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Fahrt mit "Florian Stutensee"

Zugeparkte Straßen Problem für Feuerwehr: "Zustände manchmal dramatisch"

Falschparker sind für Feuerwehr und Rettungsdienste ein ernsthaftes Problem. Durch sie werden Straßen zum Nadelöhr, für die großen Feuerwehrfahrzeuge gibt es oft kein Durchkommen. BNN-Redakteur Manfred Spitz war bei einer simulierten Einsatzfahrt mit der Drehleiter Stutensee dabei.

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Slalomfahrt: Die Eggensteiner Straße in Blankenloch ist einer der neuralgischen Punkte beim Durchkommen für die Stutenseer Feuerwehr. Oft wird es dort für die Drehleiter eng. Foto: Manfred Spitz

Alarm für „Florian Stutensee“: Jetzt muss es schnell gehen, die Männer und Frauen der Feuerwehr werden dringend gebraucht. Feuer löschen. Leben retten. Jede Sekunde zählt. Doch was Otto-Normal-Autofahrer nervt, ist für Feuerwehr und Rettungsdienste auf ihrer Anfahrt zum Einsatz oft ein ernsthaftes Problem: Falsch abgestellte Fahrzeuge machen Straßen zum Nadelöhr, zugeparkte Ecken lassen Drehleiter und Co. kaum um die Kurve kommen.

Von 17 Uhr bis morgens um 8 Uhr kritisch

„Die Zustände sind manchmal wirklich dramatisch“, bringt es Stutensees Feuerwehrkommandant Klaus Dieter Süß gleich auf den Punkt. „Hauptsächlich in den Abend- und Nachtstunden, ab 17 Uhr bis morgens sieben, acht Uhr“, fügt er hinzu. Egal in welchem der vier Stadtteile, die neuralgische Punkte sind die alten Ortskerne – und die Neubaugebiete. „Immer höher, immer enger, wie die neuen Quartiere oft angelegt sind, das ist problematisch“, so Süß. „Außerdem gibt es ja kaum noch einen Haushalt, der nur ein Auto hat.“ Das heißt: Die engen Straßen in den Neubaugebieten, aber auch in den „Altbezirken“, wie er sagt, werden besonders abends und am Wochenende dicht zugeparkt.

Simulierte Einsatzfahrt mit Drehleiter der Feuerwehr Stutensee

„Jetzt dürften wir verhältnismäßig gut durchkommen“, vermutet Stutensees Feuerwehrchef, als sich an diesem nasskalten Morgen gegen halb zehn das Rolltor am Feuerwehrhaus in Blankenloch hebt. Maschinist Gregor Peters startet „Florian Stutensee 1/33“ , so der Rufname für die Drehleiter aus Stutensee , und nimmt den BNN-Redakteur zu einer simulierten Einsatzfahrt mit. Kaum unterwegs, steht in der Blankenlocher Gymnasiumstraße schon ein Auto im Weg. „Der wartet wahrscheinlich auf jemanden. Hier in der Nähe ist die Post“, vermutet Peters. Eine ganze Weile tut sich nichts, dann hat der Mann hinter dem Lenkrad wohl das Feuerwehrfahrzeug bemerkt – und fährt weg.

Anwohner vom Ordnungsamt angeschrieben

Eng ist es oft in der Linkenheimer Straße in Blankenloch. „Hier haben wir schon die Anwohner angeschrieben, dass sie doch auch die Hofeinfahrten zum Abstellen ihrer Fahrzeuge nutzen sollen“, verdeutlicht Christopher Lang, Sachgebietsleiter Öffentliche Ordnung im Rathaus Stutensee. Und wie war die Resonanz? „Anfangs wurde unser Hinweis zu Herzen genommen. Mit der Zeit hat sich’s dann aber wieder abgeschliffen.“

Stadtgebiet wird zweimal jährlich abgefahren

Zweimal jährlich werde mit der Feuerwehr das Stadtgebiet abgefahren, erklärt Lang. „Zur Kontrolle, ob sie überall durchkommt.“ So ist in der Eggensteiner Straße das Parken in gekennzeichneten Flächen vorgegeben. „Wenn es ganz eng wird, werden solche Maßnahmen ergriffen“, sagt er.

Schulung für Maschinisten

An diesem Vormittag kommt „Stutensee 1/33“ gut voran, nur an einer Stelle muss Gregor Peters zwischen parkenden Pkw und einem Montagelaster durchmanövrieren. „Kein Problem“, meint Peters, „heute ist das ideal.“ Um zu sehen, wie man mit Engstellen umgeht, würden die Maschinisten, also die Chauffeure der Einsatzfahrzeuge, regelmäßig sogenannte Bewegungsfahrten absolvieren, betont Klaus Dieter Süß.

In der engen Büchiger Breisgaustraße dann doch noch „ein typischer Fall“: Ein abgestellter Handwerkerkleintransporter bremst die Drehleiter aus. Da geht’s für „Stutensee 1/33“ zunächst nicht weiter. Wo er denn sonst parken könne, fragt der Monteur verdutzt, als ihn Markus Wagner vom Gemeindevollzugsdienst der Stadt Stutensee darauf hinweist, dass das an dieser Stelle jedenfalls verboten ist – und auf einen freien Parkplatz nur ein paar Meter entfernt zeigt.

Verstärkt Abendkontrollen in Stutensee

„Wir haben in den letzten Jahren auf die Problematik mit dem ruhenden Verkehr reagiert“, sagt Wagners Kollege im Gemeindevollzugsdienst, Jörg Hoffmann. Deshalb habe man verstärkt abends kontrolliert. Besonderes Augenmerk galt dabei Kurven- und Gehwegparkern. „Wo wir’s für nötig hielten, wurden Verbotszonen eingerichtet“, erklärt Hoffmann.

"Restfahrbahnbreite" wird oft nicht eingehalten

So wie im Büchiger Buchenring. „Da wird viel in der Kurve geparkt, und es wird eng für unsere großen Feuerwehrfahrzeuge“, betont Klaus Dieter Süß. „Deshalb wurden dort Markierungen angebracht“, fügt Jörg Hoffmann hinzu. „Generell war’s vor vier, fünf Jahren extremer, es hat sich gebessert“, sagt er. „Aber klar, es steht immer wieder Mal ein Autos in einer Kurve, wo es nicht hingehört, oder die Fahrbahnbreite wird nicht eingehalten.“

Die Fahr­zeu­ge der Feu­er­wehr sind meist grö­ßer als an­de­re Fahr­zeu­ge. Die Grö­ße und der Auf­bau der Feu­er­wehr­fahr­zeu­ge ha­ben Aus­wir­kun­gen auf die Wen­dig­keit ei­nes sol­chen Fahr­zeugs im Stra­ßen­ver­kehr. Des­halb ist die Feu­er­wehr auf die Rück­sicht an­de­rer Ver­kehrs­teil­neh­mer an­ge­wie­sen. Deshalb bittet der Feuerwehrverband Baden-Württemberg:

-Ge­kenn­zeich­ne­te Frei­flä­chen und Fahr­we­ge für die Ein­satz­fahr­zeu­ge im­mer frei halten.

-Nicht an Kreu­zun­gen und Ein­mün­dun­gen parken.

-Das Au­to muss so ge­parkt wer­den, dass je­der­zeit Ein­satz­fahr­zeu­ge der Feu­er­wehr freie Durch­fahrt ha­ben.

-Kei­ne mit dem Zu­satz­schild „Feu­er­wehr­zu­fahrt“ ge­kenn­zeich­ne­ten Zu­fahrts­we­ge und Stell­flä­chen blockieren. Ent­spre­chend ge­kenn­zeich­ne­te Ret­tungs­we­ge müs­sen im­mer frei­ge­hal­ten wer­den.

-Hy­dran­ten auf den Stra­ßen und Geh­we­gen frei halten. Un­ter­flur­hy­dran­ten er­kennt man an den ova­len Schacht­de­ckeln mit der Auf­schrift „Hy­drant“. Parkt ein Au­to auf die­sen, kann die Feu­er­wehr kein Lösch­was­ser ent­neh­men und muss den nächs­ten Hy­dran­ten su­chen – das kos­tet viel Zeit.

60 Euro und ein Punkt

Wenn dadurch Rettungs- oder Einsatzfahrzeuge behindert werden, wird’s teuer: „War bei der Restfahrbahnbreite kein Durchkommen gewährleistet, ist ein Bußgeld von 60 Euro fällig. Und es gibt einen Punkt in Flensburg“, verdeutlicht Markus Wagner. Wenn auf der einen Straßenseite ein Auto steht, darf auf der gegenüberliegenden Seite nur dann geparkt werden, wenn die verbleibende Fahrgasse mindestens 3,05 Meter beträgt. Als Fahrer wäre man in der Pflicht, dies zu prüfen. „Nur macht das keiner“, sagt Jörg Hoffmann.

Feuerwehr Stutensee: 2018 wurden 183 Einsätze gefahren

Insgesamt 183 Einsätze ist die Gesamtwehr der Stadt Stutensee im Jahr 2018 gefahren. "Das war leicht überdurchschnittlich, aber es gab viele Flächenbrände", erklärt Kommandant Klaus Dieter Süß. 131 Mal wurde allein die Abteilung Blankenloch gerufen. Da ist die Drehleiter stationiert und die wird auch zur Überlandhilfe zum Beispiel nach Weingarten gerufen.

"Manpower" oder Umwege fahren

Was aber kann die Feuerwehr tun, wenn es für die großen Löschfahrzeuge oder die Drehleiter kein Durchkommen gibt? „Dann hilft nur Manpower“, sagt Stutensees Kommandant Klaus Dieter Süß. Um das störende Fahrzeug zur Seite zu tragen oder schieben. „Wenn’s gar nicht anders geht“, so Süß, „müssen wir Umwege fahren.“ Kaum auszudenken, welche Konsequenzen eine solche Situation für Menschen in lebensbedrohlichen Lagen haben könnte.

Kommentar: Dass Rettungskräfte bei ihrer Arbeit behindert werden, ist für sie fast schon normal. Dass auf Autobahnen keine Rettungsgasse gebildet wird, trauriger Alltag. Und dass ein Autofahrer mutwillig einen Krankenwagen mit einem Kind an Bord behindert, wie kürzlich bei Freiburg geschehen, einfach unglaublich. Dabei braucht es keine Fahrschulausbildung, nein, es sollte der gesunde Menschenverstand genügen, um zu wissen: Es ist Platz zu schaffen und den Einsatzkräften nicht im Weg zu stehen.

Was Feuerwehr und Rettungsdienst in Städten und auf dem Land gleichermaßen große Probleme bereitet, sind zugeparkte Anfahrtswege. Nicht nur in Stutensee, vermutlich überall in der Region können die Einsatzkräfte ein Lied davon singen, wie beispielsweise auch Einsatzbilder auf der Facebook-Seite der Weingartener Feuerwehr zeigen. Immer weniger Platz für immer mehr Autos. Gedankenlosigkeit. Bequemlichkeit. Purer Egoismus? Wohl von allem etwas mag eine Rolle spielen. Viel zu oft wird es immer noch als Bagatelle angesehen, wenn geparkt wird, wo parken nicht erlaubt ist – und dadurch Rettungskräfte im Ernstfall massiv behindert werden.

Falschparker sind lästig. Für andere Verkehrsteilnehmer. Für die Müllabfuhr. Für Radfahrer. Und für Fußgänger. Vor allem aber riskieren sie damit schlichtweg Menschenleben. Das müsste jedem Falschparker klar sein. Die Größe und der Aufbau der Feuerwehrfahrzeuge wirkt sich auf ihre Wendigkeit aus. Deshalb ist die Feuerwehr besonders auf Rücksicht angewiesen. Jedem sollte klar sein, es könnte auch mich und meine Familie treffen. Also: Platz für Retter. Wie schnell kann man selbst in Not geraten.

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