
Es ist früher Vormittag und schon viel los vor dem Eingang der Tafel Linkenheim-Hochstetten im Industriegebiet. Der Tafel-Kühltransporter mit Waren von Supermärkten und Bäckereien aus dem nördlichen Landkreis von Eggenstein bis Rußheim trifft ein. Die gespendeten Lebensmittel werden sofort von den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern der Frühschicht im Anrichtraum für den Verkauf am Nachmittag vorbereitet.
Schimmlige Zitronen oder Gemüse mit angeschlagenen Stellen landen in der Biotonne. Der Großteil der Produkte ist allerdings noch in gutem Zustand und für den Weiterverkauf geeignet.
Zweimal in der Woche, montags und donnerstags, werden die Lebensmittel abgeholt und jeweils am gleichen Nachmittag an die Bezugsberechtigten zu einem sehr günstigen Preis verkauft. Ein Brot vom Vortag kostet hier zehn, Paprika fünf Cent. Auch die Solidarität der Bürger der Gemeinde ist ungebrochen: Viele Privatpersonen spenden haltbare Lebensmittel wie Reis, H-Milch oder Dosenware.
Wir bieten den Menschen ein ergänzendes Sortiment an.André Heidt, Tafel-Mitarbeiter
„Wir sind keine Vollversorger, sondern bieten den Menschen ein ergänzendes Sortiment an“, erklärt André Heidt aus Hochstetten, der montags ehrenamtlich die Organisation der Frühschicht leitet und an den anderen vier Wochentagen als Maschinenbautechniker arbeitet. Das Team freut sich, weil gerade ein großes Paket mit Babynahrung eingetroffen ist. „Das können wir aktuell gut gebrauchen. Am wichtigsten ist aber, dass wir immer auch ausreichend Grundnahrungsmittel wie Mehl, Öl, Reis, Kartoffeln und Dosenwaren vorrätig haben“, so der 60-Jährige.
Immer mehr Bezugsberechtigte im Karlsruher Norden
Die Zahl der Bezugsberechtigten, die aufgrund ihres geringen Einkommens hier mit einem Tafelausweis einkaufen dürfen, hat sich mit dem Ukraine-Krieg im Frühjahr stark erhöht. Zudem gibt es nach wie vor viele syrische Flüchtlinge und immer mehr Menschen mit niedrigem Einkommen wie Rentner, alleinerziehende Mütter, Studenten oder ALG-II- und Grundsicherungs-Bezieher.
„Es ist zu beobachten, dass einige Senioren aus unserer Gemeinde nicht bei uns einkaufen, obwohl sie bezugsberechtigt wären. Sie wollen offenbar nicht, dass im Ort erzählt wird, sie seien arm“, schildert André Heidt seine Beobachtungen.
Andere Kunden wiederum kommen erst jetzt, obwohl sie wegen ihres niedrigen Einkommens schon längst einkaufsberechtigt wären. „Durch die Inflation und die gestiegenen Energiepreise reicht einigen das Geld jetzt wirklich nicht mehr zum Leben. Ich ermutige die Menschen dazu, das Angebot der Tafel anzunehmen, da sie sich durch den günstigen Einkauf bei uns einen kleinen finanziellen Freiraum schaffen“, erklärt Beate Rashedi, Dienststellen-Leiterin beim Diakonischen Werk Ettlingen, das auch für die Tafel in Linkenheim-Hochstetten zuständig ist.
Spenden aus Supermärkten gehen zurück
Bei Frischwaren wie Obst und Gemüse ist ein Spenden-Rückgang aus den Supermärkten zu verzeichnen, da diese seit einiger Zeit ihre Einkäufe knapper kalkulieren. Aufgrund der höheren Kundenzahl und des kleineren Warenangebots wurde beschlossen, dass jeder Bezugsberechtigte hier nur noch einmal in der Woche – und nicht wie früher zweimal in der Woche – die Möglichkeit eines günstigen Einkaufs hat.
Von den Einnahmen aus dem Lebensmittelverkauf werden ungefähr die Hälfte der Unkosten bezahlt, zum Beispiel Ladenmiete für die Verkaufs- und Büroräume, Strom, Fahrzeugkosten oder Müllentsorgung. Die rund 50 Mitarbeiter der Tafel Linkenheim-Hochstetten, die sich um den Transport, die Warenplatzierung und deren Verkauf kümmern, tun dies allesamt ehrenamtlich. Viele von ihnen sind schon seit vielen Jahren dabei.