Skip to main content

Dialekt als lebender Organismus

Mundart-Autorin Irmtraud Bernert aus Linkenheim engagiert sich für das Badische

„Hochdeutsch war in der Schule gewissermaßen meine erste Fremdsprache“, sagt Irmtraud Bernert. Die Linkenheimerin verfasst regelmäßig Mundart-Texte.

Mundart-Autorin Irmtraud Bernert aus Linkenheim-Hochstetten mit einer Karte der Dialekte in Baden-Württemberg
Kennt sich aus: Irmtraud Bernert zeigt eine Karte der Dialekte in Baden-Württemberg Foto: Andrea Baron

Geschrieben hat Irmtraud Bernert schon immer gerne. Und sie war auch schon immer begeisterte Leserin von Mundarttexten von Werner Puschner, Harald Hurst und anderen badischen Autoren.

Ein Aufruf in der BNN, an dem Mundartwettbewerb „De gnitze Griffel“ teilzunehmen, veranlasste sie im Jahr 2017, erstmals selbst einen Text auf Badisch zu schreiben. Sie schaffte es mit ihrem vierseitigen Beitrag auf Anhieb auf den dritten Platz. Es gab ein Preisgeld, eine Urkunde und einen Mundartabend in der Badnerlandhalle, bei dem sie ihren Text vorlas – die Initialzündung für ihre neue Leidenschaft als badische Mundart-Autorin.

Mundart-Autorin bereitet Alltägliches ironisch auf

Seitdem verfasst die gebürtige Hochstettenerin regelmäßig Texte, in denen sie bevorzugt Alltagsthemen ironisch aufbereitet. Reflexionen über den medialen Hype um die Nosferatu-Spinne finden sich da ebenso wie die Freude über den ersten Amselgesang im Frühjahr („De Pavarotti singt widder!“) oder die Wirksamkeit von „Kerschdeblotzer gege Fernweh“.

„Die besten Steilvorlagen kommen aus den alltäglichen Begebenheiten, man muss nur ein wenig Augen und Ohren offen halten“, sagt die Logopädin im Ruhestand, die in Liedolsheim aufwuchs und nach Stationen in Bretten, Heidelberg und Ettlingen jetzt mit ihrem Mann in Linkenheim lebt. Schmunzelnd erinnert sie sich daran, wie ihr früherer Professor für Sprecherziehung an ihrer badischen Sprachfärbung schier verzweifelt ist.

Viele ihrer Werke sind auf der Internet-Seite „Badische Gutsele“ zu lesen, auf der eine Vielzahl von Mundartdichtern vereint ist. Man trifft sich einmal im Jahr zu einem badischen Symposium. Und sie ist bei vielen literarischen Veranstaltungen aktiv, wie etwa bei der badisch-pfälzischen Literatur-Matinee beim Linkenheimer Kultursommer 2022, einem Mundart-Abend der Literaturtage Karlsruhe oder bei Lesungen mit der Autorengruppe „Dichterzusammen“

Hochdeutsch war in der Schule gewissermaßen meine erste Fremdsprache.
Irmtraud Bernert, Mundartautorin aus Linkenheim-Hochstetten

„Ich habe in meinen ersten Lebensjahren nur Dialekt gesprochen“, erzählt Bernert. „Hochdeutsch war in der Schule dann gewissermaßen meine erste Fremdsprache. Dialekt, das bedeutet für mich bis heute Heimat, Identität und auch Geborgenheit. Manches lässt sich so einfach besser ausdrücken, Dialekt ist emotional näher an uns dran.“ Es sei aber dennoch wichtig, dass man beim Sprechen eine Wahl habe zwischen Dialekt und Hochdeutsch, also beides beherrsche.

Dialekt verändert sich wie ein lebendiger Organismus

Jeder Ort im Landkreis hat seine eigene sprachliche Klangfarbe und auch grammatikalischen Besonderheiten, weiß die Autorin. Sehr wichtig findet die Schriftstellerin es auch, bei der Jugend ein Bewusstsein für den regionalen Zungenschlag zu entwickeln: „Dialekt kann sowohl als Weichzeichner wie auch als Brennglas funktionieren. Er ist wie ein lebender Organismus und verändert sich, wie alles um uns herum. Man darf die Mundart nicht in ein festes Regelwerk einzementieren, sie aber auch nicht so vernachlässigen wie derzeit.“

Eine Nachricht vom 9. Februar hat Irmtraud Bernert daher besonders gefreut: In Stuttgart wurde an diesem Tag die Gründung eines Dachverbands für Dialekte in Baden-Württemberg beschlossen. Dadurch werden den Dialekt- und Mundartvereinen, der Dialektforschung und den Mundartkünstlern zukünftig auch Landesmittel, etwa für Preise und Wettbewerbe, bereitgestellt.

Befragt, warum sie sich als ausgebildete Sprachtherapeutin so für ihren Heimatdialekt engagiert, zitiert Bernert aus ihrem Text „Maulkunscht“: „… vielleicht isch’s e späte Versöhnung mit all dene Johre, in dene ich mein Schnawwel so arg heb verbiege müsse?“

nach oben Zurück zum Seitenanfang