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Schutz vor Coronavirus

Altenheime warnen: „Wir dürfen nicht die Gesundheit unseres Personals aufs Spiel setzen“

Alten- und Pflegeheime stehen in Zeiten des Coronavirus besonders im Fokus. Gerade jetzt, da Einrichtungen in Stutensee und Bretten die ersten Fälle und auch die ersten Toten aufgrund Covid-19 zu beklagen haben. Drei Pflegeheimleiter berichten nun über die Versorgung mit Schutzausrüstung und verschärfte Vorschriften.

Wenn ein Virus wie das Coronavirus Distanz fordert, kann diese in manchen Situationen nicht eingehalten werden. Beispielsweise in der Pflege. Daher haben Pflegeeinrichtungen Vorkehrungen getroffen, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren.
Wenn ein Virus wie das Coronavirus Distanz fordert, kann diese in manchen Situationen nicht eingehalten werden. Beispielsweise in der Pflege. Daher haben Pflegeeinrichtungen Vorkehrungen getroffen, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren. Foto: Angelika Warmuth/dpa

Die Altenheime im Landkreis Karlsruhe haben sich so gut es geht auf das Coronavirus vorbereitet – auch die Einrichtungen, in denen es noch keine Erkrankten gibt, haben Hygienevorschriften angepasst und frühzeitig Besuche ausgesetzt. Der Mangel an Schutzausrüstung ist nicht mehr so groß wie zuvor.

Es sind Zahlen, die Angst machen: fünf an Covid-19 Verstorbene und 104 Infizierte in einem Altenwohn- und Pflegeheim in Bretten-Neibsheim . Drei tote Personen und mittlerweile 64 mit dem Coronavirus Infizierte in Stutenseer Alten- und Pflegeeinrichtungen (Stand Samstag). Alte, Schwache und Menschen mit Vorerkrankungen haben dem Virus oft nicht viel entgegenzusetzen – und dann kann es noch diejenigen treffen, die sich um diese Risikogruppen kümmern: die Pflegekräfte.

Zukünftige Corona-Fälle kann niemand ausschließen

Bei 690 Corona-Infizierten und zehn Toten im Stadt- und Landkreis Karlsruhe (Stand 3. April), verzeichnet das Altenpflegeheim Geschwister Nees in Linkenheim-Hochstetten bis dato noch keinen Corona-Fall, berichtet Heimleiter Marek Piecha.

Trotz allem sei es nicht auszuschließen, dass doch ein Corona-Fall komme, sagt er. „Aber das kann kein Mensch“, fügt er hinzu. In der Einrichtung wurden schon nach den Faschingsferien Informationen von Spitzenverbänden und dem Robert-Koch-Institut gesammelt. „Was könnte auf uns zukommen?“, war zu diesem Zeitpunkt die Frage von Heimleiter Piecha.

Wir haben die Hygienevorschriften auf Maximum gefahren.
Marek Piecha, Heimleiter des Alten- und Pflegeheims Geschwister Nees

Anfang März wurde ein Krisenstab gebildet. Die 107 Betten zählende Einrichtung ist für Besucher durch eine Vorschrift der Gemeinde abgeriegelt worden. „Am 13. März kam die Verordnung der Landesregierung. Nach diesem Wochenende waren wir bereits geschlossen“, erläutert er.

Die einzige Ausnahme besteht im Palliativbereich: Bei Sterbenden dürfen Angehörige zur Sterbebegleitung unter Einhaltung der Hygienevorschriften, sprich Mundschutz, Schutzkittel und Handschuhe, in die Einrichtung.

Ansonsten dürften nur noch Ärzte ins Altenpflegeheim kommen. Allerdings wurde entschieden, welche Besuche therapierelevant sind und welche in Abwägung des Risikos aufgeschoben werden können. „Wir haben die Hygienevorschriften auf Maximum gefahren“, erklärt Piecha.

Fiebermessung als Eingangskontrolle für Mitarbeiter

Die Bewohner, die auf drei Etagen untergebracht sind, wurden untereinander in sogenannter Kohortenbildung isoliert. Über Neuaufnahmen wird, so Piecha, vorsorglich zwei Wochen Quarantäne verhängt. Beim Personal versuche man, die Kontakte so gering wie möglich zu halten.

Vom Heimleiter bis zum Techniker werde vor Beginn der Arbeitszeit, quasi als Eingangskontrolle, die Temperatur gemessen, um etwaige Infektionen zu erkennen. Vor allem aber bei Mitarbeitern, die in der direkten Versorgung der Bewohner tätig seien.

Der Materialbestand sei gut, insbesondere beim Desinfektionsmittel. „Ein großes Lob an das Personal und an dessen Durchhaltevermögen, und dass trotz allem die Stimmung noch gut ist“, sagt Marek Piecha.

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Schutzhandschuhe aus dem Drogeriemarkt sollen gegen Covid-19 helfen

Einen sehr knappen Bestand an Schutzausrüstung hat, nach Aussage von Heimleiter Thomas Richter, hingegen das AWO-Seniorenzentrum Rheinaue in Graben-Neudorf. „Wir haben schon sämtliche Quellen angezapft.“

Unter normalen Gesichtspunkten, sofern keine Erkrankung komme, reiche der Vorrat vier Wochen, sagt Richter in puncto Schutzausrüstung. Er selbst habe schon in einem Drogeriemarkt fünf Packungen mit Einweghandschuhen mitgenommen. Die Einrichtung hat Kontakt zum Landkreis aufgenommen, der das Seniorenzentrum mit Schutzausrüstung versorgt.

Der Mangel ist nicht mehr ganz so groß.
Christoph Schnaudigel, Landrat Landkreis Karlsruhe

Der Landkreis, so Landrat Christoph Schnaudigel, bezieht auf zwei Schienen das Material. Entweder es kommt vom Land Baden-Württemberg oder der Landkreis wird selbst aktiv. Die Einrichtungen können in einem Bestellungstool ihre Anforderungen melden. Man wolle die Ausrüstung möglichst gerecht verteilen, müsse allerdings priorisieren.

In einer ersten Lieferung wurde der Landkreis Karlsruhe vom Land mit 2.500 Schutzmasken, 1.000 OP-Masken und 5.000 Schutzhandschuhen bedacht. Am vergangenen Mittwoch kam noch eine Tranche mit 12.800 OP-Masken, 1.000 FFP-2-Masken, 150 Schutzanzügen und 11.000 Einmalhandschuhen, die laut Landratsamt vornehmlich für Krankenhäuser bestimmt sind. „Der Mangel ist nicht mehr ganz so groß“, so Schnaudigel. Er hofft, dass weiterhin solche Lieferungen den Landkreis erreichen.

Heimleiter fürchtet um Ansehen der Altenpflege

Am Donnerstag kam dann auch ein Päckchen des Landkreises nach Graben-Neudorf. Der Inhalt: 100 Schutzhandschuhe, Größe M, so Heimleiter Richter. Er fürchtet, dass die Altenpflege in ihrem Ansehen geschwächt wird, wenn es zu Schutzanforderungen kommt, es aber keine Schutzausrüstung gibt, und sich daraufhin das Pflegepersonal einem Risiko ausgesetzt sieht. „Wir dürfen nicht die Gesundheit unseres Personals aufs Spiel setzen“, mahnt er.

Im Seniorenheim, in dem es keinen Corona-Fall gibt, habe man schon sehr früh angefangen, die Angehörigen zu bitten, von Besuchen Abstand zu nehmen. Mitarbeiter, die zum Zeitpunkt 13. März in Urlaub waren und sich in einer Risikoregion aufgehalten haben, seien gebeten worden, erst einmal zwei Wochen zu Hause zu bleiben. Ebenso wurde ein Plan aufgestellt, der ein mehrstufiges Verfahren, darunter Kontaktverzicht und erhöhte Desinfektionsmaßnahmen, vorsieht.

Zusätzliche Hygiene-Schulungen gab es im Seniorenzentrum Hardtwald in Eggenstein-Leopoldshafen, erläutert Heimleiter Markus Bär. Das Hauptproblem beim Vorrat seien Masken, es gebe aber „keinen akuten Notstand“. Neben der Lieferung des Landkreises wurden dem Heim auch Masken und Desinfektionsmittel gespendet – und Pizza für die Mitarbeiter.

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