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Zilvinas Dauksas aus Pfinztal

Altes Handwerk in der Gegenwart: Der Hufschmied ist mobil geworden

Altes Handwerk ist selten geworden, aber es ist noch zu finden. Wie sehen sie aus, die traditionellen Handwerksberufe in der Gegenwart? Die BNN haben sich um- und Hufschmied Zilvinas Dauksas aus Pfinztal bei seiner Arbeit über die Schulter geschaut.

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Pferde-Pediküre: Beim Reiterverein Karlsruhe bekommt Stute „Ulla“ von Hufschmied Zilvinas Dauksas aus Pfinztal, links mit Pferdepfleger Keith Hawkins, neues passgenaues „Schuhwerk“. Foto: Manfred Spitz

Viele traditionelle Handwerksberufe sind verschwunden oder vom Aussterben bedroht. Altes Handwerk ist selten geworden, aber es ist noch zu finden. Wie sehen sie aus, die traditionellen Handwerksberufe in der Gegenwart? Die BNN haben sich um- und Hufschmied Zilvinas Dauksas aus Pfinztal bei seiner Arbeit über die Schulter geschaut.

„Ulla“ scheint die Pediküre zu genießen. Der Hufschmied ist wieder da und „Ulla“, die elfjährige Stute beim Reiterverein Karlsruhe am Neureuter See, steht ganz ruhig, mit gespitzten Ohren, vor dem Stall. Pferdepfleger Keith Hawkins, der Neuseeländer arbeitet seit 2015 beim Reiterverein, streichelt der Braunen über die Schulter, während Hufschmied Zilvinas Dauksas das Horn an „Ullas“ Hufen raspelt, die Hufe schneidet und auf das Beschlagen mit neuen Eisen vorbereitet.

Der Hufschmied heutzutage ist mobil

Außer „Ulla“ bekommen an diesem Morgen noch zwei Pferde beim Reiterverein Karlsruhe von Hufschmied Zilvinas Dauksas neues „Schuhwerk“ verpasst. „Bei fünf Tieren steht heute nur Horn schneiden an“, sagt der Pfinztaler, der seit 13 Jahren in Söllingen seine Werkstatt hat. „Vor allem für die Pferde am Ort“, erzählt der 43-Jährige. „Der Hufschmied heutzutage ist mobil geworden“, fügt Dauksas hinzu. „Er kommt zu seinen Kunden.“ Das sind Reitvereine und Reitställe, Privatleute, aber auch bei Turnieren ist Dauksas regelmäßig präsent. „Bis vergangenes Jahr war bei Reitsportveranstaltungen ein Hufschmied sogar Pflicht“, sagt er.

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Alles dabei, was er braucht: Zilvinas Daukasas mit seiner mobilen Hufschmiede. Foto: Manfred Spitz

In seiner mobilen Schmiede hat er alles dabei, was er braucht: Werkzeug, einen Ambos, der dann vor dem Anhänger aufgebaut wird, ein Schleifgerät, einen kleinen Ofen – und jede Menge Rohlinge, in den verschiedensten Größen. Zilvinas Dauksas lacht. „In der Schule lernen wir zwar, aus Flacheisen Hufeisen zu schmieden, ich mache das aber nicht mehr selbst, ich kaufe die Rohlinge.“

15 bis 20 Minuten bräuchte er für das Schmieden eines Hufeisens, erzählt Zilvinas Dauksas. Das pro Pferd mal vier, den Aufwand könne er nicht beim Preis an seine Kundschaft weitergeben, das rechne sich nicht.

Jedes Pferd bekommt von ihm die Rohlinge individuell angepasst. „Wie Maßschuhe sozusagen“, verdeutlicht Dauksas. Wenn er die Eisen rot glühend aus dem Schmiedeofen holt und mit dem Hammer auf dem Ambos bearbeitet, sind Muckis gefragt. Zilvinas Dauksas lacht. „Das erfordert aber auch Augenmaß, da gibt es nicht viel Spielraum. Jeder Huf ist anders. Jedes Pferd tritt anders auf.“

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Werden passgenau gemacht: Hufeisen-Rohlinge in den verschiedensten Größen und Modellen. Foto: Manfred Spitz

Bevor es ans Beschlagen geht, schaut sich Zilvinas Dauksas die Pferde an. „Ich habe viele Stammkunden, da kennt man die Tiere. Orthopädische Probleme werden mit dem Tierarzt besprochen“, sagt der Pfinztaler. Vertrauen zwischen Tierarzt, Besitzer und Hufschmied, das sei wichtig.

Zilvinas Dauksas ist 1997 als Turnierreiter aus Litauen gekommen

1997 ist Zilvinas Dauksas als Turnierreiter aus Litauen nach Deutschland gekommen. Zunächst arbeitete er in einem Ausbildungsstall und einem Gestüt. Das Anreiten und Vorstellen von jungen Pferden auf Turnieren wie auch Prüfungen, im Springen und in der Dressur, bis zur Klasse M waren sein Schwerpunkt. 2004 legte Dauksas die staatliche Hufbeschlagprüfung an der Tierärztlichen Hochschule Hannover ab, seit 2005 ist er beim EDHV (Erster Deutscher Hufschmiedeverband) und seit 2012 stattlich anerkannter Hufschmied.

2013 von Waldbronn nach Söllingen

Sein „Einsatzradius“ betrage etwa 30 Kilometer rund um Pfinztal, verdeutlicht Zilvinas Dauksas, der, bevor er nach Söllingen kam, „seit Abschluss meiner Prüfung 2004“ eine Werkstatt in Waldbronn hatte und im Karlsruher Höhenstadtteil Stupferich wohnte.

Etwa 20 Hufschmiede im Raum Karlsruhe

Etwa 20 Hufschmiede gebe es im Raum Karlsruhe. Es gehe sehr kollegial zu, man treffe sich bei Weiterbildungen, und es gebe einen Stammtisch. „Das ist auch das Schöne dran“, sagt Zilvinas Dauksas. „Beim Reiterverein Karlsruhe beschlagen auch andere Hufschmiede“, sagt er. „Und man springt auch mal für einen Kollegen ein.“

Der Hufschmied prüft, welches „Schuhwerk“ das Tier benötigt. Er schneidet (mit dem sogenannten Wirkeisen) die Hufe und bereitet sie auf das Beschlagen vor. Er bearbeitet die Hufeisen mit dem Schmiedehammer und nagelt die neuen Eisen mit einem Hammer an die Hufe an.

Die Hufeisen schützen die Hufe, die durch das Reiten etwa auf Asphalt oder steinigem Untergrund sowie das Gewicht des Reiters stark beansprucht werden. Die meisten Kunden des Hufschmieds sind zwar Pferde, grundsätzlich kann er sich aber auch um andere Huftiere wie Esel kümmern.

Nicht jeder darf Hufe beschlagen

Der Beschlag von Pferden mit Hufeisen darf in Deutschland aus Tierschutzgründen nur von geprüften und staatlich anerkannten Hufbeschlagsschmieden vorgenommen werden. Eine Ausbildung zum Hufschmied ist notwendig. Dabei handelt es sich aber um eine Weiterbildung, denn wer Hufschmied werden will, muss zunächst eine berufliche Ausbildung im Metallbau machen.

Ungefähr alle acht Wochen neue Hufeisen

Inzwischen sind „Ullas“ Hufe geschnitten, das neue Eisen-Schuhwerk anprobiert: es passt. Mit jeweils sechs Hufnägeln werden die neuen Hufeisen angeschlagen, noch einmal Horn geraspelt – fertig. „Ungefähr alle acht Wochen braucht jedes Pferd neue Hufeisen“, macht Zilvinas Dauksas, der schon seit fast 15 Jahren zum Reiterverein Karlsruhe kommt, deutlich. Dann wartet auch auf „Ulla“ wieder die nächste Pediküre.

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