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Aktionsplan-Fortschreibung

In Pfinztal wird es immer lauter: Ab wann ist Lärm gesundheitsschädlich?

Lärm kann krank machen. Und er kann, vor allem wenn er permanent auftritt, saumäßig nervig sein. In Pfinztal, insbesondere entlang der Hauptverkehrsachsen, können die Einwohner davon das sprichwörtliche Lied singen – sofern sie dabei überhaupt gehört werden.

Längst nerviger Verkehrsalltag in Söllingen: Die stark befahrene Hauptstraße und der damit verbundene Lärm lassen die Anwohner leiden. Die Lärmkartierung zeigt auf, wo es besonders laut und damit gesundheitsschädlich zugehen kann.
Längst nerviger Verkehrsalltag in Söllingen: Die stark befahrene Hauptstraße und der damit verbundene Lärm lassen die Anwohner leiden. Die Lärmkartierung zeigt auf, wo es besonders laut und damit gesundheitsschädlich zugehen kann. Foto: Müller

Von Klaus Müller

Dass es an der B10, der B293 oder genauso an der L563 laut – immer lauter – zugeht, haben die Betroffenen nun schwarz auf weiß. Mal wieder, müsste man sagen. Die Fortschreibung der Lärmaktionsplanung hat das ergeben.

Ein wichtiges Instrument der Planung ist die Lärmkartierung – also festzustellen, wo es besonders laut und damit gesundheitsschädlich zugehen kann. Die Zahlen beruhen zumeist auf Modellberechnungen. Dass Pfinztal ein massives Verkehrsproblem hat, und zwar quantitativ wie qualitativ, sollte hinlänglich bekannt sein und dürfte von niemand ernsthaft bestritten werden.

Die Probleme beginnen am Ortseingang Berghausen und enden am Ortsausgang Berghausen beziehungsweise Kleinsteinbach. Tagtäglich befahren die B10/B293 in Berghausen rund 27.000 Kraftfahrzeuge; die B10 in Söllingen bis zu 14.000 Kraftfahrzeuge, die B10 und L563 in Kleinsteinbach gut 15.000 Kraftfahrzeuge.

Zusätzliche Kontrollen gefordert

Die Fortschreibung und die damit verbundenen Ergebnisse der Lärmaktionsplanung ergab die folgenden Lärmschwerpunkte (Hot Spots):

  • Berghausen: B10 zwischen Weiherer Straße und Karlsruher Straße 194, B293 zwischen Karlsruher Straße und Jöhlinger Straße 78A, Jöhlinger Straße und Wöschbacher Straße 64.
  • Söllingen: B10 zwischen Hauptstraße 1 und Kleinsteinbacher Straße 16.
  • Kleinsteinbach: L563 zwischen Schauinslandstraße und Pforzheimer Straße, B10 zwischen Bockstalstraße und Pforzheimer Straße, Höhe Buchenwaldstraße 3 – 5.

Die weitere Berechnung bezieht sodann die betroffenen Gebäude ein – unter den Gesichtspunkten Lärmbelastung tags über 65 dB(A) (Dezibel) oder Lärmbelastung nachts über 55 dB(A). Demnach sind von zu hohen Werten betroffen:

  • Berghausen: tags 237 Gebäude, nachts 263 Gebäude.
  • Söllingen: tags 146 Gebäude, nachts 144 Gebäude.
  • Kleinsteinbach: tags 132 Gebäude, nachts 127 Gebäude.
  • Fazit: Insgesamt gesehen sind laut der Lärmkartierung tagsüber 2.172 Einwohner von db(A)-Werten zwischen 55 und mehr als 75 betroffen, nachts sind es 1.618 Einwohner.
  • Lkw: Nicht zuletzt durch den stetig zunehmenden Lkw-Anteil habe trotz Lkw-Tonnenbegrenzung und entsprechender Durchfahrtsverbote die Lärmbelastung zugenommen, heißt es sinngemäß in dem Bericht.
  • Bahn: Auch die „Schienenverkehrsgeräusche auf der Bahnstrecke Karlsruhe-Pforzheim mit zahlreichen Güterverkehren“ tragen mehr und mehr ihren Teil zur Lärmbelastung bei. Noch heftiger wird es in den kommenden Monaten, wenn ab April die Strecke als Umleitung für die bis Oktober gesperrte Schnellfahrstrecke Mannheim-Stuttgart genutzt wird.
  • Lärmschutz (real): Einiges wurde bereits umgesetzt, zum Beispiel „umfangreiche Tempo-30-Ausweisungen“. Andere Vorschläge, die sich in dem Bericht finden, mögen sicherlich zielführend sein, allein die Gemeinde hat darauf so gut wie keinen Einfluss.

Was ist mit lärmmindernden Fahrbahndeckschichten?

Bei den besonders lauten Straßen handelt es sich um Bundes- und Landesstraßen. Keinen Gedanken haben bisher die übergeordneten Behörden (vor allem das Regierungspräsidium) an lärmmindernde Fahrbahndeckschichten verschwendet. Diese würden in der Tat eine Menge an Lärmreduzierung bringen; ebenso wie Lärmschutzwände.

Oder wie wäre es mit leiseren Autos? Auch das lässt sich in dem Papier nachlesen, genauso wie der Ausbau des ÖPNV, weitere Geschwindigkeitsbeschränkungen, der Bau von Umgehungsstraßen, Lärmschutzdämmung an Gebäuden oder durchsetzbare Durchfahrtverbote (für Lkw).

Entsprechend lauten Forderungen aus dem Gemeinderat: Für mehr Lkw-Kontrollen sprach sich Frank Hörter (CDU) aus. Dagmar Elsenbusch (SPD) hofft auf Fahrbahnsanierungen, verbunden mit der Forderung, da müsse die Gemeinde unbedingt dranbleiben, auch wenn Andere darüber entscheiden würden.

Hintergrund: Lärm und Schall

Lärmbelastungen oberhalb von 65 dB(A) (Dezibel) am Tag und von 55 dB(A) in der Nacht liegen im gesundheitskritischen Bereich. Das baden-württembergische Ministerium Verkehr und Infrastruktur regt an, für Bereiche, in denen diese Werte überschritten werden, einen Lärmaktionsplan aufzustellen. Lärmaktionspläne wiederum müssen „geeignete Maßnahmen zur Lärmminderung aufweisen“. Unterschieden wird dabei zwischen kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen.

Schallpegel können nicht einfach addiert werden. Der Mensch empfindet die Zunahme oder Abnahme eines Geräuschs um 10 dB(A) in etwa als Verdoppelung beziehungsweise Halbierung des Lautstärkeeindrucks. Nimmt beispielsweise ein Geräusch von 50 auf 80 dB(A) zu, verdreifacht sich der Lautstärkeeindruck. (Quelle: Modus Consult)



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