt zusammen rausgezogen“, sagte Bürgermeister Christian Eheim zu Anfang der Diskussion im Gemeinderat.
Vor einem Jahr sind wir im Straßengraben gelandet und haben uns jetzt zusammen rausgezogen.Christian Eheim, Bürgermeister
Er bezog sich auf den Planungsstopp und die folgenden Workshops. Das Pflichtenheft nehme die Kritikpunkte des vergangenen Jahres sehr gut auf, sagte der Rathauschef. Auch beim Raumprogramm habe man viel mehr in die Tiefe geschaut – es sei viel detaillierter geworden.
„LeBen“ soll eine Nutzfläche von 1.469 Quadratmetern haben. Davon entfallen 707 Quadratmeter auf die Bibliothek. Auch die Verschmelzung verschiedener Bereiche, beispielsweise von Bibliothek und Gastronomie, ist eine Anforderung, die man als Ziel stellt. Zudem sollen zwei Medienateliers mit je 30 Quadratmetern Fläche im Lern- und Begegnungsort Platz finden.
Auch zum Thema Städtebau gab es im einen Workshop im April. Christian Schweikert gab dazu einige Eckdaten. Demnach soll unter anderem die Hauptstraße im Bereich des Rathauses eventuell sehr leicht verschwenkt und die Straßenbreite auf 6,50 Meter verringert werden. Auch eine Temporeduzierung von 50 auf 30 Kilometer pro Stunde ist angedacht.
Diskussionen im Gemeinderat in Graben-Neudorf
Wolfgang Bauer, Fraktionsvorsitzender der SPD, sagte, dass man nun größtmögliche Planungssicherheit für die kommenden Jahre habe. Dass es vor dem Beschluss wieder Diskussionen geben würde, war angesichts der Vorgeschichte eigentlich klar.
Armin Gabler, Fraktionsvorsitzender der Grünen, sprach sich dafür aus, den Punkt, das Pflichtenheft mit den Anforderungen zu übersenden und ein neues Planungskonzept von MVRDV anzufordern, zu vertagen. Er begründete das damit, dass ein weiterer Punkt zum Projekt auch nichtöffentlich behandelt würde.
„Wenn Sie es nicht wollen, dann müssen Sie es sagen“, sagte Wolfgang Bauer zu Armin Gabler in Bezug auf das Projekt. Gabler hielt dagegen, dass es noch einige Fragen zu klären gebe, die nichtöffentlich zu besprechen seien. Grundsätzlich spreche er sich aber dafür aus, MVRDV zu beauftragen.
MVRDV haben wir vor einem Jahr angehört und seitdem nie wieder.Christian Eheim, Bürgermeister
„MVRDV haben wir vor einem Jahr angehört und seitdem nie wieder“, sagte Christian Eheim bei der Diskussion im Gemeinderat. Man habe gemeinsam vereinbart, dass das Architekturbüro Gelegenheit bekommt noch einmal seine Ideen gemäß des Pflichtenhefts zu präsentieren. „Da reißen wir uns keinen Zacken aus der Krone“, so der Bürgermeister.