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Stressfreier Tod

Landwirte im Karlsruher Norden sehen bei mobilen Schlachtungen auf dem Hof noch viele Fragezeichen

Früher wurden Tiere direkt auf dem eigenen Hof geschlachtet. Heute müssen sie dafür mitunter weit gefahren werden. Lässt sich das so einfach ändern?

Marina Kugler vom Linkenheimer Kugler-Hof steht im Stall
Für den Linkenheimer Kugler-Hof wären mobile Schlachtungen definitiv ein Thema. Allerdings kennt Marina Kugler dafür keinen Betrieb in der Gegend. Foto: Alexander Werner

Dass Tiere auf dem eigenen Hof geschlachtet werden, war früher Alltag. Das hat sich längst geändert. Landwirte müssen ihr Vieh zu einem der immer weniger gewordenen Schlachthöfe bringen. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) plädiert für den Ausbau mobiler Schlachtungen auf Bauernhöfen, um lange Transportwege zu verringern und den Tierschutz zu verbessern.

Für uns wäre ganz ideal, wenn es direkt auf der Weide möglich wäre.
Fritz Gerhard Gruber, Storchenhof Rußheim

Seit 2021 dürfen Landwirte auf diesem Weg wieder Tiere in begrenzter Zahl schlachten lassen. Fritz Gerhard Gruber vom Rußheimer Storchenhof stimmt diesem Vorgehen vollauf zu. „Für uns wäre ganz ideal, wenn es direkt auf der Weide möglich wäre. Es gibt dafür Modelle mit Jägern und Fachbetrieben“, erklärt Gruber. Ziegen und Schafe hält er für Beweidungsprojekte und zur nachhaltigen Fleischgewinnung. Dazu kommen noch Rinder.

„Wir sind für kurze und für die Tiere stressfreie Wege. Über eine humanere mobile Schlachtung würden sie nicht unnötig Belastungen durch Transport und mögliche Wartezeiten am Schlachthof ausgesetzt. Dazu wäre es wirtschaftlich interessant und man müsste das Geld nicht auf der Straße lassen“, ergänzt Gruber. Der Haken daran ist, mobile Schlachter zu finden: Kleinbetriebe gebe es vereinzelt, aber es bestünden Probleme bei der Verfügbarkeit und der Kapazität, erläutert Gruber.

Lage bei Ziegen und Schafen ist noch komplizierter

Kompliziert ist die Lage speziell bei Ziegen und Schafen. „Wir müssen extrem weit fahren, weil wir dafür einen EU-zertifizierten Schlachtbetrieb brauchen“, hebt er hervor. Auf dem Wenz-Hof in Liedolsheim kamen zu Milchvieh und Bullen Legehennen dazu. „Tatsächlich kommt demnächst ein mobiles Schlachtmobil für Hühner zu uns. Ansonsten müssten wir richtig weit fahren“, berichtet Johannes Wenz.

„Wir machen das so, dass man die Hühner dann auch bei uns kaufen und vorbestellen kann“, ergänzt er. Mobile Schlachtung von Großvieh komme für ihren Hof eigentlich nicht infrage, sagt Wenz, der den Betrieb mit seinem Vater Reinhard führt. Die Tiere müssten auf der Weide betäubt, getötet und dann per Box zur Metzgerei gefahren werden, so Johannes Wenz.

„Unsere Rinder lassen wir fast nur bei der Metzgerei Baumgärtner in Neuthard schlachten, die über ein eigenes Schlachthaus und ein großes Team verfügt.“ Die Tiere suche man mit dem Metzger aus und fahre dann jedes Rind zu ihm. „Von der Entfernung her liegt die Metzgerei quasi um die Ecke und der Transport verläuft für die Tiere im Prinzip angstfrei. Wir fahren selbst und jedes Rind kennt uns und unsere Stimmen“, betont er.

Zudem würde es bei ihrem nicht so großen Betrieb keinen Sinn machen, immer einen Schlachter zu holen. Auf dem Linkenheimer Kugler-Hof kümmern sich Marina und Niko Kugler um derzeit zehn Mutterkühe, einen Bullen und Kälber. Acht bis zehn Tiere werden jährlich geschlachtet: bei der Metzgerei Baumgärtner zur Komplettabgabe sowie für die Selbstvermarktung vom Fleisch bei Metzger Deckinger in Unteröwisheim.

Bindung wirkt sich positiv auf Zustand der Tiere aus

Da Niko Kugler manchmal zwei Tiere transportiert, halten sich die Fahrten in Grenzen. Deckinger sei der nächstgelegene Metzger, der für Selbstvermarktung schlachte und zerlege, berichtet Marina Kugler. Ansonsten bleibe nur ein Schlachthof, „Das wäre keine Option für uns, weil wir den Tieren keinen Stress zumuten wollen“, betont sie. Der Weg nach Unteröwisheim sei zwar etwas weiter, aber zehn Minuten mehr oder weniger mache für die Tiere keinen Unterschied.

„Die Tiere verhalten sich unterwegs ruhig und kennen meinen Mann, der tagtäglich bei ihnen ist“, erklärt Marina Kugler. „Es ist für uns ganz wichtig, dass alle Tiere eine Bindung an uns haben. Das wirkt sich auch positiv aus, wenn sie krank sind oder Junge bekommen.“ „Mobile Schlachtung auf dem Hof wäre für uns definitiv ein Thema“, sagt Kugler. „Es wäre für die Tiere in ihrer Umgebung und ohne Verladen am stressfreiesten. Das wäre uns am liebsten.“

Dabei weist sie auch darauf hin, dass die Zeit, in der das Tier zu einem Metzger zum Verarbeiten gebracht werden müsse, knapp bemessen sei. Unterm Strich müsse man auch den Kosten-Nutzen-Faktor betrachten und ob die Kundschaft bei Mehrkosten auch bereit wäre, etwas draufzulegen.

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