Jetzt wird es spannend beim Bahnprojekt Mannheim – Karlsruhe, denn jetzt werden die Weichen gestellt. Dieser Abschnitt ist der Lückenschluss in der Verbindung Rotterdam – Genua und je nach Trassen- und Ausbauvariante wären auch Stutensee, Graben-Neudorf oder Karlsdorf-Neuthard betroffen.
Wohlweislich hat die Bahn dazu einen Dialogprozess mit den Beteiligten eröffnet. Die Freien Wähler Stutensee haben in einer digitalen Veranstaltung darüber informiert. Den ersten Input gab der Direktor des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein, Gerd Hager. Aktueller Stand sei, dass Grobkorridore festgelegt wurden, die sich für Neubau oder Ausbau eignen. Bis Mitte des Jahres folgen die Trassenkorridore, bis Ende 2021 Linienentwürfe und bis Mitte 2022 ein Variantenvergleich bis zur Antragsvariante.
Es sei ein konfliktbeladener Prozess, in einem dicht besiedelten Raum mit wunderbarer Natur bauen zu wollen. Je höher die Konflikte, desto mehr Widerstand sei zu erwarten, die sogenannten Raumwiderstandsklassen (RWK). Die beste Linienführung sei diejenige, die die wenigsten Widerstände überwinden müsse oder ausräumen könne.
Verträgliche Lösung gesucht
Daniel Metz, Sprecher der Bürgerinitiative Karlsdorf-Neuthard, sagte, die Mitglieder der Initiative wollten sich aktiv daran beteiligen, eine verträgliche Lösung für Mensch und Natur zu finden, und freuten sich über die aktuell hohe Transparenz seitens der Bahn.
Die Bahn hat das Wohl der Menschen nicht im Blick.Christian Eheim, Bürgermeister Graben-Neudorf
„Raumwiderstände sind die Bibel des Projekts“, sagte der Sprecher der Bürgerinitative Karlsruhe-Molzau, Dietrich Knoche. Jetzt gelte es, genau hinzusehen, wo Widerstände seien und wo Lösungen möglich wären. Das Bündelungsgebot der Raumordnung ansprechend meinte er, die Autobahn 5 gebe zwar eine Linie vor, aber dort bestünden mit den Ortsdurchfahrten Blankenloch, Friedrichstal und Graben-Neudorf höchste Widerstände. „Ein Ausbau ist hier nicht denkbar“, sagte Stutensees Oberbürgermeisterin Petra Becker (parteilos) entschieden. Das vorgelegte Tempo der Bahn bei der Planung gehe ihr viel zu schnell.
Kritik aus Graben-Neudorf
„Die Bahn hat das Wohl der Menschen nicht im Blick“, pflichtete ihr Graben-Neudorfs Bürgermeister Christian Eheim (SPD) bei. Schon ein simpler Bebauungsplan erfordere zwei bis drei Jahre Planungszeit. So ein riesiges Projekt erlaube keinen Schnelldurchgang.
Auf die Frage, wann er meine, dass die Bagger rollen, antwortete Gerd Hager, es sei ein politisches Problem, dass Deutschland mit dem Bau dieses Teilstücks hinterher hinke. Aber die Verkehrswende sei ohne die Stärkung der Schiene nicht machbar. Mit allen rechtlichen Verfahrensschritten rechne er mit rund zehn Jahren.
Auch Daniel Metz forderte ein kritisches Hinsehen, denn jetzt werde die Basis für alle weiteren Schritte gelegt. Konkret müssten die Bürger Argumente einbringen, was zu berücksichtigen sei, ergänzte Knoche. Oder einen Vorschlag, mit dem man leben könne. Übereinstimmend mahnten Becker und Eheim, nicht nach dem Sankt-Florians-Prinzip zu verfahren.
Die Bahn werde die wirtschaftlichste Lösung vorschlagen, dann müssten die Gemeinden zusammenhalten und sich nicht gegeneinander ausspielen. Becker wollte dazu Plattformen für die Bürger anbieten. Nach Einigkeit klang auch Hagers Fazit, der an den Tunnelbau in Südbaden erinnerte, bei dem die Bürger gehört wurden: „Wir müssen Argumente sammeln und viel Schlagkraft aus der Region zusammenbringen.“
Klaus Mayer, Vorsitzender der Freien Wähler Stutensee, sprach das Schlusswort: „Auch wenn erst in zehn Jahren gebaut wird, so werden doch in diesem und im nächsten Jahr die Weichen gestellt. Wir müssen am Ball bleiben.“