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Kindeswohlgefährdungen im Kreis

Gewalt gegen Kinder im Landkreis Karlsruhe steigt seit Jahren

Im Landkreis Karlsruhe ist die Zahl an registrierten Fällen von Kindeswohlgefährdungen seit 2014 enorm gestiegen. Die Auswirkungen von Corona und dem Lockdown sind dabei noch nicht absehbar.

Zum Themendienst-Bericht vom 8. März 2021: Rückzug aus Selbstschutz: Eltern sollten nie vergessen, dass Kinder sensibel sind - und ein Recht auf gewaltfreie Erziehung haben, das auch gesetzlich verankert ist.
Im Landkreis Karlsruhe ist die Zahl an registrierten Fällen von Kindeswohlgefährdungen gestiegen. Foto: Markus Scholz picture alliance/dpa/dpa-tmn

Bei den Bildern stockt einem der Atem. Zu sehen ist ein kleines Bein. Rot. Verbrannt. Es ist das Bein eines Kleinkindes, das absichtlich in heißes Wasser gestoßen wurde. Ein Bild weiter ist der Fuß eines Babys zu sehen. Auf der Fußsohle wurde eine Zigarette ausgedrückt. Die tiefen Verbrennungen sind unübersehbar.

Nein, Betroffenheit allein hilft nicht. „Jeder Einzelne hat Verantwortung. Nicht einfach wegschauen, sondern reagieren“, mahnt Kathrin Yen. Die Ärztliche Direktorin am Heidelberger Institut für Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin sprach bei der Sitzung des Jugendhilfe- und Sozialausschusses (Kreistag) in Stutensee über Kinderschutz, Kindesmisshandlung und die Arbeit der Rechtsmedizin.

„Wir kümmern uns nicht nur um die Toten, sondern auch um lebendige Menschen – darum, was ihnen angetan wurde“, erläuterte die Rechtsmedizinerin. Es gehe um eine frühestmögliche Beweissicherung, um stichhaltige Befunde – eben um zu klären, was sich zugetragen habe.

Einen wichtigen Part übernimmt hierbei die Gewaltambulanz (Heidelberg). Ihr Einzugsgebiet erstreckt sich über Nordbaden bis hin nach Heilbronn. „Wir kommen auch vor Ort“, sagte Yen. Die Akzeptanz des Angebotes mit seinem niederschwelligen Zugang sei gut. „Allerdings sind wir noch nicht überall ausreichend bekannt.“ Und sie sieht deutschlandweit einen erhöhten Bedarf an solchen Gewaltambulanzen.

Registrierte Fälle haben ich seit 2014 vervierfacht

Mögen die Fälle auch nicht immer so extrem sein, wie sie Yen bebildert als Fallbeispiele aufzeigte, hat gleichwohl die Vergangenheit gezeigt, dass die Fallzahlen von Kindeswohlgefährdungen im Landkreis Karlsruhe steigen.

Binnen weniger Jahre, von 2014 bis 2020, habe sich die Zahl von entsprechenden Meldungen vervierfacht, bilanzierte Dominik Weiskopf, Leiter des Jugendamtes im Landratsamt: von 95 Meldungen auf 430.

Von 2019 auf 2020 wurde ein Rückgang um rund 50 Prozent bei den akuten Fällen ausgemacht. Mit ein Grund dafür könnte sein, dass in Zeiten von Corona, von immer wieder geschlossenen Kindergärten und Schulen, die Meldungen ausblieben. Oft fallen Auffälligkeiten den Mitarbeitern in diesen Einrichtungen auf. Von dort aus erfolgt dann häufig der Kontakt zur Polizei oder den zuständigen Behörden. Wie sich Corona letztlich auswirke, ließe sich derzeit noch nicht gänzlich absehen, sagte Weiskopf.

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Was indes jetzt schon sicher ist, sind deutliche Anstiege bei der Anzahl „latenter Fälle“; also Fälle, bei denen es nicht sofort ersichtlich ist, dass etwas gewaltig aus dem Ruder zu laufen droht. Überdies musste das Jugendamt eine Zunahme sexueller Gewalt an Kindern feststellen. Davon betroffen sind auch vermehrt Jungen. Vor diesem Hintergrund bietet der Verein Wildwasser Karlsruhe künftig Hilfe, Begleitung und Unterstützung „für männliche von sexualisierter Gewalt Betroffene im Landkreis“ an.

Auf die wichtige wie notwendige Zusammenarbeit mit beiden Einrichtungen wies Uli Roß (CDU/Junge Liste) hin. Ähnlich sah es Dagmar Elsenbusch (SPD), mit dem Hinweis auf die „erschreckend steigenden Fallzahlen“. Noch mehr Aufklärungsarbeit forderte Birgit Freidel (Freie Wähler). Keiner wisse, was nach Corona mit Blick auf die Fallzahlen auf den Landkreis zukomme, befand Ingeborg Brake-Zinecker. Umso notwendiger seien die entsprechenden Ressourcen. Auch Gabriele von Massow (AfD) zeigte sich ob der Fallzahlen bekümmert

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