Skip to main content

Stimmungsloch nach Festtagen

Psychologin aus Graben-Neudorf gibt Tipps: So entkommen Menschen der Winterdepression

Die dunkle Jahreszeit sorgt bei vielen Menschen für Schwermut und Antriebslosigkeit. Vor allem nach den Feiertagen sind sie für eine Winterdepression anfällig.

Bild von Victoria Schäufele, Mitarbeiterin der Psychologischen Beratungsstelle Graben-Neudorf
Victoria Schäufele kennt sich mit der Winterdepression aus. Die Mitarbeiterin der Psychologischen Beratungsstelle Graben-Neudorf gibt Tipps. Foto: Victoria Schäufele

Weihnachten und Silvester sind vorbei, die Tage kurz, das Wetter wird wieder schmuddelig. Viele Menschen tun sich im Winter schwer. Gerade nach den Festtagen fallen sie in ein Stimmungsloch, sind antriebslos und müde.

Dabei gibt es Möglichkeiten, sich selbst an trüben Tagen bei Laune zu halten. Victoria Schäufele von der Psychologischen Beratungsstelle in Graben-Neudorf erklärt, woran man eine Winterdepression erkennt und wie wir ihr entkommen können.

Nach dem Fest folgt für viele Menschen die große Leere. Wir müssen zurück in den Alltag, Dunkelheit und Wetter schlagen auf die Stimmung. Wie kommen wir ohne Winter-Blues durch die kalte Jahreszeit?
Schäufele

Ich muss mir selbst die Frage stellen, welches Verhalten sich ungünstig auf mein Wohlbefinden auswirkt. Das schafft Eigenverantwortung und macht wieder handlungsfähig. Dabei geht es zum Beispiel um Dinge wie in den Tag hineinleben, das Bett nicht verlassen, kaum Bewegung oder wenig Kontakt zu Freunden.

Im Winter werden die Gedanken oft schwer. Wie kann man sich davon freimachen?
Schäufele

Die Gedanken selbst können uns nichts anhaben, erst die Bedeutung, die wir ihnen verleihen, machen sie bedrohlich und unangenehm. Angenehme Aktivitäten können davon ablenken. Man kann einen negativen Gedankengang auch durchbrechen, indem man innerlich Stopp sagt, den Gedanken aufschreibt und ihn zur Seite legt. Außerdem sollte man seine Gedanken auf die Realität prüfen. Treffen meine Befürchtungen wirklich ein oder handelt es sich um eine Illusion, die mein Kopf produziert?

Besteht besonders nach den Feiertagen die Gefahr, in ein Stimmungstief zu fallen?
Schäufele

Die Vorweihnachtszeit wird von den meisten Menschen als stressig empfunden. Da kann die To-do-Liste lang sein, der Tag ist strukturiert. Weihnachten und Silvester sind Festtage, die für viele Menschen positiv besetzt sind. Danach sind die Listen abgearbeitet. Viele Aufgaben fallen weg, einige haben Urlaub und Zeit zum Nachdenken. Es ist kein weiteres Highlight in Sicht, das kann sich negativ auf die Stimmung auswirken.

Wie kann man das ausgleichen?
Schäufele

Ein geregelter Tag- und Schlafrhythmus ist entscheidend. Wenn nötig, kann man sich einen Tagesplan schreiben – mit angenehmen Dingen wie Freunde treffen und unangenehmen Aufgaben, zum Beispiel Schrank ausmisten. Wenn ich die mir gesetzten Ziele erreiche, wirkt sich das positiv auf meine Stimmung aus. Die ersten Schritte können hart sein, aber den inneren Schweinehund zu überwinden kann sich sehr positiv auswirken.

Was macht der Winter mit unserem Körper und unserer Psyche?
Schäufele

Das überwiegend schlechte Wetter zieht uns weniger nach draußen. Dadurch bekommen wir weniger frische Luft, Bewegung, Licht und Kontakt zu Mitmenschen. Darüber hinaus haben wir durch die kürzeren und düsteren Tage weniger Tageslicht, wodurch sich unser Biorhythmus ändert. Ist es dunkel, produziert der Körper das Schlafhormon Melatonin, das müde macht. An trüben Tagen ermüden wir auch tagsüber schneller. Zudem wird weniger Serotonin, unser Glückshormon, ausgeschüttet. Hier können moderate Bewegung an der frischen Luft und Kontakte zu Mitmenschen helfen. Stresshormone lassen sich einfacher in Bewegung abbauen als auf der Couch.

Was sind typische Anzeichen einer Depression – und wie unterscheidet sie sich von einem gewöhnlichen Stimmungstief im Winter?
Schäufele

Viele Symptome einer Winterdepression ähneln einer typischen Depression, wie eine gedrückte Stimmung, vermindertes Interesse an sozialen Kontakten und Freizeitaktivitäten, Hoffnungslosigkeit, Schuldgefühle oder Konzentrationsstörungen. Bei der Winterdepression beginnen sie im Herbst und dauern bis zum Frühling an. Außerdem kommt es zu atypischen Symptomen wie einem erhöhten Schlafbedürfnis, Müdigkeit und Antriebslosigkeit. Es kommen häufig Heißhungerattacken vor. Bei einer klassischen Depression tritt dagegen eher Appetitverlust auf.

Welche Menschen sind für Depressionen im Winter besonders anfällig?
Schäufele

Statistisch gesehen sind Frauen davon häufiger betroffen als Männer. Auch Menschen in nördlichen Ländern, mit starken jahreszeitlichen Schwankungen, haben eher Probleme. Darüber hinaus spielen genetische Vorbelastungen und Stress wohl eine Rolle. Menschen mit mehr Schutzfaktoren wie einem stabilen Umfeld, besseren Stressbewältigungsstrategien und einem aktiven Lebensstil dürften weniger anfällig sein.

Gibt es im Winter auch positive Einflüsse auf unsere Psyche?
Schäufele

Das hängt in erster Linie mit unserer eigenen, subjektiven Bewertung zusammen. Man kann fast jeder Lebenssituation etwas Positives abgewinnen. Ich kann mir zum Beispiel Gedanken machen, welche positiven Aspekte der Winter für mich hat. Was kann ich nur im Winter machen? Was macht ihn besonders für mich? Auch ein Dankbarkeitstagebuch kann helfen, tägliche Erfahrungen positiv zu interpretieren. Ich kann mich ärgern, wenn ich als einziger zwischen den Jahren arbeiten muss. Oder ich freue mich über die freien Straßen.

nach oben Zurück zum Seitenanfang